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Anders als in § 11 JWG, der die örtliche Zuständigkeit an den g.A. des Minderjährigen anknüpfte, sieht § 86 Abs. 1 Satz 1 als Anknüpfungsmerkmal primär den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern im Bereich eines örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe vor. Die Vorschrift ist als Generalnorm zur Prüfung der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung von Leistungen an Kinder, Jugendliche und ihre Eltern zu verstehen und geht an dieser Stelle zunächst von dem "Normalbild" einer Familie aus, in dem Eltern mit ihren Kindern in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben. Da sich Jugendhilfeleistungen i. S. d. SGB VIII, das der Gesetzgeber als sog. "Leistungsgesetz" ausgestaltet hat, im Gegensatz zum Sozialhilferecht nicht nur auf materielle Leistungen konzentrieren, sondern im Wesentlichen vordergründig als persönliche familiäre Hilfe (ggf. mit damit einhergehenden materiellen Leistungen) gewährt werden, ist es sachgerecht, die örtliche Zuständigkeit primär am Lebensmittelpunkt der Eltern (gemeinsam mit ihren Kindern), also am Ort des Geschehens, auszurichten. Das ist deshalb angezeigt, weil Jugendhilfeleistungen mit ihren zahlreichen Facetten und Ausgestaltungsformen in ihrer Mehrzahl nicht von einmaligen oder punktuellen Handlungen geprägt sind. Vielmehr werden sie in Form von (meistens länger andauernden) familien- und hilfeplanorientierten Leistungsprozessen abgewickelt. Dies erfordert schon aus diesem Grunde in erster Linie die Nähe zu den Kindern, ihren Eltern sowie deren engerem sozialen Umfeld.

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