Rz. 13

Der Widerspruchsbescheid ist den Beteiligten bekannt zu geben, § 37 SGB X. Dies kann etwa die Übersendung eines einfachen Briefes, aber auch eine elektronische Übermittlung sein (vgl. Zeihe, § 85 Rn. 8b: Umkehrschluss aus § 65a). Nach dem durch das 6. SGGÄndG eingefügten Satz 2 des § 85 Abs. 3 gelten die §§ 2 bis 15 VwZG, wenn die Behörde eine Zustellung vornimmt. Dann muss auch die Rechtsbehelfsbelehrung für den Beginn des Fristlaufs auf den Zeitpunkt der Zustellung abstellen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 25.10.2010, L 2 R 556/10 B, juris ). Die Behörde trifft die materielle Beweislast für den Zugang. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vermutungsregel des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X sind kritisch zu prüfen. Die Behörde muss zumindest dartun, dass durch klar strukturierte Verwaltungsabläufe mit dem "Ab-Vermerk" sicher gestellt ist, dass der Verwaltungsakt noch am gleichen Tag zur Post gelangt. Kann der genaue Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides und damit der Beginn des Laufs der Klagefrist nach § 87 Abs. 1 nicht festgestellt werden, ist die Klage im Zweifel als rechtzeitig anzusehen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 88 Rn. 8). Liegt eine schriftliche Vollmacht vor, kann nach § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X die Bekanntgabe gegenüber dem Bevollmächtigten vorgenommen werden. Eine Bekanntgabe an den Bevollmächtigten ist aber nicht zwingend. Abweichend von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X und § 7 Abs. 1 VwZG ist eine Bekanntgabe an den Adressaten selbst möglich. Informiert der Adressat seinen Bevollmächtigten nicht über die Bekanntgabe und erhebt Letzterer weisungsgemäß Untätigkeitsklage, so kann trotz der Unzulässigkeit der Klage im Einzelfall ein Teil der notwendigen außergerichtlichen Kosten unter Veranlassungsgesichtspunkten der Beklagten auferlegt werden. Dies ist z. B. denkbar, wenn die Beklagte eine nach Bescheiderteilung, aber vor Klageerhebung erfolgte Sachstandsanfrage des Bevollmächtigten unbeantwortet gelassen hat (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss v. 13.7.2007, L 20 B 16/07 AS, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 11.3.2009, L 28 B 1370/08 AS, juris). Wählt die Behörde aber den Weg der Zustellung, so ist an den Bevollmächtigten zuzustellen. § 85 Abs. 3 Satz 3 stellt sicher, dass auch an die in § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 genannten Bevollmächtigten eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis erfolgen kann.

 

Rz. 13a

Durch das SGGArbGGÄndG wurde Abs. 4 eingefügt, wonach in so genannten Massenwiderspruchsverfahren, bei denen eine Vielzahl gleichgerichteter Widersprüche gegen gleichartige Verwaltungsakte eingelegt werden, durch eine öffentlich bekannt gegebene Allgemeinverfügung entschieden werden kann. Hintergrund hierfür waren millionenfach eingelegte Widersprüche insbesondere in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung (BT-Drucks. 16/7716 S. 17). Die öffentliche Bekanntgabe im Bundesanzeiger, drei überregionalen Tageszeitungen und im Internetauftritt der Behörde setzt neben einer Vielzahl von Widerspruchsführern voraus, dass die den angefochtenen Verwaltungsakten zugrunde liegende Gesetzeslage durch eine Entscheidung des BVerfG bestätigt wurde und die Rechtsstellung der Betroffenen ausschließlich nach einem für alle identischen Maßstab verändert wird. In der Ruhensmitteilung muss auf die öffentliche Bekanntgabe, ihren Ort und die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 3 hingewiesen werden, § 85 Abs. 4 Satz 3.

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