Rz. 8

Über den Antrag auf Tatbestandsberichtigung entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist gemäß § 124 Abs. 3 freigestellt, aber unüblich (eine mündliche Verhandlung war im zivilgerichtlichen Verfahren bis 31.8.2004 obligatorisch, nach § 320 Abs. 3 ZPO in der Fassung des 1. Justizmodernisierungsgesetzes v. 24.8.2004 (BGBl. I S. 2198) ist über den Antrag mündlich zu verhandeln, wenn ein Beteiligter dies verlangt). Der Beschluss kann nur von den Richtern gefasst werden, die bei dem Urteil, dessen Tatbestand zu ändern beantragt ist, mitgewirkt haben (Abs. 2 Satz 3). Eine Vertretung einzelner Richter ist ebenso wie eine Beweisaufnahme ausgeschlossen (Abs. 2 Satz 2). Maßgeblich ist nämlich (neben der Niederschrift) allein die Erinnerung der Richter. Können sich die Richter, die an dem Urteil mitgewirkt haben, an die im Urteil wiedergegebene Aussage eines Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht mehr erinnern, lässt sich die Unrichtigkeit der darüber in das Urteil aufgenommenen Aussage nicht feststellen, der Antrag auf Tatbestandsberichtigung ist in diesem Falle unbegründet (vgl. BGH, Beschluss v. 22.2.1990, IX ZR 257/88). Bei Verhinderung eines Richters entscheidet der Spruchkörper in der verbleibenden, reduzierten Besetzung (vgl. BFH, Beschluss v. 8.5.2003, IV R 63/99; LSG Saarland, Beschluss v. 15.6.2005, L 6 AL 12/04; Stein/Jonas/Leipold, § 320 Rn. 13). Wann ein Richter verhindert ist, an einer Entscheidung über einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung teilzunehmen, ist im Gesetz nicht geregelt (zur Frage der Verhinderung infolge der Versetzung des Richters BFH, Beschluss v. 8.5.2003, IV R 63/99). Ein richterliches Mitglied des Spruchkörpers, welcher das im Tatbestand zu berichtigende Urteil erlassen hat, ist nicht deshalb an der Mitwirkung bei der Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag verhindert, weil es inzwischen nur noch in einem anderem Spruchkörper desselben Gerichts tätig ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 30.10.2006, 1 W 51/06). Wenn keiner der Richter, die das Urteil erlassen haben, mehr da ist, weil sie dauerhaft verhindert oder mit Erfolg abgelehnt worden sind, ist eine Tatbestandsberichtigung nicht möglich.

 

Rz. 9

Streitig ist, ob die ehrenamtlichen Richter, die an dem Urteil mitgewirkt haben, an dem Beschluss über den Antrag auf Tatbestandsberichtigung beteiligt sind. Die h.M verneint dies jedenfalls dann, wenn über die Berichtigung ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, wobei teilweise die Ansicht vertreten wird, sie seien grundsätzlich nicht an der Tatbestandsberichtigung zu beteiligen, weil sie auch sonst nicht an der Abfassung des schriftlichen Urteils mitwirkten (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 139 Rn. 4 m. w. N.; Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte, § 139 Rn. 12; Peters/Sautter/Wolff, § 139 Rn. 29; LSG Celle, Breithaupt 1972 S. 354; BVerwG, NVwZ 1987 S. 128). Teilweise wird ihre Beteiligung für erforderlich gehalten, wenn aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden wird (vgl. Pawlak, in: Hennig, § 139 Rn. 24; Bolay, in: Lüdtke, § 139 Rn. 5; Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 119 Rn. 5; Redeker/von Oertzen, § 119 Rn. 4; Kopp/Schenke, § 119 Rn. 4; ), nach anderer Ansicht ist sie stets erforderlich (vgl. Zeihe, § 139 Rn. 7), weil sich aus § 139 Abs. 2 Satz 3 und dem engen Zusammenhang zu § 138 ergebe, dass Gericht i. S. d. § 139 Abs. 2 das vollständig besetzte Gericht sei. Bedenken dagegen, die ehrenamtlichen Richter bei der Willensbildung auszuschließen, sieht auch Kilian (in: Sodan/Ziekow, § 119 Rn. 19 f.). Er hält die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter aber mit der Intention des Tatbestandberichtigungsverfahrens, eine schnelle, unkomplizierte Berichtigung von Unrichtigkeiten herbeizuführen, für unvereinbar. Die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter sei auch nur für die mündliche Verhandlung und die Urteilsfindung vorgeschrieben, zu der die Tatbestandsberichtigung nicht rechne.

Der Berichtigungsbeschluss, der nach h. M. auch nach der Neufassung des § 142 Abs. 2 nicht begründet werden muss (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 139 Rn. 4; Kilian, in: Sodan/Ziekow, § 119 Rn. 20; a. A. für § 320 ZPO Stein/Jonas/Leipold, § 320 Rn. 16), weil der Antrag nach § 139 kein ordentlicher Rechtsbehelf ist (eine Begründung ist bei den Antrag als unzulässig abweisenden Beschlüssen im Hinblick auf die Erläuterungen zu Rn. 10 empfehlenswert), enthält keine Kostenentscheidung, weil das Berichtigungsverfahren kostenrechtlich kein selbständiges Verfahren ist (vgl. FG Hamburg, Beschluss v. 1.4.1996, II 44/93). Die Berichtigung eines Tatbestands hat auf den Beginn und den Lauf der Rechtsmittelfrist gegen das Urteil im Grundsatz keinen Einfluss. Es gilt insoweit – auch wegen der Ausnahmen (vgl. dazu ausführlich Kommentierung zu § 118) – dasselbe wie bei der Berichtigung eines Urteils nach § 138 (st. Rspr. vgl. BGH, Beschluss v. 12.2.2004, V Z...

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