Rz. 7

Der Sozialhilfeträger muss Leistungen vor der Überleitung tatsächlich "erbracht" haben. Hiermit ist gemeint, dass die Leistung bewilligt worden sein muss. Damit ist eine Überleitung "auf Vorrat" rechtswidrig, es sei denn, dass sie unter der aufschiebenden Bedingung der späteren Leistungsbewilligung vorgenommen wird (BGH, Urteil v. 13.1.1988, IVb ZR 15/87, NJW 1988 S. 1147).

Ferner muss der überzuleitende Anspruch im Leistungszeitraum entweder entstanden und fällig geworden oder er darf bei früherer Entstehung und Fälligkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt worden sein ("... für die Zeit ..."; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.11.2007, L 7 SO 73/06). Der überzuleitende Anspruch muss nicht gleichzeitig mit dem sozialhilferechtlichen Anspruch entstanden oder fällig geworden sein, sondern es reicht aus, dass er in dem in der Bewilligung ausgesprochenen Zeitraum noch fällig und nicht erfüllt ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 12.12.2013, L 7 SO 4209/09, Rz. 36). Der Dritte darf jedoch nicht in Anspruch genommen werden, wenn der übergeleitete Anspruch erst nach Beendigung der Leistungsgewährung entstanden ist (vgl. auch BVerfG, Urteil v. 7.6.2005, 1 BvR 1508/96, NJW 2005 S. 1927). Zudem ist eine Überleitung in die die Leistungsgewährung übersteigende Höhe verwehrt.

Problematisch ist es, wenn Sozialhilfe darlehensweise gewährt wurde. Dann kommt eine Überleitung nicht in Betracht, wenn diese mit einer "Übersicherung" des Sozialhilfeträgers einhergeht. Ist eine Übersicherung aber nicht zu besorgen, insbesondere weil sich herausstellt, dass der Sozialhilfeempfänger das Darlehen nicht zurückzahlt, so kann der Sozialhilfeträger auch bei darlehensweiser Sozialhilfegewährung überleiten (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 16.8.2007, L 23 B 150/07 SO ER m. w. N.).

Soweit Leistungen zugunsten des Leistungsberechtigten bewilligt worden sind, ist Abs. 1 Satz 1 einschlägig. Nach Abs. 1 Satz 2 werden Leistungen an den nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und dessen minderjährige unverheiratete Kinder in die Überleitung einbezogen, soweit der Sozialhilfeträger diese Leistungen gleichzeitig, also neben denen an den Leistungsberechtigten erbringt. Auch im Rahmen von Abs. 1 Satz 2 wird die Überleitung nicht nur wegen Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt i. S. d. Kapitels 3 ermöglicht, sondern auch wegen Grundsicherungsleistungen nach dem Kapitel 4. Dies hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze v. 2.12.2006 klargestellt (BT-Drs. 16/2711 S. 12).

Eine Überleitung nach § 93 ist grundsätzlich auch möglich, wenn Leistungen nach dem BSHG erbracht worden sind; denn § 93 knüpft im Wesentlichen an die Vorgängervorschrift des § 90 BSHG an, so dass mangels inhaltlicher Rechtsänderung kein entgegenstehender Vertrauensschutz gegeben ist (LSG NRW, Beschluss v. 9.11.2005, L 20 12 B 38/05 SO ER). Eine Einschränkung gilt aber für Ansprüche des Lebenspartners gegen Dritte. Einer Überleitung dieser Ansprüche steht im Hinblick auf nach dem BSHG erbrachte Leistungen Vertrauensschutz entgegen, weil dies nach der Vorgängervorschrift des § 90 BSHG nicht möglich gewesen ist (Rückwirkungsverbot, vgl. auch LSG NRW, a. a. O.).

Auf die Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung kommt es nicht an, da der Nachrang im Interesse der Allgemeinheit auch bei rechtswidriger Leistungsgewährung herzustellen ist (BVerwG, Urteil v. 4.6.1992, a. a. O.), wobei eine Ausnahme für den Fall angenommen wird, dass Belange des Drittverpflichteten in unzulässiger Weise verkürzt werden (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 20.12.2006, L 20 B 135/06 SO ER, Rz. 20; Armbruster, in: jurisPK-SGB XII, § 93 Rz. 43; H. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, § 93 Rz. 29; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 93 Rz. 9; Wolf, in: Fichnter/Wenzel, SGB XII, § 93 Rz. 9; a. A. Kiss, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 93 Rz. 14; Kirchhoff, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 93 Rz. 29; Münder, in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, LPK-SGB XII, § 93 Rz. 14 f.; Rodert/Martin, ZfF 2013 S. 265, 266) und der Drittverpflichtete aus einem Fehler des Sozialhilfeträgers keinen Vorteil erlangen soll (LSG Hessen, Beschluss v. 1.11.2007, L 9 SO 79/07 ER, SAR 2008 S. 14). Liegt aber ein bestandskräftiger Bescheid über die Rücknahme und die Rückforderung nach §§ 45, 50 SGB X vor, scheidet eine Überleitung nach § 93 SGB XII aus, da es einer Durchsetzung des Nachrangs der Sozialhilfe in diesem Fall nicht bedarf (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.7.2010, L 7 SO 853/09, Rz. 31).

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