Rz. 18

Nach Abs. 2 Nr. 2 soll die Leistung bis auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche gekürzt werden, wenn der Leistungsberechtigte trotz Belehrung sein unwirtschaftliches Verhalten fortsetzt. Folgende 3 Voraussetzungen müssen erfüllt sein: Der Leistungsberechtigte muss

  • laufende Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen,
  • sich unwirtschaftlich verhalten,
  • dieses Verhalten trotz Belehrung fortsetzen.
  • Auf ein Verschulden kommt es nicht an.
 

Rz. 19

Abs. 1 Nr. 2 ist – anders als Nr. 1 – ausschließlich auf Leistungsbezieher zugeschnitten. Verhalten vor dem erstmaligen Hilfebezug wird von Abs. 1 Nr. 1 als der spezielleren Regelung erfasst.

 

Rz. 20

Unwirtschaftlich handelt, wer bei der Verwendung seiner Mittel jede wirtschaftlich vernünftige Betrachtungsweise vermissen lässt (vgl. auch Streichsbier, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 26 Rz. 8; Dauber, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 26 Rz. 8). Hierzu zählt ein Verhalten, das einer vernünftigen Wirtschaftsweise in Bezug auf den Lebensunterhalt in besonderem Maße widerspricht, so vor allem ein verschwenderischer, sinnloser oder fortgesetzt vorzeitiger Verbrauch der zur Verfügung stehenden Mittel (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 20.6.1979, VI 3798/78 zum BSHG). Das Verhalten muss wesentlich vom Durchschnitt dessen, wie ein verständiger Mensch mit begrenzten finanziellen Mitteln wirtschaften würde, abweichen. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob der Leistungsempfänger intellektuell oder trotz einer geistigen Schwäche oder Erkrankung in der Lage ist, sein unvernünftiges Verhalten zu erkennen und umzusteuern. Soweit er geschäftsunfähig ist (§ 104 Nr. 2 BGB) oder hinsichtlich der Vermögenssorge unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt steht, wird man Abs. 2 Nr. 2 von vornherein nicht anwenden können. Im Übrigen sind etwaige Einschränkungen bei der Belehrung zu prüfen (vgl. Rz. 23).

 

Rz. 21

Besondere Probleme treten in der Rechtsprechung regelmäßig im Zusammenhang mit dem Halten eines Kfz auf. Die Unterhaltung eines nicht benötigten Kfz ist unwirtschaftlich, wenn die Betriebskosten außer Verhältnis zu dem Betrag stehen, der im Regelfall für die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln vorgesehen ist (OVG Hamburg, Beschluss v. 19.2.1988, 2 B 17/88, FEVS 37 S. 471). Legt der Leistungsempfänger dagegen dar, wie hoch die anfallenden laufenden Betriebskosten tatsächlich sind und dass er sie aus den Anteilen im Regelsatz aufbringen kann, die für die Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens vorgesehen sind, so besteht keine Kürzungsbefugnis (OVG Lüneburg, Beschluss v. 12.2.1997, 4 M 282/97, FEVS 47 S. 559; OVG Lüneburg, Urteil v. 13.9.1999, 12 L 2523/99, FEVS 52 S. 450). So ist die Haltung eines – seinem Wert nach den dem Hilfebedürftigen zustehenden Freibetrag nicht übersteigenden und damit zum Schonvermögen gehörenden – Kfz kein unwirtschaftliches Verhalten, wenn sie mit Sozialhilfemitteln für die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens des Haushaltsvorstandes bis zu 50 % und der übrigen Familienangehörigen (Ehegatte, haushaltsbedürftige Kinder) bis zu 30 % finanziert werden kann (BVerwG, Beschluss v. 29.12.2000, 5 B 217/99, NJW 2001 S. 1958). Stellt sich die Haltung eines Kfz als unwirtschaftliches Verhalten dar, muss im Rahmen der erforderlichen Belehrung (vgl. Rz. 23) die Stilllegung verlangt werden, bevor es zu einer Kürzung der Hilfe kommt.

 

Rz. 22

Auch bei einem Sozialhilfeempfänger, der sich weigerte, seinen möglichen freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung zu erklären, kamen nach altem Recht Sanktionen in Gestalt einer Einschränkung der Sozialhilfe in Betracht (vgl. dazu BSG, Urteil v. 19.12.1991, 12 RK 24/90, SozR 3-5910 § 91a Nr. 1). Dieser Gesichtspunkt hat mit der Pflichtmitgliedschaft der Leistungsempfänger in der gesetzlichen Krankenversicherung wesentlich an Bedeutung verloren.

 

Rz. 23

Der Leistungsberechtigte muss zunächst darüber belehrt werden, dass und wie er sein unwirtschaftliches Verhalten bezogen auf den konkreten Einzelfall unterlassen soll. Eine Kürzung der Leistungen bereits im Zeitpunkt der Belehrung ist nicht möglich (Streichsbier, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 26 Rz. 9). Die Belehrung muss nicht, sollte aber sinnvollerweise schriftlich erfolgen. Eine wirksame Belehrung setzt voraus, dass der Leistungsberechtigte intellektuell in der Lage ist, die Belehrung in ihrer konkreten Gestalt zu verstehen, denn nur so kann sie ihre Warn- und Erziehungsfunktion erfüllen. Sie muss daher seinem individuellen Bildungsstand angepasst erfolgen. Die objektive Beweislast für eine diesen Erfordernissen genügende Belehrung liegt beim Sozialhilfeträger. Entspricht die Belehrung diesen Anforderungen nicht, ist eine gleichwohl nach Abs. 1 Nr. 2 vorgenommene Kürzung rechtswidrig.

 

Rz. 24

Sobald der Leistungsberechtigte sein unwirtschaftliches Verhalten wieder aufgibt, ist die Hilfe wieder in vollem Umfang zu gewähren (Rechtsgedanke des § 67 SGB I).

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