0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit Wirkung zum 1.1.1981 durch das SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) in das SGB I eingefügt worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift enthält eine Aufwendungsersatzregelung für Auslagen aus Anlass eines persönlichen Erscheinens beim zuständigen Leistungsträger, der zutreffenden Behörde mit Wahrnehmungsbefugnis (z. B. aufgrund gesetzlichen Auftrags) oder einer Untersuchungsmaßnahme (§§ 61, 62). Das betrifft alle Sozialleistungsbereiche, soweit nicht das jeweilige Leistungsgesetz eine andere Regelung enthält, die eine Anwendung des § 65a ausschließt. Damit wird das Ziel verfolgt, bis auf Bagatellfälle Antragsteller und Bezieher von Sozialleistungen, die ihre Mitwirkungspflichten erfüllen, durch Ersatz der baren Auslagen von finanziellen Belastungen zu befreien.

Abs. 1 begrenzt den Aufwendungsersatz auf Mitwirkungshandlungen nach den §§ 61 und 62, die einem Verlangen des zuständigen Leistungsträgers nachkommen. Dabei sollen Aufwendungen im Zusammenhang mit Mitwirkungshandlungen nach § 61 nur in Härtefällen ersetzt werden. Damit betont der Gesetzgeber die grundsätzliche Verpflichtung von Antragstellern und Sozialleistungsbeziehern, auf Verlangen des Leistungsträgers ohne Aufwendungsersatz zu mündlichen Erörterungen und anderen leistungsrelevanten Maßnahmen persönlich zu erscheinen, um notwendige Sachverhaltsklärungen durchzuführen. Davon abzugrenzen sind Vorsprachen aufgrund von Einladungen, die in speziellen Rechtsvorschriften vorgesehen sind und deren Nichtbefolgung gesonderte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (z. B. Einladungen nach § 59 SGB II, § 309 SGB III). § 65a ist auch nicht anzuwenden, soweit Mitwirkungspflichten in den Spezialgesetzen des Sozialgesetzbuchs geregelt sind, es sei denn, dort würde auf die Regelung verwiesen. § 65a knüpft nicht an den Bedarf des jeweils Berechtigten an, weil dies im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck gebracht worden ist.

Der Ersatz von Aufwendungen setzt einen Antrag voraus. Notwendige Auslagen und Verdienstausfall können in angemessenem Umfang ersetzt werden.

Abs. 2 bestimmt, dass Aufwendungsersatz im Rahmen des Abs. 1 auch geleistet werden kann, wenn der Leistungsträger zwar kein persönliches Erscheinen oder eine Untersuchungsmaßnahme verlangt hat, aber nachträglich die persönliche Vorsprache oder Untersuchung als notwendig für die Entscheidung über die Bewilligung oder Ablehnung der Leistung anerkennt. Dadurch werden Bürger, die durch eigene Initiative zur Klärung der Leistungsvoraussetzungen beitragen, nicht schlechter gestellt als diejenigen, die das Verlangen des Leistungsträgers abwarten. Ebenso kann sich erst anlässlich der Vorsprache selbst eine Härte i. S. d. Abs. 1 Satz 2 herausstellen.

2 Rechtspraxis

2.1 Regelungszusammenhänge

 

Rz. 3

§ 65a gilt nicht für das Wohngeldrecht (vgl. § 23 Abs. 5 WoGG), im übrigen aber für alle in den §§ 18ff. aufgeführten Sozialleistungsbereiche. Der Grundgedanke der Regelung entstammt dem Versorgungsrecht für Kriegsopfer, das ein vorausgegangenes Opfer für die Allgemeinheit zugrunde legt. In sozialrechtlichem Zusammenhang ist § 191 SGG zu sehen, der Gerichtskostenfreiheit sozialrechtlicher Verfahren regelt.

 

Rz. 4

In der Literatur wird diskutiert, ob für die Sozialhilfe Beschränkungen aufgrund des Bedarfsdeckungsprinzips gelten könnten. Dies ist zu verneinen. Das SGB XII enthält (wie das SGB II) keine der Wohngeldregelung entsprechende Vorschrift. Daher ist, schon weil sich Sozialhilfe- und Grundsicherungsverfahren nicht von anderen Sozialleistungsverfahren grundlegend unterscheiden, § 65a wie bei den anderen Sozialleistungen anzuwenden. Nach dem Recht der Arbeitsförderung (und durch Verweisung auch bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende) können Fahrkosten auch aus dem sog. Vermittlungsbudget getragen werden (vgl. § 44 SGB III, ggf. i. V. m. § 16 SGB II).

2.2 Voraussetzungen des Auslagenersatzes

 

Rz. 5

Ein Auslagenersatz kommt nur in Betracht, wenn eine Mitwirkungshandlung nach § 61 (persönliches Erscheinen) oder § 62 (Erscheinen zu einer Untersuchungsmaßnahme) durchgeführt wurde. Auf die anderen Mitwirkungshandlungen (§ 60, §§ 63, 64) ist die Vorschrift nicht anwendbar. Bei den Mitwirkungspflichten nach § 60 handelt es sich insoweit um Mitwirkungshandlungen, die vom Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Wahrnehmung eines staatlichen Leistungsangebotes angesehen werden. Damit stimmt überein, dass nicht jede Bagatellausgabe ersetzt werden soll, etwa der Wert einer Briefmarke, um ein Dokument zu übersenden. § 60 kann daher auch nicht mittelbar in den Anwendungsbereich des § 65a gelangen. Anders als im sozialen Entschädigungsrecht reagiert der Staat nicht auf ein für die Allgemeinheit erbrachtes Sonderopfer. Hinsichtlich der Heilbehandlungen (§ 63) und Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 64) sehen die Spezialgesetze eigene Kostenerstattungsregelungen vor. Soweit Bürger in diesem Zusammenhang vergleichbare Aufwendungen nicht erstattet bekommen, dürfte insoweit eine Regelungslücke vorliegen, die durch entsprechende Anwendung des § 65a geschlossen werden kann.

 

Rz. 6

Die Mitwirkungshandlung muss ein...

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