Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung. Vertragsarztrecht. Schiedsspruch in Verfahren über die Festsetzung von Verträgen zur Hausarztzentrierten Versorgung. Schiedsspruch einer Schiedsperson als Verwaltungsakt. Beurteilungsspeilraum der Schiedsperson. Vollversorgungskonzept statt Add-on-Vertrag. Chronikerpauschale. Fallwertobergrenze. einstweiliger Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Schiedsämtern gemäß § 89 SGB 5 ist auch auf die Entscheidungen der Schiedspersonen gemäß § 73b Abs 4b SGB 5 entsprechend zu übertragen.

2. Der Schiedsspruch einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB 5 stellt einen Verwaltungsakt dar.

3. Ist der Verwaltungsakt von einer mit entsprechenden öffentlich-rechtlichen Befugnissen ausgestatteten Schiedsperson erlassen worden, ist diese Beklagte bzw. Antragsgegner. Sie ist in entsprechender Anwendung von § 70 Nr. 4 SGG beteiligtenfähig und prozessfähig.

4. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren muss einer der Vertragspartner sein Ziel, die sofortige Anwendung des Schiedsspruch zu verhindern, nicht mit einem Erlass einer einstweiligen Anordnung verfolgen; vielmehr kann er sich auf einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs 1 Nr 2 SGG beschränken, vgl. LSG BB, Beschluss vom 15.07.2009 - L 7 B 74/08 KA ER.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.03.2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens sowie die Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen.

 

Gründe

A.

Die Antragstellerinnen wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung der von ihnen beantragten Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Schiedsspruch des Antragsgegners in den Verfahren über die Festsetzung von Verträgen zur Hausarztzentrierten Versorgung (i. F. HzV-V) gemäß § 73 b Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vom 10.04.2010.

Die Antragstellerinnen sind Krankenkassen, die seit April 2009 mit den beigeladenen Gemeinschaften von Vertragsärzten in Verhandlungen über den Abschluss von Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73 b Abs. 4 SGB V standen. Nachdem eine Einigung nicht zustande gekommen war, beantragten die Beigeladenen im Mai 2009 beim Bundesversicherungsamt die Bestimmung einer Schiedsperson. Das Bundesversicherungsamt bestimmte daraufhin den Antragsgegner zur Schiedsperson. Zur Begründung wird in dem Bescheid ausgeführt, die Voraussetzungen für die Bestimmung einer Schiedsperson seien erfüllt. Die Beigeladenen bildeten eine Gemeinschaft i. S. d. § 73 b Abs. 4 Satz 1 SGB V, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg vertrete. Gegen diesen Bescheid haben die Antragstellerinnen Klage erhoben, die derzeit ruht (Az.: S 10 KA 1198/10).

Aufgrund mündlicher Verhandlungen vom 02.03.2010 und 23.03.2010 setzte der Antragsgegner am 10. April 2010 den Vertragsinhalt zwischen den Antragstellerinnen und den Beigeladenen gemäß den der Entscheidung anliegenden Vertragsmustern (Vertrag, Anlage 1, Anlage 2, Anlage 3 mit Anhängen 1, 2 und 5, Anlage 4, Anlage 5, Anlage 6, Anlage 7, Anlage 8, Anlage 9, Merkblatt zum Hausarztprogramm) fest. Der Vertrag zur Hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73 b Abs. 4 Satz 1 SGB V enthält 23 Paragraphen (§ 1 Allgemeines, § 2 Vertragsgegenstand, § 3 Teilnahmevoraussetzungen und besondere Qualifikations- und Qualitätsanforderungen für die HzV, § 4 Teilnahme des HAUSARZTES an der HzV, § 5 Teilnahme des HAUSARZTES an der HzV und Beendigung der Teilnahme, § 6 Teilnahme der Versicherten an der HzV, § 7 Organisation der Teilnahme der Hausärzte an der HzV, § 8 Software (Vertragssoftware), § 9 Verwaltungsaufgaben der Krankenkasse zur Durchführung der HzV, § 10 Anspruch des HAUSARZTES auf die HzV-Vergütung, § 11 Abrechnungsverfahren, § 12 Abrechnungsnachweis, Überzahlungen, § 13 Praxisgebühr, § 14 Verwaltungskostenpauschale, § 15 Beirat, § 16 Inkrafttreten, Vertragslaufzeit, Kündigung, § 17 Verfahren zur Vertragsänderung, § 18 Schiedsklausel, § 19 Haftung und Freistellung, § 20 Datenschutz, § 21 Qualitätssicherung und Prüfwesen, § 22 Schlussbestimmungen, § 23 Anlagenverzeichnis sowie die folgenden 9 Anlagen zum Teil mit Anhängen Anlage 1 Vertragssoftware, Anlage 2 Qualitäts- und Qualifikationsanforderungen, Anlage 2 a Wirtschaftliches Hilfsmittelmanagement (in gemeinsamer Absprache noch zu erstellen), Anlage 3 HzV-Vergütung und Abrechnung, Anlage 4 Prozessbeschreibung, Anlage 5 Infopaket und Starterpaket, Anlage 6 Teilnahmeerklärung Versicherter und Teilnahmebedingungen Versicherte, Anlage 7 Schiedsverfahren, Anlage 8 Datenschutzvertrag, Anlage 9 Prüfwesen im Sinne von § 73 b Abs. 5 Satz 5 SGB V).

Die Verträge traten - mit Ausnahme der Regelungen zur Vergütung und Abrechnung in Anlage 3, die erst am 01.10.2010 Wirksamkeit erlangten - am 15.04.2010 in Kraft...

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