1 Allgemeines

 

Rz. 1

In § 573 Abs. 1 ZPO ist eine vergleichbare Regelung enthalten. Dort ist die Erinnerung allerdings binnen einer Notfrist von zwei Wochen einzulegen; zur VwGO vgl. § 151. Im Gegensatz zur Beschwerde ist die Erinnerung nicht mit Devolutiveffekt ausgestattet. Sie ist deswegen kein Rechtsmittel, wohl aber ein Rechtsbehelf (vgl. hierzu Kommentierung vor § 143 Rz. 1 ff.). Die Erinnerung tritt an die Stelle der Beschwerde. Sie bezweckt eine Rechtmäßigkeitskontrolle in demselben Rechtszug durch dasselbe Gericht. Der beauftragte (§ 202 SGG i. V. m. § 361 ZPO) oder ersuchte (§ 202 SGG i. V. m. § 362 ZPO) Richter ist regelmäßig an die Anordnungen des beauftragenden oder ersuchenden Gerichts gebunden (Ausnahme z. B. § 400 ZPO). Dieses und nicht das im Rechtszug übergeordnete Gericht soll die getroffenen Entscheidungen zuerst überprüfen.

 

Rz. 2

Die Erinnerung ist in jedem Rechtszug statthaft. Sie gilt ausweislich des Wortlauts nicht im Fall einer Entscheidung des Berichterstatters (§ 155). Dies wäre auch sinnwidrig, weil die Kompetenzverlagerung auf den Berichterstatter dann wieder hinfällig wäre, wenn gegen seine Entscheidungen der Senat angerufen werden könnte. Im Übrigen ist der Berichterstatter kein beauftragter Richter, weil er an Stelle des Vorsitzenden tätig wird (Zeihe, SGG, 11/2010, § 178 Rn. 3b). Da die Erinnerung nach § 178 Satz 2 i. V. m. § 173 zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden kann, gilt vor dem BSG kein Vertretungszwang (BSG, Beschluss v. 11.10.1991, 7 RAr 24/89, SozR 3-1750 § 706 Nr. 1).

 

Rz. 3

§ 189 Abs. 2 Satz 2, § 197 Abs. 2 sind lex specialis. Hinsichtlich § 66 Abs. 1 GKG (Erinnerung gegen den Kostenansatz des Gerichts) und § 4 Abs. 1 JVEG (Festsetzung der Sachverständigenvergütung pp. durch das Gericht) vgl. Rz. 15 ff.

2 Rechtspraxis

2.1 Erinnerungsfähige Entscheidung

 

Rz. 4

Der ersuchte Richter ist der Richter eines anderen Gerichts, der im Wege der Rechtshilfe um eine Beweisaufnahme ersucht wird. Er wird nach § 5, § 106 Abs. 3 Nr. 4, § 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 362, 365, 366, 372 Abs. 2, 375 und 400 ZPO tätig.

Der beauftragte Richter wird nach § 106 Abs. 3 Nr. 4, § 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 361, 365, 372 Abs. 2, 375 und 400 ZPO tätig.

Im Falle einer Erinnerung gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten entscheidet der Spruchkörper, dem der Urkundsbeamte nach dem Geschäftsverteilungsplan zugeordnet ist. Der Begriff des Urkundsbeamten ist nicht beamten- oder dienstrechtlich definiert, sondern als prozessualer Funktionsbegriff zu verstehen. Die Festsetzung von Gerichts-und Anwaltskosten wird in der Regel Beamten des höheren oder gehobenen Dienstes mit entsprechender Ausbildung übertragen. Funktional betrachtet erfüllt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit der Kostenfestsetzung Aufgaben, die in der ordentlichen Gerichtsbarkeit dem Rechtspfleger zugewiesen sind. Bei der Kostenfestsetzung wird der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle als richterliches Organ tätig und ist deshalb insoweit an Weisungen nicht gebunden (hierzu LSG Hessen, Beschluss v. 6.7.2009, L 9 B 274/08).

 

Rz. 5

Entscheidungen des ersuchten Richters sind lediglich diejenigen, die er bei Durchführungen des Ersuchens (z. B. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 400 ZPO) getroffen hat. Hierzu rechnet nicht die Ablehnung eines Rechtshilfeersuchens (§ 5 Abs. 3 i. V. m. § 159 GVG).

 

Rz. 6

Verhängt der ersuchte oder beauftragte Richter ein Ordnungsmittel nach § 61 i. V. m. §§ 178 ff. GVG, ist hiergegen die Beschwerde gegeben. Die Frist für die Einlegung beträgt eine Woche (§ 178 Satz 2, § 173, 61 Abs. 1 SGG i. V. m. § 181 Abs. 1 GVG). Infolge der Verweisung in § 178 Satz 2 auf § 173 ist gegen sitzungspolizeiliche Ordnungsmittel des SG wegen Ungebühr (§§ 178, 180 GVG) die Beschwerde und nicht die Erinnerung statthaft. Zuständig ist das LSG. § 181 Abs. 3 GVG ist lex specialis. § 181 GVG, der nach § 61 Abs. 1 im SGG-Verfahren entsprechend gilt, bleibt nach § 173 Satz 1 HS 1 unberührt. Sofern allerdings das Ordnungsmittel (§ 180 GVG) von einem beauftragten Richter des LSG oder BSG verhängt wird, ist gegen dessen Entscheidung das Gericht anzurufen (vgl. auch Peters/Sautter/Wolff, SGG, 10/1996, § 178 Rn. 12).

 

Rz. 7

Der ersuchte Richter darf gegen einen Zeugen wegen der Zeugnisverweigerung keine Ordnungsstrafe verhängen. § 178 findet im Falle der Amtshilfe keine Anwendung (so LSG Bayern, Urteil v. 25.7.1967, L 7/S 8/67, Breithaupt 1968 S. 81).

2.2 Einlegung der Erinnerung

 

Rz. 8

Die Erinnerung ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 178 Satz 2 i. V. m. § 173), nach Maßgabe des § 65a auch mittels elektronischer Dokumente, bei dem einzulegen, der die Entscheidung erlassen hat. Soweit in der Vergangenheit strittig war, ob die Erinnerung – fristwahrend – auch beim Gericht eingelegt werden kann, ist die Rechtsfrage durch das 6. SGGÄndG v. 17.8.2001 (BGBl. I S. 2150) geklärt. Denn mit Wirkung zum 2.1.2002 ist § 173 durch einen Satz 3 dahin erweitert worden, dass die Beschwerde nunmehr auch beim LSG eingelegt werden kann. Infolge der Bezugnahme in § 178 Satz 2 bedeutet ...

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