0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist zum 1.1.1976 mit dem SGB I v. 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015) in Kraft getreten.

Die Abs. 4 und 5 wurden durch Art. 1 Nr. 4, Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuches über die Übertragung, Verpfändung und Pfändung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, zur Regelung der Verwendung der Versicherungsnummer und zur Änderung anderer Vorschriften (Erstes Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches – 1. SGBÄndG) v. 20.7.1988 (BGBl. I.S. 1046) mit Wirkung zum 1.1.1989 angefügt.

Mit Art. 2 Nr. 4, Art. 32 Abs. 1 des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz) v. 21.3.2005 (BGBl. I S. 818) wurde Abs. 6 mit Wirkung zum 30.3.2005 angefügt.

1 Allgemeines

 

Rz. 1a

Durch die Vorschrift des § 53 (und § 54) werden Ansprüche auf Sozialleistungen in Geld verkehrsfähig gemacht, d. h., der Berechtigte kann außerhalb der Sozialrechtsverhältnisse über sie verfügen und sie zur Erfüllung anderer Verbindlichkeiten und zur Schaffung von Kreditfähigkeit einsetzen, so wie er den an ihn gezahlten Geldbetrag verwenden kann. Zur Begründung der Regelung (BT-Drs. 7/868 S. 32) ist ausgeführt, dass das zuvor geltende Sozialrecht die Übertragung und Verpfändung von Sozialleistungen teils gar nicht, teils nur unter engen, kasuistisch geregelten Voraussetzungen gestattet. Die Vorschriften hierzu, die die Sozialleistungen fast völlig dem Rechtsverkehr entziehen, würden dem Grundsatz, dass auf Sozialleistungen ein Anspruch besteht, nicht gerecht. Sie hätten in der Praxis schon häufig zu Ergebnissen geführt, die von den Beteiligten und auch den Gerichten als unbillig empfunden wurden. Ein völliger Ausschluss von Übertragung und Verpfändung sei bei Dienst- und Sachleistungen gerechtfertigt (Abs. 1), da diese Leistungen auf die persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten zugeschnitten seien und ihren Zweck verfehlten, wenn sie an Dritte erbracht werden. Für Geldleistungen sei eine differenzierte Behandlung geboten, die einerseits den notwendigen sozialen Schutz des Leistungsberechtigten beachtet, andererseits den Rechtsverkehr nicht über Gebühr beschränke (Abs. 2 und 3). Bei allen Geldleistungen sei eine Übertragung und Verpfändung zulässig, wenn sie dem Ausgleich von "Vorschüssen" Dritter auf die Sozialleistung dienten oder sonst im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten lägen (Abs. 2). Zulässig sei nach Abs. 3 darüber hinaus, die Übertragung und Verpfändung laufender Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt seien, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden pfändungsfreien Betrag übersteigen; dabei seien bei Übertragung und Verpfändung zur Erfüllung und Sicherung gesetzlicher Unterhaltsansprüche die in § 850d, im Übrigen die in § 850c ZPO genannten Grenzen maßgebend.

 

Rz. 2

Ausgehend von dieser grundsätzlichen Verkehrsfähigkeit der Sozialleistungen (kritisch dazu Jung, in: Wannagat, SGB I, § 53 Rz. 4, Stand: 2007; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 53 Rz. 2 und SGb 2016 S. 69; wohl auch Bigge, in: Eichenhofer/von Koppenfels-Spies/Wenner, SGB I, 2. Aufl., § 53 Rz. 3), auf die zumeist ein Rechtsanspruch besteht, beinhaltet § 53 Begrenzungen der Abtretung oder Verpfändung (und § 54 die Pfändung). In Abs. 1 bis 3 erfolgt dies zum Schutz des Sozialleistungsberechtigten. Die Abs. 4 und 5 enthalten Regelungen zum Schutz des Sozialleistungsträgers, solange er von der Abtretung keine Kenntnis hat und für sich Zeit benötigt, damit er sich auf die Zahlung an einen Dritten einrichten kann (entsprechend § 407 BGB) oder aber wenn eine Aufrechnung oder Verrechnung mit Forderungen gegen den an sich Leistungsberechtigten in Betracht kommt; dabei ist abweichend von § 406 BGB die Kenntnis der Abtretung oder das Entstehen des Anspruchs oder dessen Fälligkeit ohne Bedeutung.

 

Rz. 3

Soweit der Schutz des Sozialleistungsberechtigten nicht durch den Ausschluss (Abs. 1) oder die Anwendung von Pfändungstabellen (Abs. 3) für den Umfang der Abtretung einigermaßen klar geregelt ist, gerät allerdings der Sozialleistungsträger bei der Frage, an wen und in welchem Umfang er mit befreiender Wirkung leisten muss oder kann, insbesondere bei der Beurteilung des "wohlverstandenen Interesses" nach Abs. 2 Nr. 2 in eine Position, die seinen eigentlichen Aufgaben nicht entspricht und zu einer Bevormundung des Berechtigten über sein wirtschaftliches Verhalten im Zusammenhang mit der Abtretung von Sozialleistungsansprüchen in Geld führt. Betrachtet man dem gegenüber, dass der Sozialleistungsträger keinerlei Einfluss mehr darauf hat oder nehmen kann, wie der Sozialleistungsberechtigte mit dem in Form eines Geldbetrages erfüllten Sozialleistungsanspruchs verfährt und was er damit nach Überweisung auf sein Konto oder die Auszahlung macht, erscheinen auch die Bedenken hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit von Sozialleistungen als (noch nur – vgl. dazu v. Maydell, in: GK-SGB I, 3. Aufl. 1996, § 53 Rz. 11) Ansprüche i. S. von Forderungsrechten aus sozialpolitischen Gründen (Mro...

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