Rz. 32

Tritt die anfangs fehlende Beteiligtenfähigkeit im Laufe des Verfahrens ein, kann der Mangel noch in der Revisionsinstanz durch nachträgliche Genehmigung der bisherigen Prozessführung geheilt werden (BGH, Urteil v. 17.10.1968, VII ZR 23/68, BGHZ 51 S. 27). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.

 

Rz. 33

Über das Bestehen der Beteiligtenfähigkeit kann durch Zwischenurteil nach § 130 Abs. 2 SGG entschieden werden. Im Streit um die Beteiligtenfähigkeit ist der betroffene Beteiligte als beteiligtenfähig anzusehen (vgl. BGH, Urteil v. 11.4.1957, VII ZR 280/56, BGHZ 24 S. 91; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 9.7.2010, L 5 KR 7/10 ER, NZS 2010 S. 648). Vom Wegfall der Beteiligtenfähigkeit zu unterscheiden ist der Wegfall eines Hauptbeteiligten, etwa der Tod einer natürlichen Person oder die Auflösung einer Gesellschaft. In diesem Fall findet eine Unterbrechung oder Aussetzung nach § 202 SGG iVm §§ 239 ff. ZPO statt (vgl. Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 70 Rn. 10). Aber: Fällt die Beteiligtenfähigkeit der Hauptbeteiligten im Laufe des Rechtsstreites durch Auflösung (z. B. einer Gemeinschaftspraxis) fort, sind zwar grundsätzlich über § 202 SGG die §§ 239 ff ZPO anzuwenden (einschränkend: Die GbR gilt für schwebende Auseinandersetzungen um Forderungen und Verbindlichkeiten als fortbestehend BSG, Urteil v. 23.3.2011, B 6 KA 11/10 R, GesR 2011 S. 542, vgl. oben), Ausnahmen bilden indes Verfahren, die höchstpersönliche Rechte oder Pflichten zum Gegenstand haben. In diesen Fällen ist das Verfahren erledigt (vgl. Leitherer, SGG, § 70 Rn. 8). Bei Tod des notwendig Beigeladenen tritt hingegen keine Unterbrechung ein (BSG, Urteil v. 10.9.1980, 11 RK 1/80, SGb 1981 S. 354).

 

Rz. 34

Ist ein Jobcenter als Rechtsnachfolgerin an die Stelle der bisherigen Arbeitsgemeinschaft getreten, stellt der kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung i. S. v. §§ 99, 168 Satz 1 SGG dar (so BSG, Urteil v.18.1.2011, B 4 AS 90/10 R; Urteil v. 18.1.2011, B 4 AS 14/10 R; vgl. auch BSG; Urteil v. 18.7.2007, B 12 P 4/06 R, BSGE 99 S. 15, 16 = SozR 4-3300 § 55 Nr. 1; Leitherer, SGG, § 168 Rn. 2c). In einem solchen Fall ist das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen. Entsprechendes gilt für die Instanzen.

 

Rz. 35

Ein Wechsel in der Behördenzuständigkeit und damit ein Rechtsträgerwechsel führt im anhängigen Streitverfahren zu einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes (vgl. BSG, Urteil v. 5.7.2007, B 9/9a SB 2/07, SozR 4-3250 § 69 Nr. 6). Kann die begehrten Rechte allein der im Laufe des Rechtsstreits zuständig gewordene Träger gewähren, muss die Klage gegen diesen gerichtet werden (LSG Sachsen, Urteil v. 20.9.2010, L 6 SB 20/09). Erhebt eine nicht beteiligtenfähige Behörde im eigenen Namen statt im Namen ihres Rechtsträgers Klage, so kann eine Rubrumskorrektur von Amts wegen zulässig sein. Eine – zustimmungspflichtige – Klageänderung liegt erst vor, wenn ein echter Beteiligtenwechsel erfolgt (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 28.8.2009, L 8 SO 16/07). Eine Korrektur ist auch bei einer fehlerhaften Klägerbezeichnung möglich (vgl. BGH, Urteil v. 15.1.2003, XII ZR 300/99, NJW 2003 S. 1043; Urteil v. 12.10.1987, II ZR 21/87, NJW 1988 S. 1585). Die Grenze zur (grundsätzlich zustimmungspflichtigen) Klageänderung nach § 99 SGG ist erst dann überschritten, wenn ein Austausch von rechtlich eigenständigen juristischen Personen, also ein echter Beteiligtenwechsel erfolgt, weil dann schützenswerte Rechte des anderen Verfahrensbeteiligten betroffen sind (LSG Sachsen, Urteil v. 20.9.2010, L 6 SB 20/09).

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