Rz. 6

Die Erstattungsvorschrift in Abs. 1 Satz 2 setzt ebenso wie die in Abs. 1 Satz 1 voraus, dass der örtliche Sozialhilfeträger am Einrichtungsort stationäre Leistungen bewilligt hat. Insoweit kennt Abs. 1 Satz 2 zunächst dieselben Voraussetzungen: Gewährung stationärer Leistungen durch den örtlichen Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält, Fehlen eines gewöhnlichen Aufenthaltsortes, Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung (s. oben). Im Gegensatz zu Abs. 1 Satz 1 muss die Voraussetzung "Fehlen des gewöhnlichen Aufenthaltsortes" aber nicht nur anfänglich erfüllt sein. Vielmehr erfasst Abs. 1 Satz 2 alle Fälle, bei denen von Anfang an feststeht, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt des Leistungsberechtigten vor der Unterbringung nicht gegeben ist, beispielsweise weil er sich länger als zwei Monate in einer Einrichtung i. S. v. § 98 Abs. 2 (§ 109) oder auf richterliche Anordnung in einer Justizvollzugsanstalt (§ 98 Abs. 4, § 109) befunden hat. Ferner die Fälle, bei denen sich ein solcher Aufenthaltsort nicht ermitteln lässt (vgl. zu allem BVerwG, Urteil v. 6.2.2003, 5 C 9/02, mit der Schlussfolgerung, dass Abs. 1 damit Kostenerstattungsansprüche in allen Fällen einräumt, in denen Hilfe in einer Einrichtung durch einen anderen als den nach § 98 Abs. 2 Satz 1 oder 2 zuständigen Träger gewährt worden ist). Voraussetzung einer Erstattungspflicht des überörtlichen Trägers ist, dass ein nach § 98 Abs. 2 Satz 1 maßgeblicher letzter gewöhnlicher Aufenthalt nicht existiert oder nicht zu ermitteln ist. Es darf mithin keinen Ort geben, an dem sich der Hilfebedürftige unter Umständen aufgehalten hat, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt und somit seinen Lebensmittelpunkt hat. Anerkanntermaßen kann dies insbesondere bei wohnsitzlosen und nicht-sesshaften Personen der Fall sein (vgl. SG Duisburg, Urteil v. 13.2.2018, S 48 SO 520/14).

Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend, wenn in einer Einrichtung ein Kind geboren wird und der dann für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 98 Abs. 2 Satz 4 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt der Mutter vor dem Aufenthalt in der Einrichtung von Anfang an fehlt oder nicht zu ermitteln ist.

 

Rz. 7

In diesen Fällen ist der örtliche Sozialhilfeträger am Einrichtungsort endgültig leistungspflichtig. Dies ist er von Anfang an, wenn von diesem Zeitpunkt an feststeht, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt des Leistungsberechtigten fehlt. Stellt sich dies erst nachträglich heraus, wandelt sich die vorläufige Eintrittspflicht in eine endgültige um, weil ein anderer örtlicher Sozialhilfeträger nicht zu ermitteln ist. In beiden Fällen ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört, in der Erstattungspflicht. Das gilt freilich nur, wenn der örtliche Träger auch entsprechende Ermittlungen durchgeführt hat, wofür schon der Wortlaut ("nicht zu ermitteln") spricht. Der örtliche Träger der Sozialhilfe muss unter Zugrundelegung objektiver Gesichtspunkte alles ihm Zumutbare und Mögliche unternommen haben, um den gewöhnlichen Aufenthalt zu ermitteln; bloß pauschale Behauptungen oder oberflächliche Ermittlungen genügen nicht (vgl. SG Duisburg, Urteil v. 13.2.2018, a. a. O., m. w. N.). Wegen der Rechtsfolgen im Übrigen kann auf die Ausführungen in Rz. 5 verwiesen werden.

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