2.1 Begriffliche Voraussetzungen (Abs. 1)

 

Rz. 2

Sollte die Regelung ursprünglich nur das Nähere zum Begriff der Arbeitnehmervereinigung regeln, nichts aber zum Begriff der in § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 vorrangig genannten Gewerkschaft, so ergab sich im Verlauf der Ausschussberatungen, beides miteinander zu verknüpfen (Ausschussempfehlung zum Entwurf des Wahlverbesserungsgesetzes 1984, BT-Drs. 10/1658 S. 321). Die in § 48a gefundene Lösung gilt für alle Arbeitnehmervereinigungen (also auch die Gewerkschaften) und setzt voraus, dass eine Arbeitnehmervereinigung

  • entweder in arbeitsrechtlicher Hinsicht die Voraussetzungen einer Gewerkschaft erfüllen oder aber
  • bestimmte Nachhaltigkeitskriterien aufweisen muss.

Der Begriff der Arbeitnehmervereinigung ist dabei der Oberbegriff, der Gewerkschaften und "sonstige Arbeitnehmervereinigungen" umfasst.

 

Rz. 3

Arbeitsrechtlich ist für eine Gewerkschaft wesentlich, dass Tariffähigkeit, nicht dagegen, dass Bereitschaft zum Arbeitskampf besteht (vgl. Becher, Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, Anm. zu § 48a). Für eine Gewerkschaft dürften im Übrigen die in Satz 1 für eine Arbeitnehmervereinigung alternativ geforderten Merkmale von Natur aus gegeben sein (Freund, in: Hauck/Noftz, SGB IV, Anm. 4 zu § 48a m. w. N.). Weitere Ausführungen zum Begriff der Gewerkschaft enthält § 11 ArbGG.

 

Rz. 4

Wesentlich für eine Arbeitnehmervereinigung ist die sozial- oder berufspolitische Zwecksetzung, die sich nicht nur allein aus der Satzung ergeben darf, sondern auch durch die Organisationsstruktur und erkennbare praktische Aktivitäten belegbar sein muss (vgl. BSG, Urteil v. 14.6.1984, SGb 1985 S. 114). Die Vorschrift nennt im Übrigen eine Reihe von Kriterien, die Anhaltspunkte für Dauer und Ernsthaftigkeit der sozial- oder berufspolitischen Zwecksetzung bieten. Die Aufzählung ist nicht abschließend, sondern beispielhaft ("insbesondere"). Die u. a. als Kriterium erwähnte Anzahl der beitragszahlenden Mitglieder wird in Abs. 4 konkretisiert. Daneben sind Kriterien wie die räumliche Verbreitung und die finanzielle Unabhängigkeit zu berücksichtigen.

2.2 Namensgebung der Vereinigung (Abs. 2)

 

Rz. 5

Der Name einer Arbeitnehmervereinigung, der sich aus der Satzung ergibt, darf nicht irreführend sein (Satz 1). Er muss als solcher mit der Bezeichnung auf der Vorschlagsliste übereinstimmen. Sofern der Name auf eine bestimmte Personengruppe hinweist, muss insbesondere ein maßgebender Einfluss dieser Gruppe in der Vereinigung gewährleistet sein (Satz 2). Das schließt zwar nicht aus, dass auch andere Personen Mitglieder sind (z. B. Selbständige, Hausfrauen, etc.), jedoch müssen die Arbeitnehmer den wesentliche Einfluss haben. Auf der anderen Seite hat sich das im früheren Recht des bis 30.6.1977 geltenden Selbstverwaltungsgesetzes enthaltene Verbot, im Namen der Vereinigung auf bestimmte Versicherungsträger hinzuweisen, nicht als verfassungskonform erwiesen (vgl. BVerfGE 30 S. 277).

2.3 Bedienstetenvereinigungen (Abs. 3)

 

Rz. 6

Um den Einfluss Bediensteter eines Versicherungsträgers auf seine Kontrollorgane in Grenzen zu halten, sind solche Arbeitnehmervereinigungen nicht vorschlagsberechtigt, denen

  • zu mehr als 25 % Bedienstete angehören oder
  • in deren Vorstand Bedienstete einen Stimmenanteil von mehr als 25 % haben oder
  • in denen Bediensteten in sonstiger Weise ein nicht unerheblicher Einfluss eingeräumt ist.

Denn es widerspricht dem Gedanken der demokratischen Kontrolle, wenn ein zu großer Anteil an Beschäftigten in den Selbstverwaltungsgremien den Versicherungsträger kontrolliert (so unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung BSG, Urteil v. 8.9.2015, B 1 KR 28/14 R). Das bedeutet aber nicht, dass Beschäftigte der Versicherungsträger das aktive oder passive Wahlrecht insoweit aberkannt wird.

2.4 Mitgliederzahl und Beitragsaufkommen (Abs. 4)

 

Rz. 7

Die Anzahl der beitragszahlenden Mitglieder muss im gesamten Jahr, das dem Jahr der Wahlausschreibung vorausgeht, mindestens der Hälfte des nach § 48 Abs. 2 geforderten Unterschriftenquorums entsprechen (Satz 1); das gesamte Beitragsaufkommen muss der Vereinigung eine nachhaltige Vereinstätigkeit und Verfolgung des Vereinszwecks ermöglichen (Satz 2). Danach dürfen die Beitragseinnahmen bestimmte Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit, Verwaltungsaufwand etc nicht unterschreiten. Der Einsatz sonstiger Mittel (z. B. Spenden) für die Arbeit der Vereinigung ist jedoch nicht ausgeschlossen.

2.5 Satzung (Abs. 5)

 

Rz. 8

Schließlich werden an die Satzung der Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestanforderungen gestellt, die denen eingetragener Vereine im Wesentlichen entsprechen.

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