Rz. 2

Nach § 155 Abs. l ist der Vorsitzende befugt, seine Aufgaben nach §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats zu übertragen. Diese Regelung steht in Widerspruch zu § 21g GVG. Hiernach werden sämtliche Geschäfte durch Beschluss des Senats für das gesamte Geschäftsjahr verteilt. Für die dem Vorsitzenden durch § 155 Abs. l eingeräumte Befugnis verbleibt insoweit kein Raum. Die Übertragung der hierin genannten Aufgaben ist akzessorisch zur Geschäftsverteilung. Andererseits hat der Gesetzgeber durch Streichung des bisherigen Satzes 2 des § 155 Abs. l dem Vorsitzenden wegen § 21g GVG gerade die Befugnis genommen, einen Berichterstatter zu bestimmen (Stellungnahme des Bundesrates BT-Drs. 132/01 S. 56). Konsequenterweise hätte der Gesetzgeber den gesamten Abs. l aufheben müssen. Das ist nicht geschehen und kann nicht mehr als redaktionelles Versehen akzeptiert werden. Hieraus könnte hergeleitet werden, dass der Gesetzgeber dem Vorsitzenden die Zuständigkeiten nach § 155 Abs. l vorbehalten und einem Spruchkörperbeschluss entziehen wollte. Dies macht allerdings keinen Sinn und würde auch der Tendenz des Gesetzgebers, die hervorgehobene Stellung des Vorsitzenden zu nivellieren, entgegenstehen. Deswegen ist eher anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit der Streichung des § 155 Abs. l Satz 2 nochmals deutlich machen wollte, dass der Berichterstatter nunmehr auf jeden Fall nur noch durch den Spruchkörper bestimmt wird, es im Übrigen aber dabei verbleibt, dass § 21g GVG die Regelung des § 155 Abs. l n. F. verdrängt. Dies wäre in sich stimmig, indessen fast spekulativ und belegt insoweit die eher oberflächliche Arbeit des Gesetzgebers (hierzu auch Rohwer-Kahlmann, SGG, 1/2005, § 155 Rn. 7 ff.; Zeihe, SGG, § 155 Rn. 1b; Knecht, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 155 Rn. 3; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 155 Rn. 2).

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