1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt die sachliche Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit im ersten Rechtszug, soweit der Rechtsweg gemäß § 51 zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist. Sie entspricht im Wesentlichen § 45 VwGO, § 35 FGO. Wie in anderen Verfahrensordnungen wird im SGG zwischen sachlicher, funktioneller und örtlicher Zuständigkeit eines Gerichts differenziert. Diese Differenzierung betrifft aber ausschließlich die richterliche Tätigkeit.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 2

Neben der in § 8 für die Sozialgerichte festgelegten sachlichen (besser instanziellen) Zuständigkeit, also auf welcher Ebene des Instanzenzuges das jeweilige Gericht zu entscheiden hat, enthält das SGG noch weitere Regelungen hinsichtlich der Zuständigkeit. Durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes v. 26.3.2008 (BGBl. I S. 444) ist mit Wirkung v. 1.4.2008 eine erstinstanzliche Zuständigkeit der Landessozialgerichte in § 29 Abs. 2 bis 4 eingeführt worden (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 2.8.2011, L 11 KR 2269/11 KL; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 8.7.2008, L 20 B 77/08 SO ER). Die Zuständigkeit des Bundessozialgerichts gemäß § 39 Abs. 2 besteht unverändert fort. Neben der sachlichen, örtlichen und funktionellen Zuständigkeit muss immer die sog. Rechtswegzuständigkeit gemäß § 51 gegeben sein. Anders als bei Regelungen in der ZPO (§§ 38, 39) wird die Zuständigkeit ausschließlich durch die gesetzlichen Bestimmungen im SGG festgelegt. Eine Prorogation (Zuständigkeitsvereinbarung) kennt das SGG nicht; sie ist vielmehr ausdrücklich ausgeschlossen (§ 59). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben ihre Zuständigkeit in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Bei Unzuständigkeit verweist das Sozialgericht gemäß § 98 i. V. m. §§ 17 ff. GVG von Amts wegen an das zuständige Gericht; ein Verweisungsantrag ist nicht erforderlich. § 8 enthält jedoch kein Verbot der Vereinbarung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens, da die Vorschrift nur anhängige Verfahren betrifft. Es steht den Beteiligten aber frei, auf ein gerichtliches Verfahren zugunsten eines schiedsgerichtlichen Verfahrens zu verzichten. Praktische Bedeutung dürfte das jedoch nicht haben, da die öffentlich-rechtlichen Leistungsträger zur Vereinbarung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens nicht ermächtigt sind.

 

Rz. 3

Die sachliche (wie auch die örtliche) Zuständigkeit bezieht sich immer nur auf das Gericht als organisatorische Einheit, nicht auf die einzelnen beim Gericht gebildeten Spruchkörper (Kammern; Senate). Die Zuständigkeit des jeweiligen Spruchkörpers ergibt sich vielmehr aus dem Geschäftsverteilungsplan, der auch die Besetzung des einzelnen Spruchkörpers regelt. Soweit § 8 auf die Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten abstellt, nennt die Vorschrift weder die Entscheidungsinstrumentarien der Sozialgerichte (Gerichtsbescheid, Urteil, Beschluss) noch weist sie auf die darüber hinausgehende Verpflichtung des Gerichts hin, auf andere Art und Weise Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu fördern, etwa durch Abschluss von Vergleichen (§ 202 i. V. m. § 278 Abs. 1 ZPO).

Literaturtipps

Keller, Anm. zu BSG, Beschluss v. 2.4.2009, B 12 SF 8/08 S, Örtliche Zuständigkeit bei unbekanntem Beschäftigungsort, Wohnsitz und Aufenthaltsort, juris PR-SozR 22/2009 Anm. 6.

Ulrich, Sachlich-funktionelle Zuständigkeit der Sozialgerichte im Schiedsverfahren, NZS 2011 S. 448.

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