Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Rechtmäßigkeit von Bemessungsgrundlagenbescheiden. Bindung der Vertragsparteien eines Honorarverteilungsvertrages an Vorgaben des Bewertungsausschusses. Rechtmäßigkeit der Ausnahme von Dialyseleistungen von Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie von den Regelleistungsvolumina

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aufgrund des § 85 Abs 4 S 10 SGB 5 kann in einem Vertrag zur Honorarverteilung nicht abweichend vom Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen ein Regelleistungsvolumen für Nephrologen unter Einbeziehung der Dialyseleistungen nach Nr 13600 bis 13621 EBM 2005 vorgesehen werden.

2. Vor dem Hintergrund des dem Bewertungssauschuss zustehenden und von den Gerichten zu beachtenden Gestaltungsspielraums und den aus Art 12 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG abzuleitenden Grundsätzen der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der Leistungsgerechtigkeit der Maßnahmen zur Begrenzung des Leistungsvolumens iS von § 80 Abs 4 S 6 SGB 5 ist es mit höherrangigem Recht vereinbar, dass der Bewertungsausschuss mit dem Beschluss vom 29.10.2004 (aaO) die genannten Dialyseleistungen von den Regelleistungsvolumina ausgenommen hat, weil er dieses Mengen begrenzende Instrument insoweit angesichts der mit Wirkung vom 1.6.2002 vollumfänglich neu geregelten Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten in den Anlagen 9.1 zum BMV-Ä und zum EKV-Ä als nicht erforderlich (und daher als unverhältnismäßig) angesehen hat.

 

Orientierungssatz

1. Der Streit über die Rechtmäßigkeit eines Bemessungsgrundlagenbescheides wird nicht gegenstandslos, wenn die darauf basierenden Honorarbescheide ergangen sind (vgl BSG vom 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 = SozR 3-2500 § 85 Nr 27).

2. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Regelungen des Bewertungsausschusses zur Festlegung von Regelleistungsvolumina ist zu beachten, dass es sich um untergesetzliche Normen eines vom parlamentarischen Gesetzgeber in zulässiger Weise hierzu beauftragten Gremiums der funktionalen Selbstverwaltung handelt (vgl BSG vom 29.8.2007 - B 6 KA 36/06 R). Dem Bewertungsausschuss steht bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe ein von den Gerichten zu beachtender Gestaltungsspielraum zu.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.02.2010; Aktenzeichen B 6 KA 31/08 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 26. September 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits für das Berufungsverfahren zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird endgültig auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berechnungsweise des Honorars für Dialyseleistungen nach Nrn. 13600 bis 13621 EBM 2005 ab dem zweiten Quartal 2005, insbesondere um die Honorierung dieser Leistungen unter Anwendung von Regelleistungsvolumina.

Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie seit Januar 2001 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er hat einen Versorgungsauftrag zur nephrologischen Betreuung mit Dialyse nach der Anlage 9.1 zu den Bundesmantelverträgen. Es bestand und besteht eine Kooperation mit der Stiftung Patienten-Heimversorgung in B-Stadt, die als zugelassener Leistungserbringer nach § 126 Abs. 2 SGB V die Sach- und Dienstleistungen der Dialyse erbringt.

Mit Schreiben vom 24. Mai 2005 beantragte der Kläger für die Quartale ab II/2005 eine extrabudgetäre Vergütung der Dialyseleistungen nach Nrn. 13600 bis 13621 EBM 2005, hilfsweise eine Vorabvergütung dieser Leistungen, weiter hilfsweise eine Neuregelung der Vergütungsregelungen unter Beachtung der Besonderheiten der Dialyseleistungserbringung, weiter hilfsweise die Zusage einer individuellen Praxisregelung, als Ausgleich im Sinne einer Auffüllung zu dem Regelleistungsvolumen. Zur Begründung machte er geltend, die Einbeziehung der Nephrologie mit Dialyse in die Regelleistungsvolumina begegne grundsätzlichen Bedenken. Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004, mit dem die Nephrologen von der Bildung von Regelleistungsvolumina ausgenommen worden seien, sei verbindlich, die Beklagte könne hiervon nicht abweichen.

Mit Bescheid vom 16. November 2005 erkannte die Beklagte dem Kläger die im Honorarverteilungsvertrag (Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband Hessen, der IKK Hessen, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e.V. (VdAK) - Landesvertretung Hessen, dem AEV - Arbeiter-Ersatzkassenverband e.V. - Landesvertretung Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Knappschaft zur Honorarverteilung für die Quartale II/2005 bis IV/2005 vom 10. November 2005, im Folgenden: HVV) vorgesehenen Regelleistungsvolumina für Nephrologen mit Dialysegenehmigung ohne Abrechnung von Dialysesachkosten zu. Sie führte u. a. aus, eine Herausnahme d...

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