Rz. 18

Der Begriff des "Abweichens" in § 144 Abs. 2 Nr. 2 ist ebenso wie in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG auszulegen. Danach liegt eine Divergenz dann vor, wenn die tragfähigen abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde liegen, nicht übereinstimmen. Der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidung muss ein Rechtssatz zugrunde liegen, der mit der Rechtsprechung eines LSG oder des BSG nicht übereinstimmt. Es genügt nicht, dass die Entscheidung z. B. lediglich fehlerhaft oder unrichtig ist, weil sie nicht den Kriterien entspricht, die ein LSG oder das BSG aufgestellt hat, oder wenn sie einem von diesen aufgestellten Rechtssatz folgen will, diesen aber missversteht oder sonst Vorgaben der obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einzelfall nicht übernimmt (LSG Thüringen, Beschluss v. 20.2.2006, L 6 KR 551/05 NZB; vertiefend May, SGb 1993 S. 249; Kummer, NZS 1993 S. 337), mit anderen Worten: Ein Fehler bei der konkreten Rechtsanwendung begründet keine Divergenz i. S. v. § 144 Abs. 2 Nr. 2 (LSG Sachsen, Beschluss v. 5.9.2005, L 3 AL 226/04 NZB). Im Übrigen ist der Wortlaut der Vorschrift zu weit gefasst. Das SG hat schwerlich die Möglichkeit, die veröffentlichten Entscheidungen aller Landessozialgerichte zu überprüfen. Insoweit verlangt das Gesetz etwas Unmögliches. Für die Divergenz kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut nicht auf die veröffentlichten Entscheidungen der LSG und damit aller Landessozialgerichte an, sondern nur darauf, ob die Entscheidung des SG von einer Entscheidung eines LSG abweicht. Das lässt sich nicht feststellen. Daher ist die Vorschrift reduzierend dahin auszulegen, dass Divergenz nur vorliegt, wenn die Entscheidung des SG von einer Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Berufungsgerichts abweicht (so auch Krasney/Udsching, VIII Rn. 27; Leitherer, SGG, § 144 Rn. 30). Ob und inwieweit die Vorschrift auch dann eingreift, wenn von einer Entscheidung des BVerfG abgewichen wird, war nach alter Rechtslage zweifelhaft, ist durch das 6. SGGÄndG jedoch geklärt. Nunmehr ist ausdrücklich durch Anpassung des § 144 Abs. 2 Nr. an § 160 Abs. 2 Nr. 2 VwGO klargestellt, dass auch eine Abweichung von einer Entscheidung des BVerfG die Divergenz begründet.

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