0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem SGB VII am 1.1.1997 in Kraft getreten und basiert auf der Vorgängervorschrift des § 765 RVO. Gemäß § 214 Abs. 3 ist sie auch für Versicherungsfälle vor dem Inkrafttreten anwendbar, wenn Mehrleistungen erstmals nach dem Inkrafttreten festzusetzen sind. Abs. 1 Nr. 3 wurde durch das Gesetz zur Regelung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen (Einsatzversorgungsgesetz – EinsatzVG) v. 21.12.2004 (BGBl. I S. 3592) mit Wirkung zum 1.1.2005 angefügt. Abs. 2a wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen (Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz – EinsatzVVerbG) v. 5.12.2011 (BGBl. I S. 2458) mit Wirkung zum 13.12.2011 eingefügt. Durch das 5. SGB IV-Änderungsgesetz v. 15.4.2015 (BGBl. I S. 583) wurde die Vorschrift mit Rückwirkung zum 23.7.2009 ergänzt.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift ermächtigt den Unfallversicherungsträger, durch Satzung für Personengruppen, die im Interesse des Gemeinwohls tätig geworden sind, Mehrleistungen zu gewähren. Es soll die Möglichkeit bestehen, für besondere Dienste an der Gemeinschaft besondere Leistungen vorzusehen, wenn es dabei zu einem Versicherungsfall kommen sollte. So soll die Möglichkeit der Besserstellung gegenüber "normalen" Versicherten erreicht werden können (kritisch zur Notwendigkeit derartiger Sonderentschädigungen: Krasney, SGB 1995 S. 396; Kunze, in: LPK-SGB VII, § 94 Rz. 1).

 

Rz. 3

Hinsichtlich des "Ob" von Mehrleistungen besteht keine Begrenzung. Weder ist der Unfallversicherungsträger gehindert, derartige Regelungen vorzusehen, noch besteht ein Anspruch der Versicherten auf die Einräumung von Mehrleistungen. Die Ermächtigung bezieht sich allein auf das Satzungsrecht des Unfallversicherungsträgers. Der Versicherte kann nur die Mehrleistungen verlangen, die wirksam durch Satzung vorgesehen worden sind. Der Unfallversicherungsträger kann auch nur diese Leistungen gewähren. Dies gilt sowohl für das "Ob" der Leistung wie auch für die Art und Höhe der Mehrleistung und die zu erfüllenden Voraussetzungen. Alles muss in der Satzung geregelt sein, um einen Leistungsanspruch für den Versicherten auszulösen. Für eine individuelle Leistungserbringung im Einzelfall ohne satzungsmäßig verfasste Regelung ist kein Raum. 

 

Rz. 4

Bezüglich des "Wie" räumt die Vorschrift einen breiten Gestaltungsspielraum ein. Sie beschränkt jedoch die mögliche Zielgruppe durch eine abschließende Aufzählung in Abs. 1 und die Höhe der Mehrleistungen durch eine allgemeine Höchstgrenze in Abs. 2. Abs. 2a ermöglicht eine höhere Entschädigung durch die Anhebung des Jahresarbeitsverdienstes für eine besonders privilegierte Personengruppe. Die Beschränkung nach Abs. 2 gilt dann nicht.

2 Rechtspraxis

2.1 Begünstigter Personenkreis

 

Rz. 5

Der begünstigte Personenkreis ist grundsätzlich durch sein gemeinnütziges Tätigwerden und/oder die besondere Gefahrenlage der Tätigkeit gekennzeichnet:

  • Personen, die für ein Unternehmen im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 9),
  • Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen teilnehmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 12),
  • Personen, die für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften oder für die in § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 8 genannten Einrichtungen (Schulen, Hochschulen, Lehrwerkstätten oder ähnliche Einrichtungen, Kindertageseinrichtungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeiten teilnehmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10),
  • Personen, die von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden oder von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 11),
  • Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten, Blut oder körpereigenes Gewebe spenden oder sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist, oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen (§ 2 Abs. 1 Nr. 13),
  • Entwicklungshelfer i. S. d. Entwicklungshelfer-Gesetzes, die Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten (§ 2 Abs. 3 Nr. 3),
  • Beschäftigte oder Personen, die eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht, wenn sie an einer besonderen Auslandsverwendung teilnehmen.
 

Rz. 6

Diese Aufzählung ist abschließend. Insbesondere gehören die ehrenamtlich Tätigen nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 nicht zur möglichen Personengruppe (für eine Einbeziehung: Leube, NZS 2006 S. 410). Bei konkurrierenden Versicherungstatbeständen ist § 135 auch bezüglich der Mögl...

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