Rz. 16

Der Begriff der unangemessenen Dauer wird durch die Rechtsprechung im Einzelnen auszufüllen sein. Wesentlich ist, dass der Gesetzgeber den Vorschlägen eine Absage erteilt hat, eine bestimmte Verfahrensdauer als Maßstab anzusetzen. Die Frage der (un)angemessenen Länge eines Verfahrens ist vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten. Als regelmäßige Anknüpfungspunkte benennt die Vorschrift die Schwierigkeit und die Bedeutung der Sache, sowie das Verhalten von Verfahrensbeteiligten und Dritten. Die Bedeutung der Sache ist zunächst aus der Sicht des verständigen Betroffenen zu beurteilen. Die Gesetzesbegründung benennt aber auch Allgemeininteressen (z. B. bei Musterverfahren) als relevant (BT-Drucks. 17/3802, S. 18). Das Verhalten des Verfahrensbeteiligten ist unter dem Blickwinkel der Mitverursachung relevant. Dritte können insbesondere Sachverständige sein. Soweit das Gericht keinen Einfluss auf den Dritten hat, sollen dort entstandene Verzögerungen nicht zugerechnet werden. Die Gesetzesbegründung geht hier von einer ex-post-Betrachtung der Frage aus, ob das Gericht die Möglichkeiten ausgeschöpft hat, die ihm zur zügigen Abwicklung der Begutachtung eingeräumt sind. Hier wie auch an anderen Stellen ist kritisch zu hinterfragen, inwieweit Aspekte in die Prüfung der überlangen Verfahrensdauer einzustellen sind, deren Berücksichtigung einen mittelbaren Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellen können. Allgemein gilt, dass der Staat sich zur Rechtfertigung nicht auf Umstände innerhalb seines eigenen Verantwortungsbereichs stützen kann. Deshalb ist der Verweis auf die chronische Überlastung eines Gerichts bzw. eine allgemein angespannte Personalsituation nicht zur Rechtfertigung geeignet.

 

Rz. 17

Der Begriff der "angemessenen Entschädigung" soll nach dem Willen des Gesetzgebers ausschließen, dass im Rahmen des materiellen Schadensersatzes der entgangene Gewinn geltend gemacht werden kann. Dies ist als Ausgleich dafür zu sehen, dass der Anspruch ein Verschulden des Gerichts nicht voraussetzt. Der verschuldensabhängige Amtshaftungsanspruch, der auch den Ersatz entgangenen Gewinns umfassen kann, ist hierneben nicht ausgeschlossen, darf aber nicht zu einer Überkompensation führen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge