Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutzbedürfnis zur Durchführung eines gesonderten Rechtsbehelfsverfahrens nur in Bezug auf einen Vormerkungsbescheid nach Erlass eines Rentenbescheides. Nachweis bzw Glaubhaftmachung von Fremdrentenzeiten

 

Orientierungssatz

1. Nach Erlass eines Rentenbescheides besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr zur Durchführung eines gesonderten Rechtsbehelfsverfahrens nur in Bezug auf den Vormerkungsbescheid. Ein solches Verfahren ist mithin unzulässig (vgl BSG vom 6.5.2010 - B 13 R 118/08 R = juris Rdnr 16).

2. Zum Nachweis bzw zur Glaubhaftmachung von Fremdrentenzeiten.

3. Im Verwaltungsverfahren kann ein Fremdrentenberechtigter mit einer eidesstattlichen Versicherung lediglich eine Glaubhaftmachung seiner Angaben erreichen. Könnte er im nachfolgenden sozialgerichtlichen Klageverfahren, in dem die formale Parteieinvernahme mit und ohne Eid wegen der fehlenden Bezugnahme des § 118 Abs 1 SGG auch auf die §§ 445ff ZPO ausgeschlossen ist, mit der gleichen Aussage dann den Nachweis führen, wäre hierin ein Wertungswiderspruch zu sehen. Dieser lässt sich letztlich nur dadurch vermeiden, dass der für das Fremdrentenrecht ausnahmsweise notwendige Vollbeweis für die ungekürzte Anrechnung gem § 22 Abs 3 FRG nicht allein durch den Vortrag des Fremdrentenberechtigten geführt werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 27.06.2018; Aktenzeichen B 13 R 275/16 B)

 

Tenor

I. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 3. April 2013 wird abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer höheren Altersrente unter ungekürzter Anrechnung der von der Klägerin in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Zeiten.

Die 1949 geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige kasachischer Herkunft, reiste am 17. Februar 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie ist als Spätaussiedlerin im Sinne von § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und mittlerweile auch als Schwerbehinderte anerkannt.

Ausweislich der Eintragungen in ihrem Arbeitsbuch war die Klägerin im Herkunftsland wie folgt beschäftigt:

1. September 1966 bis 2. März 1968 Ausbildung an der städtischen Berufsfachschule Abschlusszeugnis Nr. xxx1 vom 2. März 1968

6. März 1968 bis 29. Oktober 1969 Zuschneiderin Produktionsverein "D."/Schuhfabrik

29. Dezember 1969 bis 10. Januar 1972 Zuschneiderin E. Schuhfabrik

15. November 1972 bis 7. Januar 1993 Zuschneiderin E. Schuhfabrik

Mit Bescheid vom 22. Dezember 1998 stellte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Hessen die im beigefügten Versicherungsverlauf (Anlage 2) enthaltenen Daten bis zum 31. Dezember 1991 verbindlich fest. Der ebenfalls beigefügten Anlage 10 ist zu entnehmen, dass nach dem Fremdrentengesetz (FRG) die Zeiten in der ehemaligen Sowjetunion vom 6. März 1968 bis 29. Oktober 1969, vom 29. Dezember 1969 bis 21. Oktober 1974 und vom 18. Dezember 1975 bis 7. Januar 1993 als Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter berücksichtigt und zu 5/6 angerechnet werden. Diese Zeiten seien nur glaubhaft gemacht, nicht jedoch nachgewiesen.

Am 11. März 2011 machte die Klägerin unter Vorlage der Archivbescheinigung Nr. F xxx2 vom 17. Januar 2011 gegenüber der Beklagten erstmals geltend, dass die in ihrem Versicherungsverlauf ausgewiesenen Daten unrichtig seien. Ihre Beschäftigung im Ausland müsse mit 6/6 bewertet werden.

Mit Bescheid vom 21. März 2011 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Feststellungsbescheides vom 22. Dezember 1998 ab, weil bei dessen Erlass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe. Die vorgelegte Archivbescheinigung enthalte keine konkreten Aussagen zur Anzahl der krankheitsbedingten Fehltage bzw. könne auch deshalb nicht als Vollbeweis angesehen werden, weil es sich hierbei nicht um die Originale oder Kopien der beim Arbeitgeber für die jeweiligen Kalenderjahre vorhandenen Personal- und Lohnunterlagen handele.

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. April 2011 Widerspruch, den sie damit begründete, dass aus der vorgelegten Archivbescheinigung sehr wohl die Zahl der Arbeits-, Krankheits- und Urlaubstage hervorgehe.

Durch Widerspruchsbescheid vom 10. August 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Nachweis einer Beitrags- und Beschäftigungszeit könne nur durch solche Versicherungsunterlagen geführt werden, die Aufschluss über den genauen Umfang der Beitragszeiten und eventueller Fehlzeiten geben würden. Dies lasse sich aber weder dem Arbeitsbuch noch der vorgelegten Archivbescheinigung entnehmen. Eine Beitragszeit sei nur dann nachgewiesen, wenn eine Beitragsleistung zu einem ausländischen System der Rentenversicherung erbracht worden sei. Bei Arbeitsunfähigkeit seien jedoch keine Beiträge zum sowjetischen Sozialversicherungssystem abgeführt worden und es habe auch kein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestanden. Im Übrigen sei die Aussagekraft von...

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