0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 274a in der bis zum 30.9.2005 geltenden Fassung ist gemäß Art. 85 Abs. 1 RRG 1992 (BGBl. I S. 2261) mit Wirkung zum 1.1.1992 in Kraft getreten. Die Vorschrift regelte ursprünglich die Zuständigkeit für selbständig Tätige im Beitrittsgebiet.

Durch Art. 1 Nr. 58 des RVOrgG v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3242) wurde § 274a a. F. aufgehoben.

Eine Neufassung der Vorschrift erfolgte durch Art. 9 Nr. 5, Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung und zur Änderung weiterer Gesetze (Kohleausstiegsgesetz) v. 8.8.2020 (BGBl. I S. 1818) mit Wirkung zum 14.8.2020. Sie enthält nunmehr Regelungen zur Verarbeitung von Sozialdaten im Zusammenhang mit dem Anpassungsgeld nach § 57 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Traditionell ist das Anpassungsgeld mit Wirkung zum 1.1.1972 als Überbrückungshilfe des Bundes zur wirtschaftlichen Absicherung von Bergleuten eingeführt worden, wenn diese aufgrund von Stilllegungs- oder Rationalisierungsmaßnahmen ihren Arbeitsplatz im deutschen Steinkohlenbergbau verloren und weder einen Rentenanspruch (Altersrente i. S. v. §§ 35 bis 38, 40, 235 bis 238 oder Rente wegen voller Erwerbsminderung i. S. v. § 43 Abs. 2) noch einen Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung i. S. v. § 239[1]) hatten (vgl. auch Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an entlassene Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus v. 13.12.1971, zuletzt geändert am 12.12.2008).

Nach § 57 Abs. 1 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes v. 8.8.2020 (BGBl. I S. 1818), der mit Wirkung zum 14.8.2020 in Kraft getreten ist (Art. 1, Art. 11 Abs. 1 des Kohleausstiegsgesetzes), haben nunmehr auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Braunkohleanlagen und -tagebauen sowie von Steinkohleanlagen Anspruch auf Anpassungsgeld, wenn sie mindestens 58 Jahre alt sind und ihren Arbeitsplatz aufgrund der schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung verloren haben. Der Anspruch besteht vom Tag nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses für längstens 5 Jahre und dient als Überbrückungshilfe bis zur Anspruchsberechtigung auf eine Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Berechnung der Höhe des Anpassungsgeldes ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See auf Antrag des Versicherten zuständig (§ 274a Abs. 1 Satz 1).

§ 274a enthält Regelungen zur Verarbeitung von Sozialdaten, die im Zusammenhang mit dem Anpassungsgeld nach § 57 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes stehen.

[1] Bis zum 31.12.1991 galten die entsprechenden Rechtsvorschriften des Reichsknappschaftsgesetzes (§§ 47, 48, 98a RKG).

2 Rechtspraxis

2.1 Anpassungsgeld nach dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz

 

Rz. 3

Zur sozialverträglichen schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung kann aus Mitteln des Bundeshaushalts Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Braunkohleanlagen und -tagebauen sowie der Steinkohleanlagen, die 58 Jahre alt sind und

  • aus Anlass eines Zuschlags nach § 21 Abs. 1 i. V. m. § 51 Kohleverstromungbeendigungsgesetz,
  • aufgrund einer Anordnung der gesetzlichen Reduzierung nach § 35 Abs. 1 i. V. m. § 51 Kohleverstromungbeendigungsgesetz,
  • aufgrund einer Stilllegung gemäß Teil 5 i. V. m. der Anlage 2 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes,
  • durch öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 49 Kohleverstromungsbeendigungsgesetz

bis zum 31.12.2043 ihren Arbeitsplatz verlieren, vom Tag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für längstens 5 Jahre Anpassungsgeld als Überbrückungshilfe bis zu einem Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 35 bis 38, 40, 235 bis 236b, 238) gewährt werden (§ 57 Abs. 1 Kohleverstromungsbeendigungsgesetz).

Näheres zur Bewilligung des Anpassungsgeldes bestimmt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Richtlinien (§ 57 Abs. 3 Kohleverstromungsbeendigungsgesetz).

2.2 Auskunftserteilung durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See

 

Rz. 4

Gemäß § 274a Abs. 1 Satz 1 hat die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See auf Antrag von Versicherten den für die Gewährung von Anpassungsgeld gemäß § 57 Abs. 1 und 3 Kohleverstromungsbeendigungsgesetz maßgebenden Rentenbetrag sowie den frühestmöglichen Zeitpunkt des Anpassungsgeldbezuges zu bestimmen. Dabei ergibt sich der maßgebende Rentenbetrag aus dem Umfang der vom Versicherten bis zum mutmaßlichen Beginn des Anpassungsgeldbezuges zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten (§ 54 Abs. 1). Der frühestmögliche Zeitpunkt des Anpassungsgeldbezuges orientiert sich zum einen an der bisherigen Versicherungsbiografie und zum anderen am Lebensalter des jeweiligen Versicherten, da spätestens nach einer 5-jährigen Anpassungsgeldbezugszeit ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 35 bis 38, 40, 235 bis 236b, 238) bestehen muss.

Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See hat die Ergebnisse ihrer Prüfung zu § 274a Abs. 1 Satz 1 dem Versicherten und – mit Zustimmung des Versicherten – auch dessen Arbeitgeber zu übermitteln und Auskunft darüber zu erteilen, ob im unmittelbaren Anschluss an den Bezug vo...

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