Rz. 8

Bei der sprachlich-grammatikalischen Wortlautinterpretation fällt zunächst auf, dass der Gesetzgeber den klaren und eindeutigen Begriff "Anspruch" nicht gewählt hat, was zunächst gegen die Existenz eines subjektiv-öffentlichen Rechts auf bestimmte Leistungen der Jugendarbeit spricht (vgl. Krug/Grüner/Dalichau, § 11 Anm. II. 1.). Stattdessen bestimmt er, dass die "erforderlichen Angebote … zur Verfügung zu stellen" sind. Wer gesetzlich verpflichtet ist, "Angebote" zu unterbreiten, räumt dem Empfänger des Angebots die Möglichkeit ein, sich durch Annahme des Angebots einen Rechtsanspruch zu verschaffen (sog. Kontrahierungszwang). Dies spricht eher für einen durchsetzbaren Leistungsanspruch (Mrozynski, ZfJ 1999 S. 403, 405). Gegen den Charakter des § 11 Abs. 1 Satz 1 als Anspruchsnorm lässt sich nicht anführen, dass der Gesetzgeber die Vorschrift im Plural gefasst hat (Mrozynski, a. a. O.; a. A. Kunkel, ZfJ 1997 S. 180). Denn dies geschieht im Sozialrecht häufiger, ohne dass daraus auf eine anspruchsvernichtende Wirkung geschlossen wird (Mrozynski, a. a. O.). Im Übrigen verwendet das SGB VIII den Begriff des Angebots uneinheitlich (Schellhorn/Wienand, KJHG, § 11 Rz. 8). Das Wort wird einerseits als Sammelbegriff für unterschiedlich lange Maßnahmen der Jugendhilfe (kurzfristige "Veranstaltungen" sowie auf Dauer angelegte "Einrichtungen und Dienste") und andererseits als Unterbegriff von "Leistungen", d. h. von Sozialleistungen i. S. d. § 11 SGB I, verwendet (Schellhorn/Wienand, KJHG, § 11 Rz. 7). Zum Teil verknüpft der Gesetzgeber die Begriffe miteinander, wenn er z. B. in § 13 Abs. 4 Satz 1, § 14 Abs. 2 von "Leistungsangeboten" spricht, ohne dass ein sachlicher Unterschied erkennbar würde (Schellhorn/Wienand, KJHG, § 11 Rz. 8). Zudem differenziert er nicht immer genau zwischen den "Hilfen" und den "Angeboten", obwohl dies § 2 Abs. 2 ausdrücklich vorsieht (vgl. z. B. das "Angebot" sozialpädagogischer "Hilfen" in § 13 Abs. 1). Aufgrund dieser konfusen Begriffsverwendung kann der Rechtscharakter der jeweiligen Leistungsnorm nicht allein aus dem Wortlaut hergeleitet werden (so zutreffend Wienand/Schellhorn, KJHG, § 11 Rz. 9). Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Angebotspflicht eine Konstruktion wählt, für die es im öffentlichen Recht kein Vorbild gibt (Krug/Grüner/Dalichau, SGB VIII, § 11 Anm. II. 1; Mrozynski, ZfJ 1999 S. 403, 405).

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