Rz. 35

Haben die Eltern oder der nach Abs. 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland, d. h. in der Bundesrepublik Deutschland, keinen g.A. bzw. ist ein g.A. nicht zu ermitteln oder sind die Eltern verstorben, erklärt Abs. 4 Satz 1 den örtlichen Träger der Jugendhilfe für zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche (in den letzten 6 Monaten; Umkehrschluss aus Abs. 4 Satz 2) vor Leistungsbeginn seinen g.A. begründet hat. Maßgeblicher Elternteil nach Abs. 1 bis 3, soweit der Lebensmittelpunkt im Inland nicht vorhanden oder nicht ermittelbar sein sollte, ist:

  • die nichteheliche Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist (Abs. 1 Satz 2);
  • der noch lebende Elternteil, sofern ein Elternteil verstorben ist (Abs. 1 Satz 3);
  • der personensorgeberechtigte Elternteil i. S. d. Abs. 2 Satz 1;
  • der personensorgeberechtigte Elternteil, bei dem das Kind/der Jugendliche zuletzt seinen g.A. hatte (Abs. 2 Satz 2; Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2) sowie
  • der personensorgeberechtigte Elternteil, bei dem das Kind oder der Jugendliche zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte (Abs. 2 Satz 3; Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 3 analog).
 

Rz. 36

Dass es sich um eine Fallvariante eines im Inland nicht feststellbaren g.A. der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils handelt, ist daran "festzumachen", dass das in Frage kommende Jugendamt zunächst versucht hat, den Lebensmittelpunkt zu ermitteln, wobei die Ermittlungspflicht strengen Maßstäben zu unterwerfen ist. Dies bedeutet, dass die zur Feststellung der örtlichen Zuständigkeit notwendigen Ermittlungen alle verfügbaren und geeigneten Mittel einschließen (müssen), die auf legale Art und Weise zum Einsatz gebracht werden können, um damit schnellstmöglich den örtlich zuständigen Jugendhilfeträger in seine Leistungsverantwortung zu bringen (vgl. hierzu auch Reisch, in: Jans/Happe/Saurbier/Maas, § 86 Rz. 56). Dazu zählen insbesondere Anfragen bei Melde- oder Ausländerbehörden, beim Bundeszentralregister, bei anderen Sozialleistungsträgern wie beispielsweise den gesetzlichen Krankenkassen, den Rentenversicherungsträgern (vgl. hierzu auch § 21 SGB X). Solange noch nicht eindeutig feststeht, dass der g.A. nicht feststellbar ist, tritt die örtliche Zuständigkeit des Abs. 4 Satz 1 nicht ein, sondern findet § 86d entsprechend Anwendung.

 

Rz. 37

Die in Abs. 4 Satz 1 verwendete Formulierung "… oder sind sie verstorben …" kann sich indes lediglich auf den Tod beider Elternteile beziehen und nicht auf den des maßgeblichen Elternteils; denn für den Fall, dass nur ein Elternteil verstorben sein sollte (auch nach Beginn der Leistung), tritt die Rechtswirkung des Abs. 1 Satz 3 ein, wonach die örtliche Zuständigkeit an den g.A. des noch lebenden Elternteils anzuknüpfen ist. Für eine darüber hinausgehende Regelung verbliebe aufgrund des eindeutigen Regelungsinhalts des Abs. 1 Satz 3 daher kein Raum mehr.

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