Rz. 10

§ 109 Abs. 1 Satz 2 gibt dem Gericht die Möglichkeit, für das einzuholende Gutachten vom Antragsteller einen Kostenvorschuss zu verlangen. Die Entscheidung hierüber steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Abzulehnen ist die Auffassung, ein Kostenvorschuss sei regelmäßig anzufordern, wenn das Gericht keinen Anlass sieht, nach § 103 ein Gutachten einzuholen (so bis zur 7. Aufl. Meyer-Ladewig, § 109 Rn. 13). Diese Auffassung wird der Stellung des § 109 im sozialgerichtlichen Verfahren nicht gerecht. Das Gericht ist immer verpflichtet, den Sachverhalt so weit zu ermitteln, dass es die Streitsache ohne ein Gutachten nach § 109 entscheiden könnte. Die Frage, ob ein Kostenvorschuss angefordert werden soll oder nicht, ist ein Problem allein des § 109 und von der Frage der Amtsermittlung zu trennen. Der Gesetzgeber hat sich gerade prinzipiell für den § 109 als echte Ausnahmevorschrift zu § 103 entschieden. Diese Grundentscheidung würde nivelliert, würde man die Frage der Amtsermittlung bei der Ermessensentscheidung über den Kostenvorschuss doch eine Rolle spielen lassen.

Nicht zu beanstanden sein wird es im Ergebnis indessen, wenn das Gericht innerhalb der Ermessensabwägung berücksichtigt, dass die Kosten medizinischer Sachverständigengutachten mittlerweile sehr hoch geworden sind, insbesondere auch in Relation zu den übrigen Verfahrenskosten. Wenn nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine andere Gewichtung begründen, ist es daher nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen, wenn dieser Umstand den Richter veranlasst, den Kostenvorschuss anzufordern.

 

Rz. 11

Im Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann ebenfalls ein Kostenvorschuss nach § 109 Abs. 1 Satz 2 angefordert werden (§ 73a Abs. 3). Das BSG folgert aus § 73a Abs. 3 darüber hinaus zu Recht, dass der betreffende Beteiligte auch keinen Anspruch auf Zahlung von Sozialhilfe zur Leistung des Vorschusses hat (BSG, Beschluss v. 26.8.1998, B 9 VS 7/98 B, juris). § 73a Abs. 3 stellt insoweit eine sich auf das Sozialhilferecht erstreckende abschließende Regelung dar. Es ist zulässig, von solch einem Beteiligten den Kostenvorschuss anzufordern (BSG, Beschluss v. 26.8.1998, B 9 VS 7/98 B, a. a. O.).

 

Rz. 12

Die Höhe des Kostenvorschusses ist dem Antragsteller auf dessen Antrag hin verbunden mit dem maßgeblichen Einzahlungskonto zu nennen. Unangemessen ist es, die Höhe des Kostenvorschusses zu einem Zeitpunkt zu beziffern, da der Antrag noch gar nicht gestellt, der zu hörende Arzt noch gar nicht benannt ist, denn die Höhe der zu erwartenden Kosten kann gerade auch von dem benannten Arzt oder zumindest dessen Fachrichtung abhängig sein. Angemessen ist es allenfalls, bei einer allgemeinen Belehrung über das Antragsrecht nach § 109, nach Erfahrungswerten den Kostenrahmen, ggf. alternativ nach Fachgebieten, zu nennen.

Ist der Arzt benannt, muss der Vorschuss sich an den konkret zu erwartenden Kosten orientieren. Zulässig ist es, um neuerliche Korrespondenz, Rückfragen des Arztes und eventuelle Nachforderungen zu vermeiden, den Vorschuss geringfügig über den zu erwartenden Kosten zu bemessen. Untersagt ist es, den Vorschuss ohne Anhaltspunkte derart hoch zu veranschlagen, dass der Antragsteller allein aus diesem Grund geneigt sein kann, den Antrag zurückzunehmen. Zeigt der zu hörende Arzt an, dass er mit dem Vorschuss nicht auskommen wird, ist es zulässig, diese Kosten beim Antragsteller nachzufordern. Angesichts der unerwartet hohen Kosten kann dieser selbstverständlich den Antrag nunmehr zurückzunehmen.

 

Rz. 13

Für die Einzahlung des Kostenvorschusses kann das Gericht eine Frist bestimmen. Ist die Frist angemessen und unterbleibt die Zahlung dennoch, wird das Gericht entsprechend § 109 Abs. 2 vorgehen und den Antragsteller um Darlegung der Gründe ersuchen, aus denen die Zahlung unterblieben ist. Wenn die Begründung nicht überzeugend erscheint, wird das Gericht die Anhörung des Arztes unterlassen (vgl. LSG BW, Urteil v. 28.11.2005, L 1 U 719/05, HVBG-INFO 2006 S. 419 ff.). Der Antrag wird dadurch indessen nicht hinfällig, was zur Folge hat, dass das Gericht innerhalb des Urteils – endgültig – über die Anhörung entscheiden muss (BSG, Urteil v. 26.8.1998, B 9 VS 7/98 B, juris).

Nimmt das Gericht die rechtzeitige Zahlung des Kostenvorschusses nicht zur Kenntnis, so ist darin ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör i. S. d. Art. 103 Abs. 1 GG, § 62 SGG zu sehen, der zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz führen kann (BSG, Urteil v. 24.3.1998, B 2 U 38/97 R, HVBG-INFO 1998 S. 3155 ff.).

 

Rz. 14

Der Antragsteller trägt die mit dem Vorschuss geleisteten Kosten endgültig nur vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts. Er hat ein entsprechendes Antragsrecht. Der Antrag unterliegt keiner Frist (LSG Hessen, Beschluss v. 29.9.2005, L 5 B 148/05 R, juris). Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

Die Kosten eines nach § 109 eingeholten Gutachtens sind dann von der Landeskasse zu übernehmen, wenn das Gutachten zusätzliche, für die Sach...

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