Rz. 29

Eine fehlende persönliche Arbeitslosmeldung kann als konstitutive Anspruchsvoraussetzung nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden (BSG, Urteil v. 19.3.1986, 7 RAr 48/84). Die Arbeitslosmeldung kann als Tatsachenerklärung nicht wie im Leistungsantrag gemäß § 16 schriftlich abgegeben werden (BSG, Urteil v. 19.3.1986, 7 RAr 48/84.

 

Rz. 30

Das verwirklichte Tatbestandsmerkmal der Anwartschaftszeit lässt sich nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches als nicht gegeben fingieren (BSG, Urteil v. 12.7.1989, 7 RAr 62/88).

 

Rz. 30a

Leistungsträger nach dem SGB II sind bereits im Rahmen eines Erstkontakts mit Leistungsberechtigten, die kürzlich aus dem Ausland eingereist sind, verpflichtet, auf das Bestehen eines Anspruchs auf Erstausstattung und auf die hierfür bestehende Notwendigkeit einer Antragstellung hinzuweisen. Die nach Antragstellung und vor einer Entscheidung des Leistungsträgers erfolgte Selbstbeschaffung von Erstausstattungsgegenständen steht dem Anspruch auf Erstausstattung dann nicht entgegen, wenn die Fachanweisungen des zuständigen Leistungsträgers die Gewährung von Geldleistungen als Pauschalen vorsieht (SG Hamburg, Urteil v. 28.11.2022, S 62 AS 4306/19). Der Leistungsträger hatte es im entschiedenen Verfahren demnach pflichtwidrig unterlassen, die Kläger über die Möglichkeit und Erforderlichkeit eines Antrags auf Wohnungserstausstattung hinzuweisen. Seine Beratungs- und Hinweispflicht besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Leistungsberechtigten (unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 18.1.2011, B 4 AS 29/10 R). Hiervon abweichend besteht ausnahmsweise auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Leistungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung in einem Sozialrechtsverhältnis dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter bzw. Leistungsberechtigter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre. Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zutage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen. Zwar konnte nicht festgestellt werden, dass die Kläger anlässlich ihres Erstkontaktes den Leistungsträger um eine konkrete Beratung ersuchten. Allerdings haben die Kläger im entschiedenen Fall Leistungen nach dem SGB II beantragt und mitgeteilt, dass sie kürzlich aus Ägypten nach Deutschland eingereist sind und nunmehr eine neu angemietete Wohnung beziehen wollen.

 

Rz. 31

Eine Verpflichtung zur Beratung besteht nicht, wenn gegenteiliges Interesse als das eigentliche Beratungsziel bereits ausdrücklich bekundet worden ist. Das trifft auch auf zuerst angegangene Leistungsträger i. S. v. § 43 Abs. 1 zu. Bleibt der Erstträger zumindest nach pflichtgemäßem Ermessen zur Leistung verpflichtet und hat der andere Träger seine Zuständigkeit nicht bejaht, hat er existenzsichernde Grundleistungen als Erstträger mit Einleitung eines Erstattungsverfahrens nach § 102 SGB X zu erbringen oder aufgrund seiner Beratungspflicht zumindest den betroffenen Antragsteller darauf hinzuweisen, dass auf seinen Antrag er anstelle des anderen Trägers leisten wird, weil ein Antrag des Betroffenen einen Leistungsanspruch ohne Ermessensspielraum für Erstträger auslöst. Nur wenn Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Leistungsberechtigte an einer zunächst vorläufigen Bewilligung nicht interessiert ist oder interessiert sein kann, kommt eine weitergehende Entscheidungsalternative für den Erstträger im Rahmen seiner Ermessensbetätigung in Betracht (Hess. LSG, Beschluss v. 9.9.2011, L 7 SO 190/11 B ER). Der entschiedene Fall betraf eine Mietkaution. Fehler bei der Ausübung der Beratungspflicht und der Pflicht zur effektiven Leistungsgewährung aus § 17 Abs. 1 Nr. 1 des Leistungsträgers können Einfluss auf die Grenzen des Ermessens haben. Diese sind von besonderem Gewicht, weil allein eine rechtmäßige Beratung den Zweck des § 43 Abs. 1 Satz 1 sicherstelle, losgelöst vom Kompetenzkonflikt die Befriedigung des Leistungsanspruchs zeitnah zu ermöglichen. Daher kann eine Falschberatung dann zu einer vorläufigen Leistungsverpflichtung ohne Ermessensspielraum führen, wenn Anhaltspunkte für entgegenstehende Interessen des Antragstellers offenkundig nicht auszumachen sind.

 

Rz. 32

Das Unterlassen einer Beanstandung anlässlich einer Betriebsprüfung rechtfertigt keinen Vertrauensschutz hinsichtlich der Nacherhebung von Beiträgen. Aus einer telefonischen Falschinformation lassen sich insoweit keine im Sozialrechtsweg verfolgbaren Ansprüche herleiten. Werden aufgrund einer falschen Auskunft Dispositionen tatsächlicher Art nicht rechtzeitig getroffen oder besteht nicht mehr die Möglichkeit, Arbeitnehmeranteile vom Lohn abzuziehen, kann lediglich ein geldlicher Schadensersatzanspruch entstehen; für seine Geltendmachung sind nicht die Sozialgerichte, sondern die Zivilgerichte zuständig (BSG, Urteil v. 22.2.1980, 12 RK 34/79).

 

Rz. 33

Für einen sozialrechtlichen...

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