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Herausgeber: GKV-Spitzenverband. An der Erstellung des Leitfadens waren beteiligt: AOK-Bundesverband, Berlin, BKK Dachverband, Berlin, IKK e. V., Berlin, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), Kassel, Knappschaft, Bochum, Verband der Ersatzkassen e. V., Berlin

1. Einleitung

Pflegebedürftige Menschen sind aufgrund körperlicher, kognitiver oder psychischer Beeinträchtigungen und Erkrankungen auf Hilfe bei Aktivitäten im Alltag, bei der Gestaltung von Lebensbereichen und bei sozialer Teilhabe angewiesen. Beeinträchtigte, multimorbide und pflegebedürftige Menschen verfügen dennoch über Gesundheitspotenziale, die gefördert werden können. In wissenschaftlichen Studien hat sich längst die Erkenntnis durchgesetzt, dass auch bei hohen Pflegegraden oder hohem Lebensalter Präventionsbedarfe und –potenziale bestehen. Zielgerichtete Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention, die der Verbesserung der Lebensqualität und der sozialen Teilhabe pflegebedürftiger Menschen dienen, können dazu beitragen, trotz gesundheitlicher Einschränkungen ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen.[1] Mit dem Präventionsgesetz 2015 wurde dieser Ansatz aufgegriffen und die Pflegekassen wurden damit beauftragt, Leistungen zur Prävention in voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen nach § 71 Abs. 2 SGB XI für in der sozialen Pflegeversicherung Versicherte zu erbringen.

In Deutschland betrifft dies (Stand 15.12.2021) rund 793.000 pflegebedürftige Menschen[2], die in rund 16.100 vollstationären Pflegeeinrichtungen von rund 814.000 Beschäftigten[3] betreut und versorgt werden. Dabei handelt es sich vor allem um hochaltrige Menschen: Mehr als 70 % der pflegebedürftigen Menschen in vollstationären Pflegeeinrichtungen sind 80 Jahre und älter.[4] Hochaltrigkeit ist mit einem höheren Risiko von Pflegebedürftigkeit verbunden. Während von den 70- bis unter 75-Jährigen nur 9,3 % pflegebedürftig sind, beträgt der Anteil pflegebedürftiger Personen bei den über 90-Jährigen bereits rund 82 %, von denen etwa 30 % vollstationär versorgt werden.[5] Insgesamt wird rund ein Sechstel der pflegebedürftigen Menschen in Pflegeheimen betreut.[6] Auch wenn in den letzten Jahren die ambulante Versorgung pflegebedürftiger Menschen gegenüber dem stationären Bereich deutlich stärker zugenommen hat[7], bleibt die vollstationäre Versorgung gerade auch für Menschen mit einem hohen pflegerischen Versorgungsbedarf ein sehr wichtiges Versorgungsangebot. Bei der Zahl der teilstationär – also in Tagespflegeeinrichtungen – versorgten Pflegebedürftigen konnte von 2017 bis 2019 ein Anstieg von 34,4 % (35.600 Pflegebedürftigen) festgestellt werden, auch wenn die Anzahl der hier betreuten pflegebedürftigen Menschen im darauffolgenden Zeitraum bis 2021 auf einem höheren Niveau leicht zurückging.[8] Da die präventiven Leistungen der Pflegekassen auch für pflegebedürftige Menschen mit teilstationärer Versorgung vorgesehen sind, besteht hier ein großes Potenzial zum Ausbau präventiver Angebote.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung von Gesundheitsförderung und Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen ist, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen für Pflegende und Pflegebedürftige nachhaltig gestaltet werden. Damit ist gemeint, dass implementierte Angebote auch über die zeitlich begrenzte Unterstützung durch Pflegekassen hinaus dazu beitragen können, die Pflegeeinrichtung auf ihrem Weg zu einer gesundheitsfördernden Einrichtung zu stärken. Prävention in der stationären Pflege muss deshalb konsequent dem Ansatz der Gesundheitsförderung in Lebenswelten (Settings) folgen.[9] [10] Nur wenn sich Pflegeeinrichtungen als gesundheitsfördernde Institutionen verstehen und sich in die Weiterentwicklung entsprechender Organisationsstrukturen einbringen, können nachhaltige Angebote für Pflegebedürftige und Pflegepersonal entstehen und beibehalten werden.

Hierbei ist von einer positiven wechselseitigen Beeinflussung zwischen der Gesundheit der pflegebedürftigen Menschen und der Gesundheit der Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen auszugehen. Es ist daher sinnvoll, Maßnahmen der Prävention für Pflegebedürftige in der stationären Pflege nach § 5 SGB XI mit Maßnahmen betrieblicher Gesundheitsförderung nach § 20b SGB V zu verbinden, um eine nachhaltige Wirkung zu erreichen.

Damit den Bedarfen an Gesundheitsförderung und Prävention der pflegebedürftigen Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen entsprochen werden kann, ist es zielführend, diese an der Ermittlung von Gesundheitsrisiken und -potenzialen, an der Entwicklung von Lösungsstrategien und der Evaluation der geplanten organisatorischen Veränderungen zu beteiligen (Partizipation).[11] In stationären Pflegeeinrichtungen bietet sich an, zusätzlich zu den Pflegebedürftigen ggf. auch Heim- bzw. Bewohnerbeiräte, Angehörige sowie gesetzliche Betreuerinnen und Betreuer einzubeziehen.[12]

Der vorliegende Leitfaden legt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 SGB XI die Handlungsfelder und Kriterien für die Leistungen d...

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