1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift bestimmt die Besetzung der Kammern bei den Sozialgerichten hinsichtlich der Anzahl der mitwirkenden Berufs- und ehrenamtlichen Richter sowie der Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter in den jeweiligen Fachkammern. Sie wurde durch das Gesetz zur Änderung der Bezeichnungen der Richter und ehrenamtlichen Richter und der Präsidialverfassung v. 26.5.1972 (BGBl. I S. 841), durch das Psychotherapeutengesetz v. 16.6.1998 (BGBl. I S. 1311) sowie durch das 6. SGGÄndG v. 17.8.2001 (BGBl. I S. 2144) modifiziert. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um redaktionelle Änderungen. Inhaltlich erfolgte die Einbeziehung der Psychotherapeuten bei den Kammern für Vertragsarztrecht und der Versicherten bei Kammern für soziales Entschädigungsrecht und Schwerbehindertenrecht. Durch das 7. SGGÄndG v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3302) ist mit Wirkung v. 15.12.2004 Abs. 5 angefügt worden. Absatz 1 und Abs. 5 Satz 1 sind durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes v. 26.3.2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom v. 1.4.2008 geändert worden. Abs. 2 Satz 1 ist durch das Gesetz zur Neuordnung der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze v. 19.10.2013 (BGBl. I S. 3836) mit Wirkung zum 25.10.2013 geändert worden; Abs. 5 S. 1 ist aufgehoben worden. Durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) ist Abs. 5 mit Wirkung zum 1.1.2020 redaktionell im Hinblick auf die Änderung des SGB IX angepasst worden. Das Siebte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 12.6.2020 (BGBl. I S. 1248) hat Abs. 3 mit Wirkung zum 1.7.2020 ergänzt.

2 Rechtspraxis

2.1 Kammerbesetzung

 

Rz. 2

Die Besetzung der Kammern bei den Sozialgerichten beruht auch auf historischen Begebenheiten. Die (Ober-)Versicherungsämter waren bereits vergleichbar besetzt. Sie entspricht der Besetzung auch der Richterbank bei den Arbeitsgerichten (§ 16 Abs. 2 ArbGG). Die Verwaltungs- und Finanzgerichte entscheiden hingegen mit 3 Berufsrichtern und 2 ehrenamtlichen Richtern. Der Kammervorsitzende muss Berufsrichter sein und als solcher die Voraussetzungen gemäß § 5 DRiG erfüllen. Die ehrenamtlichen Richter, die gemäß §§ 13, 14 berufen werden, müssen die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 16 erfüllen; weiter dürfen Ausschließungsgründe nach § 17 nicht entgegenstehen. Das zahlenmäßige Übergewicht der ehrenamtlichen Richter bei den Sozialgerichtskammern ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss v. 17.12.1969, 2 BvR 271, 342/68). Entscheidend ist dabei auch, dass die nach Landesrecht zuständige Stelle die nach §§ 13, 14 vorgeschlagenen ehrenamtlichen Richter allein auswählt und somit das Recht zur Berufung in das Amt des ehrenamtlichen Richters allein staatlichen Organen obliegt.

 

Rz. 3

Durch § 12 Abs. 1 Satz 2, der durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege v. 11.1.1993 (BGBl. I S. 50) eingefügt worden ist, ist bestimmt worden, dass die ehrenamtlichen Richter bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Entscheidungen durch Gerichtsbescheide nicht mitwirken. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sie bei allen Entscheidungen aufgrund mündlicher Verhandlung mitwirken und dass die ehrenamtlichen Richter bei allen Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mitwirken dürfen. Hinsichtlich der Mitwirkung bei Beschlüssen hat diese Gesetzesänderung nur klarstellenden Charakter, da sie der vorherigen Rechtslage entspricht; für die Entscheidungen durch Gerichtsbescheid war sie jedoch konstitutiv, weil § 105 Abs. 1 Satz 3 auf die Vorschriften über Urteile verweist. Eine Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter bestimmt auch § 153 Abs. 5 bei der Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter. Bei einem Vorlagebeschluss an das BVerfG sowie bei der nachträglichen Zulassung der Sprungrevision wirken die ehrenamtlichen Richter mit (BSG, Urteil v. 27.6.2018, B 6 KA 46/17 R).

 

Rz. 3a

Bei Kostenentscheidungenallein durch den Kammervorsitzenden handelt es sich nicht um Einzelrichterentscheidungen i. S. v. § 66 Abs. 6 GKG, sodass über die Beschwerde eigentlich das LSG nicht durch den Einzelrichter, sondern durch den Senat zu entscheiden hätte. Wie sich nämlich aus §§ 348, 348a ZPO ergibt, setzt der Begriff des Einzelrichters die Zugehörigkeit zu einem Spruchkörper mit mehreren Berufsrichtern voraus. Aus diesem Grunde ist auch die Sonderregelung in § 349 ZPO hinsichtlich des Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen erforderlich. Durch die Ergänzung von § 1 GKG um Abs. 5 durch das 2. KostRModG zum 1.8.2013 hat sich jedoch die Zuständigkeit geändert. Denn in § 1 Abs. 5 GKG wird nun geregelt, dass die Vorschriften des GKG über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vorgehen. Das bedeutet, dass der Einzelrichter in den kostenrechtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren auc...

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