Rz. 15

Voraussetzung für die Mitwirkung der Jugendgerichtshilfe in einem Ermittlungsverfahren gegen einen Jugendlichen oder Heranwachsenden nach dem JGG ist zunächst, dass sie von dem Verfahren überhaupt Kenntnis erlangt. Nach § 70 Abs. 1 JGG wird die Jugendgerichtshilfe von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Da im Regelfall Strafanzeigen bei der Polizei erstattet werden, haben die Polizeibehörden mithin als erste staatliche Stellen Kenntnis von einem Ermittlungsverfahren. Die Polizeibehörden unterrichten deshalb in diesen Fällen regelmäßig unmittelbar die Jugendgerichtshilfe aufgrund entsprechender Dienstvorschriften (z. B. Nr. 3.2.7., wonach das Jugendamt und sonst zuständige Behörden unverzüglich zu unterrichten sind, wenn schon während der polizeilichen Ermittlungen erkennbar wird, dass Leistungen der Jugendhilfe infrage kommen, in allen Fällen spätestens mit der Abgabe der Ermittlungsvorgänge an die Staatsanwaltschaft, sofern eine Gefährdung Minderjähriger vorliegt). Die Unterrichtung sollte – entsprechend der im Gesetz verankerten Verpflichtung zu einer möglichst frühzeitigen Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 Abs. 3 Satz 2 JGG) – zeitnah nach Aufnahme der Ermittlungen erfolgen. Nimmt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auf, obliegt ihr die Unterrichtung der Jugendgerichtshilfe. Dies gilt ebenso, falls eine Unterrichtung durch die Polizei unterblieben ist.

 

Rz. 16

In § 70 Satz 2 JGG ist eine besondere Benachrichtigungspflicht für die Jugendgerichtshilfe enthalten. Danach benachrichtigt sie den Staatsanwalt, wenn ihr bekannt wird, dass gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Diese Regelung bezieht sich ausdrücklich nur auf ein anderes Strafverfahren. Sinn dieser Vorschrift ist, dass nach Möglichkeit mehrere Verfahren gegen einen Jugendlichen oder Heranwachsenden zum Zwecke der Herbeiführung einer einheitlichen Sanktion (§ 31 JGG) verbunden werden können. Für die Jugendgerichtshilfe wird aus § 70 Satz 2 JGG keine Anzeigepflicht begründet, wenn nur ihr eine Straftat eines Jugendlichen oder Heranwachsenden bekannt geworden ist. Eine Verpflichtung zur Erstattung einer Strafanzeige hat die Jugendgerichtshilfe – mit Ausnahme der aus § 138 StGB abgeleiteten Anzeigepflicht für jedermann bei geplanten gravierenden Straftaten – grundsätzlich nicht.

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