2.1 Keine Berücksichtigung von Zeiten nach dem 31.12.1991

 

Rz. 7

Nach Abs. 1 der Vorschrift kommt die Anerkennung von Ersatzzeiten als rentenrechtliche Zeiten nur in Betracht, soweit ein Ersatzzeitentatbestand vor dem 1.1.1992 zurückgelegt worden ist.

Die in Abs. 1 Nr. 1 bis 6 aufgeführten Ersatzzeitentatbestände stehen in ursächlichem Zusammenhang zu den beiden Weltkriegen sowie zu Wehrdienstzeiten und vergleichbare Zeiten, die zwischen den beiden Weltkriegen geleistet worden sind. Wegen Zeitablaufs sollen entsprechend der Zielsetzung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2094) auch Ersatzzeiten in Zukunft nicht mehr als rentenrechtliche Zeit anerkannt werden.

Für Zeiten nach dem 31.12.1991 können deshalb nach dem Wortlaut des Abs. 1 Ersatzzeiten nicht mehr entstehen. Bei der Prüfung, ob es sich um eine Ersatzzeit vor dem 1.1.1992 handelt, kommt es allein darauf an, in welcher Zeit die Ersatzzeit tatsächlich zurückgelegt wurde und nicht etwa darauf, ab wann die Ersatzzeit anerkennungsfähig geworden ist.

Die zeitliche Einschränkung für die Berücksichtigung von Ersatzzeiten gilt nicht nur für die jeweilige Primär-Ersatzzeit, sondern ggf. auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder der unverschuldeten Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine originäre Ersatzzeit (sog. Anschluss-Ersatzzeiten). Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder einer unverschuldeten Arbeitslosigkeit, die sich an die Beendigung eines Gewahrsams i.S.v. § 1 HHG anschließen (= Ersatzzeitentatbestand nach Abs. 1 Nr. 5), ist jedoch § 21 FRG zu beachten, der bestimmt, dass für die Zeit ab 1.1.1992 ggf. eine Anerkennung als beitragsfreie Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz Nr. 1 oder Nr. 3 in Betracht kommt.

Eine pauschale Ersatzzeit für die Zeit vom 1.1.1945 bis zum 31.12.1946 nach Abs. 1 Nr. 6 kann selbst dann als rentenrechtliche Zeit anerkannt werden, wenn die originäre Ersatzzeit erst nach dem 31.12.1991 zurückgelegt worden ist und somit selbst nicht als Ersatzzeit vorzumerken ist.

 
Praxis-Beispiel
 
Geburtstag des Versicherten 10.7.1931
Aussiedlung 17.4.1992
Der Versicherte ist im Besitz des Vertriebenenausweises A.  
Eintritt in die Versicherung 1.4.1950

Lösung:

 
Vollendung des 14. Lebensjahres 9.7.1945

Die zeitlich nach Vollendung des 14. Lebensjahres des Versicherten liegende pauschale Ersatzzeit vom 10.7.1945 bis zum 31.12.1946 ist nach Abs. 1 Nr. 6 als Ersatzzeit anzuerkennen, weil sie vor dem 1.1.1992 liegt. Die dazu gehörende Primär-Ersatzzeit (d.h. der Tag der Aussiedlung am 17.4.1992) ist nicht als Ersatzzeit zu berücksichtigen, weil sie zeitlich nach dem 31.12.1991 zurückgelegt worden ist.

2.2 Keine Versicherungspflicht während der Ersatzzeit

 

Rz. 8

Nach dem Wortlaut des Abs. 1 der Vorschrift ist die Anerkennung von Ersatzzeiten ausgeschlossen, wenn während eines Ersatzzeitentatbestands Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hatte. Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass Versicherte, die tatsächlich keine Beitragsverluste aufgrund des Ersatzzeitentatbestands hinnehmen mussten, durch die Berücksichtigung von Ersatzzeiten als rentenrechtliche Zeit zusätzlich begünstigt werden. Von dieser Ausschlussregelung sind z.B. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes während des Zweiten Weltkriegs betroffen, denen nach einem Erlass des Reichsarbeitsministers v. 13.11.1939 (AN 1939 S. 517) während des Kriegsdienstes ihre Friedensbezüge weiterhin gezahlt worden sind. Außerdem zählen auch Berufssoldaten, für die eine echte oder fiktive Nachversicherung durchgeführt worden ist, zum ausgeschlossenen Personenkreis. Soweit allerdings ein Ersatzzeitentatbestand und eine Pflichtbeitragszeit in einem Kalendermonat aufeinander folgen, sind beide Zeiten als rentenrechtliche Zeiten anzuerkennen, so dass eine beitragsgeminderte Zeit i.S.d. § 54 Abs. 3 Satz 1 vorliegt.

Freiwillige Beiträge stehen der Anerkennung von zeitgleichen Ersatzzeiten ebenfalls nicht entgegen; auch diese Kalendermonate sind als beitragsgeminderte Zeiten i.S.d. § 54 Abs. 3 Satz 1 vorzumerken.

 

Rz. 9

Durch das Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeitengesetz v. 11.7.1985 (BGBl. I S. 1450) wurden mit Wirkung zum 1.1.1986 Kindererziehungszeiten eingeführt. Hierbei galten Kindererziehungszeiten vor dem 1.1.1986 als "Versicherungszeiten eigener Art" (§ 1251 RVO, § 28a AVG, § 51a RKG); die nach dem 31.12.1985 zurückgelegten Kindererziehungszeiten waren dagegen auch schon in dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht als Pflichtbeitragszeiten anzuerkennen (§ 1227a RVO, § 2a AVG, § 29a RKG). Diese unterschiedliche Beurteilung von Kindererziehungszeiten wurde mit dem Inkrafttreten des SGB VI am 1.1.1992 aufgegeben; seitdem gelten Kindererziehungszeiten unabhängig von ihrer zeitlichen Lage generell als Pflichtbeitragszeiten.

Bei der Beurteilung, ob während einer Ersatzzeit Versicherungspflicht vorgelegen hatte, ist beim Zusammentreffen einer Ersatzzeit mit Kindererziehungszeiten allerdings weiterhin zu unterscheiden, wann die Kindererziehungszeit zurückgelegt worden ist. Kindererziehungszeiten, die zeitlich vor dem 1.1.1986 liegen und für die mit Wirkung vom 1.1...

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