2.1 Lebensalter

 

Rz. 2

In § 35 Abs. 1 Satz 1 HS 1 wird zwingend vorgeschrieben, dass der an das Landessozialgericht berufene ehrenamtliche Richter das 30. Lebensjahr vollendet haben muss, während für eine Berufung an ein Sozialgericht die Vollendung des 25. Lebensjahres ausreicht (§ 16). Zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt das 30. Lebensjahr vollendet sein muss (Berufung, Beginn der Amtsperiode, erste Mitwirkung), wird auf die Kommentierung zu § 16 verwiesen. Durch die zwingende Bestimmung des Lebensalters (sowie die nicht zwingende Bestimmung einer vorherigen Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter beim Sozialgericht) soll sichergestellt werden, dass beim Landessozialgericht nur ehrenamtliche Richter mitwirken, die über entsprechende (Lebens-)Erfahrung verfügen. Das SGG nennt für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter ausschließlich ein jeweiliges Mindestalter, jedoch kein Höchstalter (anders § 33 Nr. 2 GVG: 70 Jahre), sodass die Amtsausübung durch das Lebensalter nicht begrenzt wird. Jedoch sollte insbesondere bei ehrenamtlichen Richtern mit hohem Lebensalter regelmäßig geprüft werden, ob sie noch in der Lage sind, dieses Amt auszuüben. Die Mitwirkung eines fehlerhaft berufenen ehrenamtlichen Richters an einer Entscheidung stellt keinen Verfahrensmangel dar. Zwar ist die Berufung zum ehrenamtlichen Richter fehlerhaft und der ehrenamtliche Richter von seinem Amt zu entbinden, jedoch bestimmt § 22 Abs. 1 Satz 4 ausdrücklich, dass bei einer Mitwirkung kein die Zurückverweisung oder Revision begründender Verfahrensmangel geben ist.

2.2 Vorherige Amtszeit bei einem Sozialgericht

 

Rz. 3

Anders als die Bestimmung des Mindestalters stellt das Verlangen einer vorherigen Amtszeit bei einem Sozialgericht lediglich eine Soll-Vorschrift dar. Diese Voraussetzung ist nicht zwingend. Die Regelung ist allein aufgenommen worden, um gewährleisten zu können, dass ein am Landessozialgericht tätiger ehrenamtlicher Richter über eine besondere Sachkunde und Erfahrung verfügt. Eine unmittelbare Berufung zum ehrenamtlichen Richter am Landessozialgericht sollte deshalb nur in Ausnahmefällen erfolgen, wenn der ehrenamtliche Richter aufgrund anderer Tätigkeiten (z. B. Mitwirkung in einem Widerspruchsausschuss oder Berufungsausschuss) bereits über besondere Erfahrungen verfügt oder es bei der Besetzung von Senaten mit neuen Rechtsgebieten (Grundsicherung für Arbeitssuchende, Sozialhilfe etc.) notwendig ist. Zu der in der Praxis häufig relevanten Frage, ob ein ehrenamtlicher Richter, der ohne Unterbrechung seiner Amtszeit vom Sozialgericht zum Landessozialgericht berufen wird, erneut zu vereidigen ist, hat das BSG (Beschluss v. 6.9.2017, B 13 R 177/17 B) entschieden, dass zumindest dann eine neue Vereidigung erforderlich ist, wenn er zuvor nicht auf das Grundgesetz vereidigt worden ist. Im Hinblick auf diese Entscheidung, die weitere Fragen offen lässt, erscheint es geboten oder zumindest sinnvoll, immer eine neue Vereidigung vorzunehmen.

2.3 Sonstige Voraussetzungen

 

Rz. 4

Hinsichtlich der sonstigen Voraussetzungen für die Berufung zum ehrenamtlichen Richter bestimmt § 35, dass diese identisch sind mit den Voraussetzungen für die Berufung zum ehrenamtlichen Richter an einem Sozialgericht (§ 35 Abs. 1 Satz 2). Dies gilt auch für die Entscheidungen über die Berechtigung zur Ablehnung des Amtes, die Entlassung aus dem Amt (§ 18 Abs. 4), die Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes (§ 21) sowie die Entbindung oder Enthebung vom Amt (§ 22 Abs. 2). Diese Entscheidungen hat ein vom Präsidium im Geschäftsverteilungsplan für das Geschäftsjahr im Voraus bestimmter Senat zu treffen.

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