Rz. 1

Die Vorschrift regelt, dass die Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil grundsätzlich statthaft ist (hierzu Vorbemerkung zu §§ 143 ff.). Sie ist zulässig, wenn und soweit darüber hinaus die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen. Berufungsausschließungsgründe sind Ausnahmetatbestände. Ausgeschlossen ist die Berufung nur, wenn die Voraussetzungen des § 144 SGG vorliegen. Ist das nicht der Fall, ist sie nach § 143 ohne Zulassung statthaft. Ist die Berufung nach § 144 SGG ausgeschlossen, kann sie dennoch statthaft werden, sofern sie das SG (§ 144 Abs. 2 SGG) oder das LSG auf die Nichtzulassungsbeschwerde zulässt (§ 145 SGG). Die Berufung ist ein Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Endurteile. Sie eröffnet eine neue Tatsacheninstanz, d. h. der gesamte Prozessstoff ist grundsätzlich neu zu prüfen und zu würdigen. Berufungsfähig sind Endurteile, Teilurteile und Vorbehaltsurteile.

 

Rz. 1a

Grundurteile (§ 130 SGG) können mit der Berufung nur angefochten werden, wenn dem eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zugrunde liegt, denn das Grundurteil auf eine solche Klage (§ 54 Abs. 4 SGG) ist ein Endurteil (sog. echtes Grundurteil, vgl. auch BSG, Urteil v. 14.12.1988, 9/4b RV 39/87, SozR 7610 § 291 Nr. 2); es erledigt den Rechtsstreit in vollem Umfang (vgl. BSG, Urteil v. 30.5.2006, B 1 KR 17/05 R, SozR 4-3100 § 18c Nr. 2). Ein Grundurteil ist auch möglich, wenn nur über die Höhe der Leistungen gestritten wird (BSG, Urteil v. 18.5.2010, B 7 AL 49/08 R, SozR 4-4300 § 122 Nr. 8). Ein Grundurteil auf eine echte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) ist hingegen lediglich ein Zwischenurteil (§ 130 Abs. 2 SGG; § 304 ZPO), d. h. der Rechtsstreit bleibt bei dem erkennenden Gericht bis zur Durchführung des Nachverfahrens über die Höhe der Leistung anhängig (vgl. BSG, Urteil v. 6.8.1999, B 4 RA 25/98 B, SozR 3-1500 § 199 Nr. 1; LSG NRW, Urteil v. 21.11.2001, L 10 P 41/99). Ein Zwischenurteil i. S. v. § 130 Abs. 2 SGG i. d. F. des ab 2.1.2002 geltenden 6. SGG-Änderungsgesetzes v. 17.8.2001 (BGBl. I 2001 S. 2144) ist ein vorweggenommener und unselbständiger Teil des Endurteils. Anders als ein echtes Grundurteil (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGG) beendet es den Rechtsstreit nicht in vollem Umfang. Ein Zwischenurteil nach § 130 Abs. 2 SGG, das die Berufung für zulässig erklärt, kann daher nicht selbständig, sondern nur mit dem Endurteil angefochten werden (BSG, Beschluss v. 19.9.2007, B 9/9a SB 49/06 B, SozR 4-1500 § 130 Nr. 2; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 130 Rn. 65; a. A. mit guten Argumenten LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 9.12.2003, L 13 VG 21/02, juris; Urteil v. 5.4.2006, L 26 SB 27/05, juris). Sozialgerichtliche Leistungsurteile ergehen in aller Regel als Grundurteil, aus welchem nicht entsprechend der ZPO (§ 198 Abs. 1 SGG i. V. m. § 882a ZPO – z. B. durch Gerichtsvollzieher) vollstreckt werden kann. Vielmehr kann insoweit – wenn überhaupt – allenfalls ein Beschluss entsprechend § 201 Abs. 1 SGG erwirkt werden (so BayLSG, Urteil v. 9.12.1974, AmtlMitt LVA Rheinprovinz 1975 S. 178; a. A.: keine Vollstreckungsmöglichkeit: Heilemann, SGb 1994, 636, 637 m. w. N.), also eine weitere gerichtliche Entscheidung, durch die unter Androhung eines Zwangsgeldes die Verwaltung zum Erlass eines Bewilligungsbescheids angehalten wird (BSG, Urteil v. 22.3.1995, 10 RKg 10/89, SozR 3-1300 § 45 Nr. 24).

 

Rz. 2

Die Berufung ist ferner statthaft gegen Gerichtsbescheide (§ 105 Abs. 2 Satz 1 SGG) und Ergänzungsurteile (§ 140 SGG).

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