Rz. 13

Der Antrag muss binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift (§ 90) gestellt werden. Eine Belehrung über diese Frist, die als gesetzliche Frist nicht verlängert werden kann, ist nicht erforderlich (vgl. OVG Weimar, Beschluss v. 28.2.2001, 1 VO 931/00). Die mangelnde Kenntnis von der Notwendigkeit eines fristgerechten Antrags ist kein Wiedereinsetzungsgrund (vgl.BVerwG, Beschluss v. 28.6.1993, 7 B 143.92; BVerwG, Beschluss v. 14.9.1998, 8 B 154.98). Ansonsten ist aber Wiedereinsetzung unter den Voraussetzungen des § 67 möglich. Wenn die Urteilsergänzung die vorherige Berichtigung des Tatbestands voraussetzt (s. o.), beginnt nach h. M. die Frist für den Antrag nach § 140 erst mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses (vgl. BGH, NJW 1982 S. 1821; Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 140 Rn. 3; Stein/Jonas/Leipold, § 321 Rn. 13; Kopp/Schenke, § 120 Rn. 6; nach Eyermann/Rennert, § 120 Rn. 5 wird der Fristablauf unterbrochen; a. A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 321 Rn. 7: keine Unterbrechung). Der Antrag ist nur zulässig, wenn ein nicht erledigter Teil des Verfahrens so konkret aufgezeigt wird, dass die Möglichkeit der verlangten Ergänzung in Betracht gezogen werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss v. 9.3.2011, 3 C 14/11 u. a.).

 

Rz. 14

Wird innerhalb der Frist kein Ergänzungsantrag hinsichtlich des übergangenen Anspruchs gestellt, so entfällt insoweit die Rechtshängigkeit (vgl. BSG, SozR 4100 § 36 Nr. 4; BVerwGE 81 S. 12, 14; BVerwG, NVwZ 1994 S. 1117; BVerwG, Buchholz 427.3 § 249 LAG Nr. 35; BGH, NJW 1991 S. 1684). Der übergangene Anspruch kann dann i. d. R. nur in einem neuen Klageverfahren geltend gemacht werden. Ein vom Sozialgericht übergangener Anspruch könnte im Berufungsverfahren nur durch Klageerweiterung oder Klageänderung (§ 99) neu gestellt werden (zum sog. Heraufholen von Prozessresten mit dem Einverständnis aller Beteiligten vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 140 Rn. 2a m. w. N.). Diese Möglichkeit wird aber nur für die Leistungsklage uneingeschränkt bestehen, denn im Falle einer Anfechtungsklage dürfte der zugrundeliegende Verwaltungsakt rechtsbeständig geworden sein (str.; vgl. VGH BW, Urteil v. 16.3.1994, 6 S 1336/92; Redeker/von Oertzen, § 120 Rn. 4 mit Hinweis auf BVerwG, Buchholz 424. Nr. 1; Zeihe, SGb 1999 S. 290; a. A. möglicherweise "im anhängigen Rechtsstreit nur nach den Grundsätzen über die Klageänderung" Kopp/Schenke, § 120 Rn. 6; vgl. für den Fall eines übergangenen Feststellungsanspruchs, § 43 VwGO, auch VGH Mannheim, Urteil v. 18.10.1993, 8 S 1739/93, NVwZ-RR 1994 S. 473).

 

Rz. 15

Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn § 96 Abs. 1 nicht beachtet worden ist (vgl. BSG, Breithaupt 1978 S. 864, 869 f.; BSG, SozR 4100 § 136 Nr. 4; Peters/Sautter/Wolff, § 140 Rn. 9). Unter dem Hinweis, dass in BSG, SozR 4100 § 136 Nr. 4 und BSG, Breithaupt 1978 S. 864, 869 die Einbeziehung in ein laufendes Gerichtsverfahren nicht mehr möglich gewesen sei, weil das betreffende Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen gewesen sei bzw. der Einbeziehung das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren entgegengestanden habe, kommt das BSG in Abgrenzung zu den vorgenannten Entscheidungen in jüngeren Urteilen zu dem Ergebnis, dass dann, wenn das Sozialgericht über einen gemäß § 96 zum Gegenstand seines Verfahrens gewordenen Verwaltungsakt nicht entschieden hat, die unterbliebene Urteilsergänzung gemäß § 140 nicht eine Entscheidung des Berufungsgerichts über diesen Verwaltungsakt hindere, wenn dies dem Willen der Beteiligten entspreche (vgl. BSG, SozR 3-1500 § 96 Nr. 9, Anschluss an BSGE 27 S. 146; BSGE 45 S. 49). Dem ist die Literatur weitgehend gefolgt (vgl. z. B. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 140 Rn. 2a m. w. N.). Zeihe widerspricht dem mit ausführlicher Begründung: Das BSG stütze sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des BGH zum Teilurteil; wenn nämlich das Gericht einen nach § 96 zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid unbeachtet lasse, weil ihm der Bescheid nicht bekannt ist, handele es sich nicht um ein Teilurteil. Der Bescheid nach § 96 sei, wenn nicht rechtzeitig die Urteilsergänzung nach § 140 beantragt worden ist, bindend geworden. Soweit das BSG meine (BSG, SozR 4100 § 133 Nr. 5 S. 28), die Rechtshängigkeit erlösche nur dann, wenn die Einbeziehung in ein laufendes Gerichtsverfahren nicht mehr möglich sei, weiche das BSG auch von der ständigen Rechtsprechung des BVerwG ab. Nach Zeihe ist deshalb nur dann, wenn es sich bei dem übergangenen Antrag um ein (reines) Leistungs- oder um ein Vornahme- oder Feststellungsbegehren handelt, eine Klageänderung unter den Voraussetzungen des § 153 Abs. 1 i. V. m. § 99 möglich (vgl. Zeihe, SGb 1999 S. 290 ff.). Wegen der Ergänzung bei versehentlicher Nichteinbeziehung eines Änderungsbescheides durch das Revisionsgericht s. a. BFH, Urteil v. 12.1.2011, II ZR 37/09).

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