Rz. 21

Fehlt die Unterschrift und lässt sich nach vorgenannten Kriterien nicht sicher feststellen, dass das Schriftstück nicht nur ein Entwurf ist, sondern mit Wissen und Wollen des Urhebers bei Gericht eingegangen ist, ist die Berufung unzulässig. Zwar ist es nicht Aufgabe des Gerichts, jede Rechtsmittelschrift unmittelbar nach ihrem Eingang unverzüglich auf etwaige Mängel zu prüfen, die noch innerhalb der Frist beseitigt werden können (Zeihe, SGG, § 151 Rn. 5f m. w. N.). Aus Gründen der prozessualen Fürsorgepflicht sollte das Gericht allerdings tunlichst darauf hinweisen, wenn ein bestimmender Schriftsatz nicht dem Schriftformerfordernis genügt. Eine fehlende Unterschrift ist innerhalb der Berufungsfrist nachholbar, nach Fristablauf ist dies ausgeschlossen. Allerdings ist ggf. Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn die fehlende Unterschrift auf Hinweis des Gerichts noch innerhalb der Frist hätte nachgeholt werden können (vgl. BSG, Beschluss v. 6.10.2011, B 14 AS 63/11 B, zur Berufungseinlegung mittels eines nicht statthaften Mediums).

 

Rz. 22

Wird die Urschrift nachgereicht, handelt es sich um eine neue Berufung (BGH, Beschluss v. 20.9.1993, II ZB 10/93, NJW 1993 S. 3141; a. A. VGH Kassel, Beschluss v. 19.3.1992, 4 TH 967/91, NJW 1992 S. 3055). Eine Ausnahme von der auch insoweit erforderlichen eigenhändigen Unterschrift kommt in Betracht, wenn auf andere Weise gewährleistet ist, dass dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden kann und fest steht, dass es sich bei dem Schriftstück nicht um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BSG, Urteil v. 30.1.2002, B 5 RJ 10/01 R). Diese Voraussetzungen können durch ein nicht unterschriebenes Telefax ohne Absendervermerk nicht erfüllt werden (LSG Bayern, Urteil v. 9.6.2011, L 9 AL 16/10), denn bleibt bei der durch Telefax oder PC-Fax eingelegten Berufung die Identität des Urhebers oder der Wille des In-Verkehr-Bringens der Berufungsschrift zweifelhaft, entspricht diese nicht dem Formerfordernis des § 151 Abs. 1 (LSG Hamburg, Beschluss v. 10.10.2005, L 1 B 300/05 ER KR).

 

Rz. 23

Ist der Mangel der Sphäre des Gerichts zuzuordnen, hindert dies den Zugang nach Ansicht des BGH nicht, da die Risiken nicht auf den Bürger abgewälzt werden sollen (BGH, Beschluss v. 4.5.1994, XII ZB 21/94, NJW 1994 S. 2097; BGH, Beschluss v. 7.12.1994, VIII ZR 153/93, NJW 1995 S. 665; vgl. auch Leitherer, SGG, § 151 Rn. 10b f.). Dem ist nicht zuzustimmen. Für diesen Ansatz gibt es keine rechtliche Grundlage. Ist die Berufung nicht zeitig zugegangen, ist sie zwingend verfristet. Irrelevant ist es, worauf die Verfristung beruht. Allenfalls kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden (zutreffend: BGH, Beschluss v. 23.11.2004, XI ZB 4/04, MDR 2005 S. 526; OVG Sachsen, Beschluss v. 27.9.1995, A 4 S 383/94, NJW 1996 S. 2251; vgl. auch BSG, Beschluss v. 6.10.2011, B 14 AS 63/11 B, zur Berufungseinlegung mittels eines nicht statthaften Mediums).

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