2.1.1 Grundsatz

 

Rz. 2

Zur Auslegung und Umdeutung vgl. Kommentierung zu § 151 Rz 27 ff.

Die einmonatige Beschwerdefrist läuft ab Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses. Wird der Beschluss zugestellt (§ 142 Abs. 1 i. V. m. §§ 135, 133 Satz 2), läuft die Frist ab Zustellung. Ein Beschluss, der während der mündlichen Verhandlung in der Hauptsache gefasst und verkündet wird, muss nicht zugestellt werden (Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 173 Rn. 10). Die Frist beginnt mit der Verkündung. Für die Fristberechnung gilt § 64. Bei einer Bekanntgabe im Ausland beläuft sich die Frist auf einem Monat (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 173 Rn. 5; a.A: LSG Niedersachsen, Beschluss v. 19.11.1990, L 7 Ar 414/90, Breithaupt 1992 S. 159; Zeihe, SGG, § 173 Rn. 3a; Vorauflage § 173 Rz. 2). Den Erwägungen von Leitherer a. a. O. wird beigetreten. Eine analoge Anwendung des § § 87 Abs. 1 Satz 2 scheidet aus, da mittels des 6. SGGÄndG zwar § 87 Abs. 1, nicht hingegen § 173 geändert worden ist.

Wird ein Beschluss per Telefax durch die Geschäftsstelle des SG übermittelt, beginnt die einmonatige Beschwerdefrist am Tag nach der Übermittlung und endet nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 und 2 Satz 1 (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 17.1.2008, L 15 B 4/08 SO ER; vgl. auch OVG Hamburg, Beschluss v. 23.8.1995, Bs IV 183/95, NJW 1996 S. 1225). Die Bekanntgabe nur des Tenors setzt die Frist nicht in Lauf (Leitherer, SGG, § 173 Rn. 5a; Roth, NJW 1997 S. 1966; a. A. OVG Hamburg, a. a. O.). Eine Verlängerung der Frist ist nicht möglich.

 

Rz. 3

Die Frist beträgt ein Jahr, wenn der angefochtene Beschluss eine fehlerhafte oder keine Rechtsmittelbelehrung enthält (§ 66 Abs. 2; vgl. Kommentierung zu § 66 Rz. 26). Wiedereinsetzung ist unter den Voraussetzungen des § 67 möglich, kann aber nur vom LSG gewährt werden. Sofern der Beschluss nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist, läuft die Beschwerdefrist nicht; allerdings kann das Beschwerderecht verwirkt werden (vgl. Kommentierung zu § 66 Rz. 30). Die Monatsfrist gilt auch für die Rechtswegbeschwerde und die weitere Beschwerde gegen die Rechtswegentscheidung des LSG nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG (BSG, Beschluss v. 29.9.1994, 3 BS 2/93, SozR 3-1500 § 51 Nr. 15).

2.1.2 Frist – Ordnungsmittel

2.1.2.1 Ordnungsmittel nach ZPO

 

Rz. 4

Gegen die Verhängung eines Ordnungsmittels (§ 141 Abs. 3 Satz 1, § 380 Abs. 1 Satz 2, § 402 ZPO) ist die Beschwerde binnen einer Frist von einem Monat zulässig. Dies ergibt sich aus Folgendem: Bleibt eine Partei im Termin trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens aus, kann gegen sie ein Ordnungsgeld verhängt werden (§ 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Vor Inkrafttreten des ZivilprozessreformG (1.1.2002) konnte dies im ZPO-Verfahren mit der einfachen Beschwerde nach § 567 Abs. 1 ZPO a. F. angegriffen werden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 56. Aufl., § 141 Rn. 58). Diese war nicht fristgebunden; sie konnte jederzeit eingelegt werden, solange eine Beschwer vorliegt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 567 Rn. 12). Seit dem 1.1.2002 kennt die ZPO die einfache Beschwerde nicht mehr (vgl. Kommentierung vor § 172 Rz. 4 ff.). Nunmehr unterliegt auch im Zivilprozess jede Beschwerde einer Frist. Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen (§ 569 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und die Rechtsbeschwerde binnen einer Notfrist von einem Monat (§ 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO) einzulegen. Gegen die Verhängung des Ordnungsmittels ist nunmehr im ZPO-Verfahren die sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 ZPO statthaft (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 141 Rn. 58).

 

Rz. 4a

Auch das SG kann im Fall des Ausbleibens eines Beteiligten trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens (§ 111 Abs. 1) ein Ordnungsgeld verhängen (§ 111 Abs. 1 Satz 2, § 202 SGG i. V. m. § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO; hierzu Frehse, SGb 2010 S. 358 ff., 458 ff.). Aus § 173 ist herzuleiten, dass jede Beschwerde im SGG-Verfahren fristgebunden und der Einmonatsfrist unterliegt. Zwar sind auch abweichende Beschwerdefristen zu beachten (§ 63 Abs. 1 Satz 3 GKG: 6 Monate). Hierbei handelt es sich jedoch um Spezialregelungen außerhalb des SGG, die § 173 nach allgemeinen Grundsätzen vorgehen. Aus dem ZivilprozessreformG kann nicht hergeleitet werden, dass ab 1.1.2002 auch im SGG-Verfahren die Beschwerde gegen ein Ordnungsmittel einer zweiwöchigen Frist unterliegt. Dies folgt schon daraus, dass die ZPO gegenüber dem SGG nicht das speziellere Gesetz ist und ihr damit insoweit kein Vorrang gebührt. Im Gegenteil: Für das sozialgerichtliche Verfahren ist das SGG das speziellere und damit vorrangige Gesetz. Die Novellierung der ZPO hat den Inhalt des § 173 nicht verändert. Wenn der Gesetzgeber eine Verkürzung der Beschwerdefrist auf 2 Wochen gewollt hätte, wäre er verpflichtet gewesen, dies im zeitgleich mit dem Zivilprozessreformgesetz in Kraft getretenen 6. SGGÄndG deutlich zu machen. Das ist nicht geschehen. Zudem verbietet es sich, die im SGG-Verfahren zu beachtenden Beschwerdefristen ohne Not zu differenzieren; dies widerspricht dem Grundsatz der Fristenklarheit (h...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge