Rz. 42

Die EGVO 883/2004 hat den Charakter einer Koordinierungsregelung (Erwägung (4) der EGVO 883/2004). Die EGVO 883/2004 bestimmt das anwendbare Recht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Sie bezieht sich auf die Rechtsverhältnisses von Personen, die

  • in mehreren Mitgliedstaaten beschäftigt sind bzw. beschäftigt gewesen sind,
  • in einem anderen als dem für sie zuständigen Mitgliedstaat wohnen oder sich dort zeitweise aufhalten.

Das Koordinierungsrecht dient der Mobilität aller Unionsbürger unabhängig von ihrem Erwerbsstatus. Die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit in der Union soll zu keinen Nachteilen führen. Die EGVO 883/2004 bezieht alle wirtschaftlich aktiven und nichtaktiven Personen ein. Die Eigenheiten der nationalen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit werden berücksichtigt. Im Rahmen der Koordinierung wird sichergestellt, dass die betreffenden Personen nach den verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften gleich behandelt werden (Erwägung (5) der EGVO 883/2004). Das Koordinierungsrecht enthält folgende Grundsätze:

  • Verbot der Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit;
  • Erhalt erworbener Anwartschaften;
  • Geldleistungen (insbesondere: Renten) sind grundsätzlich in vollem Umfang in die Mitgliedstaaten zu exportieren;
  • Im Bereich der Krankenversicherung erhalten Versicherte, die sich vorübergehend im nichtzuständigen Staat aufhalten, die Sachleistungen, die sich unter Berücksichtigung der Art der Leistungen und der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer als medizinisch notwendig erweisen.
 

Rz. 43

Die VO ist gegliedert in eine Präambel, bestehend aus 48 Erwägungsgründen, die den Charakter einer Programmbeschreibung haben. Die eigentlichen Regelungen sind in sechs Titel und elf Anhänge gefasst. Die Titel sind: Titel I (Allgemeine Bestimmungen), Titel II (Bestimmung des anwendbaren Rechts), Titel III (Besonderer Bestimmungen über verschiedene Arten von Leistungen), Titel IV (Verwaltungskommission und beratender Ausschuss), Titel V (Verschiedene Bestimmungen) und Titel VI (Übergangs- und Schlussbestimmungen).

Titel I (Art. 1 bis 10) enthält:

  • eine Vielzahl von Definitionen (Titel 1, Art. 1),
  • Bestimmungen zum persönlichen Anwendungsbereich (Titel 1, Art. 2),
  • Bestimmungen sachlichen Anwendungsbereich (Titel 1, Art. 3).

Definiert werden die Begriffe "Beschäftigung" (Art. 1 lit. a), "selbständige Erwerbstätigkeit" (Art. 1 lit. b), "Versicherter" (Art. 1 lit. c), "Beamter" (Art. 1 lit. d), "Sondersystem für Beamte" (Art. 1 lit. e), "Grenzgänger" (Art. 1 lit. f), "Flüchtling" (Art. 1 lit. g), "Staatenloser" (Art. 1 lit. h), "Familienangehöriger" (Art. 1 lit. i), "Wohnort" (Art. 1 lit. j), "Aufenthalt" (Art. 1 lit. k), "Rechtsvorschriften" (Art. 1 lit. l), "zuständige Behörde" (Art. 1 lit. m), "Verwaltungskommission" (Art. 1 lit. n), "Durchführungsverordnung" (Art. 1 lit. o), "Träger" (Art. 1 lit. p), "zuständiger Träger" (Art. 1 lit. q), "Träger des Wohnortes" und "Träger des Aufenthaltsortes" (Art. 1 lit. r), "zuständiger Mitgliedstaat" (Art. 1 lit. s), "Versicherungszeiten" (Art. 1 lit. t), "Beschäftigungszeiten" (Art. 1 lit. u), "Wohnzeiten" (Art. 1 lit. v), "Renten" (Art. 1 lit. w), "Vorruhestandsleistungen" (Art. 1 lit. x), "Sterbegeld" (Art. 1 lit. y) und "Familienleistungen" (Art. 1 lit. z).

Anders als die EWGVO 1408/71 definiert die EGVO 883/2004 die Begriffe "Arbeitnehmer" und "Selbständiger" nicht. Statt dessen wird für die nunmehr verwendeten Worte "Beschäftigter" und "selbständige Erwerbstätigkeit" auf die Gesetze der Mitgliedstaaten verwiesen (Titel 1, Art. 1 lit. a) und lit. b)). Andere in der EWGVO 1408/71 benutzte Begrifflichkeiten wurden gestrafft (z. B. Familienangehörige) oder erstmals beschrieben (Vorruhestandsleistungen).

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