Rz. 9

Eine spezielle erstinstanzliche und örtliche Zuständigkeit wird in Abs. 4 für das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg begründet. Die örtliche Zuständigkeit dieses Landessozialgerichts ist primär aufgrund des Sitzes der entsprechenden Spitzenverbände zurückzuführen. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist geklärt, dass die Partner der jeweiligen Verträge die Entscheidungen der Bundesschiedsämter (§ 89 Abs. 4 und Abs. 7 SGB V) mit einer Klage anfechten können. Zur Beschleunigung der Verfahren und Entlastung der Sozialgerichte sollen die Entscheidungen der Bundesschiedsämter vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in erster Instanz angefochten werden können (BT-Drs. 16/7716 S. 19). Gleiches gilt für Klagen gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach §§ 129, 130b und 134 SGB V sowie Klagen gegen Entscheidungen des Schlichtungsausschusses Bund nach § 119 Krankenhausfinanzierungsgesetz.

 

Rz. 10

Das SGB V eröffnet in zahlreichen Konstellationen unmittelbare Klagemöglichkeiten gegen Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Das betrifft beispielsweise die Zusammenstellung von Arzneimitteln, für die Festbeträge festgesetzt worden sind (§ 92 Abs. 2 Satz 1 SGB V i. V. m. § 92 Abs. 3 SGB V). In diesen Fällen wird die entsprechende Geltung der Vorschriften über die Anfechtungsklage angeordnet, weil die Zusammenstellung kein Verwaltungsakt, sondern Teil der dem Gemeinsamen Bundesausschuss beim Erlass der Arzneimittelrichtlinien (AMR) obliegenden Normsetzung ist. Weitergehende Klagemöglichkeiten eröffnet § 34 Abs. 6 SGB V in der ab dem 1.4.2007 geltenden Fassung des GKV-WSG. Danach hat der gemeinsame Bundesausschuss über Anträge von pharmazeutischen Unternehmern auf Aufnahme bestimmter Arzneimittel in die Zusammenstellung nach Abs. 1 mit Rechtsmittelbelehrung zu entscheiden. Es besteht unmittelbare Klagemöglichkeit der antragstellenden Unternehmen. Über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus lässt die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unter bestimmten Voraussetzungen Klagen unmittelbar gegen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu, obwohl das Sozialgerichtsgesetz eine § 47 VwGO entsprechende Vorschrift nicht kennt. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit solcher im Rahmen der Feststellungsklage geführten Rechtsmittel sind im Urteil des BSG v. 31.5.2006 (B 6 KA 13/05 R) im Einzelnen dargestellt. Die Entscheidung des BVerfG v. 17.1.2006 (1 BvR 541/02) verdeutlicht die Notwendigkeit einer fachgerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeit gegen untergesetzliche Rechtssätze. Hierfür kommt grundsätzlich die Feststellungsklage als Rechtsschutzmittel in Betracht. Da nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Reichweite der Normenkontrollmöglichkeit bei untergesetzlichen Normen durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG bestimmt wird und die oben dargestellte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts diesen Anforderungen auf Basis des geltenden Rechts sachgerecht Rechnung trägt, bedarf es der Schaffung einer § 47 VwGO entsprechenden Norm nicht.

Die Zuständigkeit des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg erfasst ebenso Klagen gegen Entscheidungen der gemeinsamen Schiedsstellen nach § 89 Abs. 4 SGB V, des Bundesschiedsamtes, des sektorenübergreifenden Schiedsgremiums Bund sowie der erweiterten Bewertungsausschüsse. Dies gilt aber nur, soweit die Klagen von Einrichtungen erhoben werden, die diese Gremien bilden, also Partner der jeweiligen Verträge sind (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 29 Rz. 7). Für Klagen gegen Entscheidungen des Bundesgesundheitsministeriums gegenüber den Bewertungsausschüssen und Bundesschiedsämtern ist ebenfalls die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg gegeben.

 

Rz. 11

Im Hinblick auf die Besonderheiten von unmittelbar gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss gerichteten Klagen und der regelmäßig das gesamte Bundesgebiet betreffenden Ausstrahlungswirkung einer entsprechenden Entscheidung sowie vor dem Hintergrund des Sitzes des Gemeinsamen Bundesausschusses ab 1.1.2009 in Berlin erscheint es insoweit geboten, auch für diese Fälle eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zu begründen. Wegen des engen Zusammenhangs zu Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses im Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln und Hilfsmitteln sollen auch diejenigen Klagen, die unmittelbar gegen die Spitzenverbände der Krankenkassen und ab dem 1.12.2008 gegen den Spitzenverband Bund zu richten sind (§ 35 Abs. 7 SGB V; über § 36 Abs. 2 SGB V gilt dies auch für Hilfsmittel) erstinstanzlich vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden werden (BT-Drs. 16/7716 S. 19 f.). Weiter wurde für Klagen gegen die Entscheidungen des Schlichtungsausschusses Bund nach § 119 Krankenhausfinanzierungsgesetz die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg begründet.

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