Rz. 126

Die Entscheidung des Gerichts ergeht immer als Beschluss. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich (§ 124 Abs. 3 SGG), aber auch nicht ausgeschlossen. Der Beschluss ergeht daher i. d. R. außerhalb der mündlichen Verhandlung ohne ehrenamtliche Richter (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGG). Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Berufungsinstanz entscheidet außerhalb einer mündlichen Verhandlung – Eilfälle ausgenommen – nicht der Vorsitzende allein, sondern der Senat mit den drei Berufsrichtern ("Gericht") ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 24.10.1984, L 2 J 2040/84 eA, SozVers 1985 S. 22). Dieses gilt auch für die Entscheidung über die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des SG. Bei schwierigen Sachverhalten kann es sinnvoll sein, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, auch um die besondere Sachkunde der ehrenamtlichen Richter zu nutzen.

 

Rz. 127

Ist die Hauptsache schon in der Berufungsinstanz und damit die Zuständigkeit des LSG gegeben, kann in dringenden Fällen der Vorsitzende oder der Berichterstatter allein im einstweiligen Rechtsschutz entscheiden (§ 155 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 SGG). Ist das BSG ausnahmsweise als erstinstanzliches Gericht zuständig, gilt dies nicht, denn § 155 Abs. 2 bis 4 SGG ist von der Anwendung im Verfahren vor dem BSG durch § 165 Satz 2 SGG ausdrücklich ausgenommen.

 

Rz. 128

Wird dem zulässigen aber unbegründeten Antrag nicht stattgegeben, lautet die Entscheidung "Der Antrag wird abgelehnt". Der unzulässige Antrag wird verworfen. Wird dem Antrag ganz oder teilweise stattgegeben, wird auf Aufhebung oder Wiederherstellung der sofortigen Vollziehung oder der aufschiebenden Wirkung und bei teilweiser Stattgabe mit Hinzufügung einer entsprechenden Einschränkung erkannt.

 

Rz. 129

Der Beschluss ist zu begründen (§ 142 Abs. 2 SGG), als abschließende Entscheidung eines selbstständigen Verfahrens mit einer Kostenentscheidung und einer Rechtsmittelbelehrung (§ 66 SGG) zu versehen und zuzustellen (§ 133 Satz 2 SGG). Der verkündete Beschluss wird mit der Verkündung, sonst mit der Zustellung wirksam und zwar jeweils gesondert jeden Verfahrensbeteiligten betreffend mit der ihm gegenüber bewirkten Zustellung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rn. 34). Eine formlose telefonische Mitteilung oder eine Mitteilung per Fax kann im Einzelfall sinnvoll sein, ersetzt indes die Zustellung oder Verkündung nicht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 16.7.1985, 9 S 1403/85, NVwZ 1986 S. 488). Der Beschluss ist dann zwar existent, die Zustellung ist indes alsbald nachzuholen, denn erst sie setzten die Rechtsbehelfsfrist in Lauf (VGH Baden-Württemberg, a. a. O.). Mit der Herausgabe der Beschlussausfertigung an die Post zur Zustellung durch den Urkundsbeamten ist der Beschluss erlassen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 4.8.1992, 2 BvR 1129/92, NJW 1993 S. 51).

 

Rz. 130

Gegen Entscheidung des SG über den Erlass der einstweiligen Anordnung wie auch gegen deren Ablehnung ist die Beschwerde statthaft (§ 172 Abs. 1 SGG). Entscheidungen des LSG, seines Vorsitzenden oder Berichterstatters sind mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG). Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (§ 175 Satz 1 SGG). Der Vorsitzende kann die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung einstweilen aussetzen (§ 175 Satz 2 SGG).

 

Rz. 131

Die Anordnung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO). So kann es zweckmäßig sein, die Wirkung der Entscheidung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens zu befristen. Es kann eine Sicherheitsleistung festgesetzt werden.

 

Rz. 132

Bei der Befristung müssen materiell-rechtliche Regelungen beachtet werden. Nach § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II werden Grundsicherungsleistungen regelmäßig für 6 Monate bewilligt. Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung wird gemäß § 41 Abs. 1 Satz 5 SGB II grundsätzlich für 12 Monate bewilligt. Dieser jeweilige Zeitraum sollte auch durch die Anordnung nicht überschritten werden. Ferner kann das Gericht die darlehensweise Gewährung der Sozialleistung anordnen (Groth, NJW 2007 S. 2296). Als Auflagen kommen in Betracht, die Fristsetzung zur Widerspruchseinlegung bzw. zur Klageerhebung (vgl. § 926 Abs. 1 ZPO) oder die Verpflichtung, geldwerte Ansprüche gegenüber Dritten geltend zu machen.

 

Rz. 133

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch im Antragsverfahren nach §§ 80, 80a und § 123 VwGO Zwischenregelungen (sog. Hängebeschluss) dann statthaft sind, wenn der Antragsteller ohne die Zwischenregelung unzumutbar schweren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn auf andere Weise der durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive Rechtsschutz nicht gewährleistet ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 10.3.2010, 11 S 11.10; OVG Thüringen, Beschluss v. 3.5.2002, 4 VO 48/02; VGH Hessen, Beschluss v. 4.4.2000, 12 TZ 577/00, NVwZ 2000 S. 1318; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss...

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