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Es ist zwar nicht vorgeschrieben, indessen dringend angezeigt, die Anhörungsmitteilung förmlich zuzustellen (§ 63 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Anhörung der Beteiligten im vereinfachten Berufungsverfahren ist in jedem Falle nur dann ordnungsgemäß erfolgt, wenn der Zugang der Anhörungsmitteilung des Gerichts nachgewiesen ist. Insoweit trifft das Berufungsgericht eine verfahrensrechtliche Beweislast (BVerwG, Beschluss v. 25.4.2005, 1 C 6/04, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 72). Wird eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis im Wege der Übermittlung auf dem Postweg durch einfachen Brief angeordnet und durchgeführt, lässt sich der Nachweis des tatsächlichen Zugangs des zuzustellenden Schriftstücks in aller Regel nur durch die Rücksendung des Empfangsbekenntnisses führen. Erklärt ein Rechtsanwalt, dass ihm das Schriftstück nicht zugegangen ist, so besteht ohne weitere Anhaltspunkte kein Grund, dem zu misstrauen und im Wege des Freibeweises weitere Nachforschungen anzustellen (BVerwG, a. a. O.). Ist die ordnungsgemäße Anhörung nicht nachweisbar, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, wenn dennoch entschieden wird (vgl. BSG, Beschluss v. 17.2.2009, B 2 U 194/08 B; BVerwG, Beschluss v. 17.11.1994, 1 B 42/94, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 11; BVerwG, Urteil v. 21.12.1987, 9 C 86/87; LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 12.12.2001, L 4 KA 2/01, zur Anhörung nach § 105; Keller, SGG, § 153 Rn. 21 m. w. N.). Solange nicht feststeht, dass der Beteiligte die Anhörungsmitteilung erhalten hat, darf das LSG nicht durch urteilsersetzenden Beschluss entscheiden. Geschieht das gleichwohl, liegt hierin ein absoluter Revisionsgrund (BSG, Urteil v. 8.11.2001, B 11 AL 37/01 R; BSG, Urteil v. 2.5.2001, B 2 U 29/00 R, SozR 3-1500 § 153 Nr. 13; BVerwG, Urteil v. 27.6.1984, 9 C 44/84). Dem ist zuzustimmen, denn das LSG entscheidet dann in fehlerhafter Besetzung, nämlich ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter (LSG NRW, Urteil v. 22.6.2011, L 13 VG 90/10; vgl. auch Frehse, SGb 2007 S. 509). Bei einem formlosen Schreiben kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beteiligte das Schreiben erhalten hat, wenn er nicht erwidert. Demzufolge muss sich das Gericht hierüber Gewissheit verschaffen, was auch telefonisch geschehen kann (Keller, SGG, § 153 Rn. 21).

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