Rz. 2

Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder durch einen selbst bestellten Prozessbevollmächtigten zu führen sowie Prozesshandlungen selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter wirksam vorzunehmen und entgegen zu nehmen (LSG NRW, Urteil v. 25.3.2010, L 9 SO 7/09, juris). Die Prozessfähigkeit ist im SGG weiter gefasst als in der ZPO. § 71 Abs. 1 verweist zunächst auf die allgemeine Geschäftsfähigkeit, d. h. auf die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte selbständig und wirksam vorzunehmen. Unbeschränkt geschäftsfähig sind grundsätzlich alle gemäß § 2 BGB volljährigen Personen. Sie sind nach § 104 Abs. 2 BGB geschäftsunfähig, wenn sie sich in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Die Anordnung einer Betreuung hat dann Auswirkungen auf die Prozessfähigkeit, wenn ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB angeordnet ist. Auch im Fall der Anordnung eines solchen Vorbehalts bedarf der Betreute dann nicht der Einwilligung des Betreuers, wenn die Willenserklärung ihm lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt (vgl. BSG, Beschluss v. 20.6.2006, B 9a SB 13/05 B, juris, zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G").

 

Rz. 3

Eine partielle Prozessunfähigkeit kann für einen bestimmten Prozessbereich oder Kreis von Geschäften, nicht aber für einzelne Prozesshandlungen bestehen (BSG, Beschluss v. 15.11.2000, B 13 RJ 53/00 B, SozR 3-1500 § 160a Nr. 32). Bei einer maßlosen Inanspruchnahme der Gerichte mit aussichtslosen Verfahren kann das Gericht von einer partiellen Geschäfts- und Prozessunfähigkeit des Klägers ausgehen, mit der Folge, dass die eingelegte Berufung als unzulässig zu verwerfen ist (LSG Hamburg, Urteil v. 10.12.2009, L 5 AS 6/09, juris; Urteil v. 14.10.2004, L 5 AL 57/04).

 

Rz. 4

Steht ein Hilfebedürftiger bezüglich der Vertretung vor Gerichten unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt, ist er wie ein partiell beschränkt Geschäftsfähiger zu behandeln und deswegen prozessunfähig (BGH, Beschluss v. 11.4.2002, BLw 33/01, EzFamR BGB § 1902 Nr. 3). Genehmigt der Betreuer die Einlegung der Berufung nicht, ist sie entsprechend § 182 Abs. 1 BGB unwirksam (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 8.7.2008, L 14 AS 182/06, juris).

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