nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Ulm (Entscheidung vom 28.01.2003; Aktenzeichen S 2 SB 2607/02 AR-RH)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des So-zialgerichts Ulm vom 28.01.2003 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Zu entscheiden ist, ob das Sozialgericht Ulm (SG) verpflichtet ist, dem Amtshilfeersuchen des Antragstellers (Ast) auf Vernehmung des Internisten Dr. M. stattzugeben.

In dem bei dem Versorgungsamt Ulm (VA) anhängigen Verfahren von W. B. zur Fest-stellung des Grades der Behinderung nach § 69 des Neunten Buches des Sozialge-setzbuchs (SGB IX) forderte das VA mit Schreiben vom 06.03.2002 den behandelnden Internisten Dr. M. auf, einen Befundschein über Art und Ausmaß der Funktionsausfälle in Folge einer bestimmten Erkrankung zu erstellen. Nach den Angaben des Ast wurde dieser am 11.04. und 28.05.2002 schriftlich erinnert und mit Schreiben vom 09.08.2002 auf die rechtlichen Bestimmungen der §§ 21, 22 des Zehnten Buches des Sozialge-setzbuchs (SGB X) unter Fristsetzung hingewiesen. Dr. M. reagierte hierauf nicht.

Am 22.10.2002 beantragte die Leiterin des VA beim SG die Vernehmung von Dr. M. unter Hinweis auf die §§ 21, 22 und 100 SGB X. Auf die Rückfrage des SG vom 05.11.2002, ob der Ast alle ihm zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe, insbesondere den zu vernehmenden Arzt zu einer persönlichen Vernehmung geladen habe, erwiderte das VA unter dem 15.11.2002, einer vorherigen Vorladung zur persönlichen Vernehmung beim Antragsteller habe es nicht bedurft. Das Verwaltungsverfahren nach dem SGB X erfordere nicht, daß dem Arzt die "Gelegenheit" eingeräumt werden müsse, seine Aussage als sachverständiger Zeuge bei einer per-sönlichen Vorsprache zu Protokoll zu geben. Im nichtförmlichen Verwaltungsverfahren habe er ein weitgehendes Ermessen, mit welchen Mitteln er den entscheidungserhebli-chen Sachverhalt aufkläre. Unter mehreren Möglichkeiten könne er nach pflichtgemä-ßem Ermessen, auch unter Beachtung von haushaltsrechtlichen Gesichtpunkten, ent-scheiden. Aus den Bestimmungen der §§ 21 und 22 SGB X lasse sich nicht ableiten, daß ein Rechtshilfeersuchen erst dann zulässig sein solle, wenn "alle nach § 21 SGB X möglichen Erkenntnismittel erfolglos abgearbeitet" worden seien. Wäre dies der Fall, dann hätte er gerade keine Wahlmöglichkeit mehr hinsichtlich der zur Verfügung ste-henden Beweismittel. Im übrigen habe Dr. M. bereits in der Vergangenheit Befund-scheinanforderungen des VA "in gehäufter Form ignoriert" bzw. die Berichte erst kurz vor dem gerichtlich festgesetzten Termin zur Beweiserhebung gefertigt. Infolgedessen habe das VA bereits 1998 bei der Bezirksärztekammer Süd-Württemberg in Reutlingen die Durchführung eines berufsrechtlichen Ermittlungsverfahrens beantragt, das zu der Verhängung einer Geldbuße geführt habe.

Mit Beschluss vom 28.01.2003 - dem Antragsteller am 29.01.2003 zugestellt - wies das SG das Vernehmungsersuchen zurück. In den Gründen, auf die im übrigen Bezug ge-nommen wird, führte es aus, aus § 21 Abs. 1 Satz 2 SGB X, wonach es im pflichtgemä-ßem Ermessen der Behörde stehe, ob sie einen Zeugen vernehme oder nur eine schriftliche Äußerung einhole, folge zwingend, daß vor Einreichung eines Verneh-mungsersuchens der zu vernehmende Arzt zu einer persönlichen Vernehmung einzu-bestellen sei, falls dieser der Aufforderung, eine schriftliche Äußerung abzugeben, nicht Folge geleistet habe. Das Tatbestandsmerkmal "Verweigerung der Aussage" in § 22 Abs. 1 SGB X beinhalte nach seinem Wortsinn und nach dem Regelungsgehalt der Vorschrift nur die Verweigerung von persönlich zu machenden Angaben vor dem Leis-tungsträger. Schließlich ließen die Ausführungen des Ast im Schriftsatz vom 15.11.2002, wonach er bei der Wahl zwischen verschiedenen Ermittlungsmöglichkeiten auch unter Beachtung von haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten entscheide, nur den Schluss zu, daß er die von ihm nach § 21 SGB X geforderten Aufklärungsanstrengun-gen auch aus Kostengründen auf das ersuchte Gericht abzuwälzen versuche.

Der Ast hat am 04.02.2003 beim SG Beschwerde erhoben und zur Begründung auf die Ausführungen im Schreiben vom 15.11.2002 sowie in dem Schreiben der Leiterin des VA vom 30.01.2003 an das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg Bezug ge-nommen. Die Verwaltung sehe bei der gegebenen Sachlage die gesetzlichen Voraus-setzungen eines Rechtshilfeersuchens an das SG als erfüllt an. Eine dem Gesetzes-zweck widersprechende Verlagerung der Aufgaben zur Ermittlung des Sachverhalts auf das Sozialgericht sei nicht gegeben. Dem Wortlaut des § 21 Abs. 1 SGB X könne keine Verpflichtung der Behörde entnommen werden, dem Zeugen Gelegenheit zu bieten, eine verweigerte schriftliche Aussage mündlich vor dem Versorgungsamt abzugeben. Ebenso wenig könne dieser Bestimmung entnommen werden, daß die Verwaltung bei Verweigerung der Zeugenaussage verpflichtet sei, den Zeugen vor Anrufung der Sozi-algerichtsbarkeit vorzuladen. Haushaltsrechtliche Erwägungen spielten in diesem Zu-sammenhang keine erw...

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