Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Regelbedarf. Höhe des Regelbedarfs für Partner in den Jahren 2016 und 2017. Verfassungsmäßigkeit. Unterkunft und Heizung. tatsächliche Aufwendungen. Zahlung geringerer Beträge als laut Mietvertrag geschuldet

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfsfestsetzung für die Jahre 2016 und 2017.

2. Erbringen Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (juris: SGB 2) die von ihnen mietvertraglich geschuldeten Zahlungen für die Unterkunft nicht in voller Höhe an ihren Vermieter, so beschränkt sich der Anspruch aus § 22 Abs 1 S 1 SGB II auf die tatsächlichen Zahlungen, wenn Nachforderungen des Vermieters wegen Verjährung oder des Ablaufs der Frist für die Abrechnung von Betriebskostenvorauszahlungen nicht mehr möglich sind.

 

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 12. Juli 2018 wird zurückgewiesen, ihre Klage gegen den Bescheid vom 25. März 2020 wird abgewiesen.

II. Der Beklagte hat der Klägerin ein Fünftel der zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten; im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren - wie in mehreren Parallelverfahren zu anderen Leistungszeiträumen - (höhere) laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), im hiesigen Verfahren für die Zeit vom 1. September 2016 bis 31. August 2017.

Die 1963 geborene Klägerin und der 1956 geborene Kläger haben im Juni 2007 geheiratet und lebten im streitigen Zeitraum (und leben) zusammen. Der Kläger ist deutscher Staatsbürger, die Klägerin portugiesische Staatsbürgerin. Die Klägerin mietete vor dem Hintergrund der drohenden (und später tatsächlich durchgeführten) Räumung der zuvor von den Klägern bewohnten Wohnung in C-Stadt - und möglicherweise damals auch in der Absicht, sich von dem Kläger zu trennen - durch Mietvertrag vom 22. Dezember 2013 zum 15. Januar 2014 ein Haus in A-Stadt an, in das dann beide Kläger im Januar 2014 einzogen. Mietvertraglich sind monatliche Zahlungen für die Kaltmiete in Höhe von 350,- Euro sowie in Höhe von 100,- Euro für die Betriebskosten vorgesehen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag (Leistungsakte - im Folgenden: LA - Bl. 2 ff.) verwiesen. Ausweislich der Mietbescheinigung der Vermieter beträgt die Wohnfläche 80 Quadratmeter bei einer Gebäudefläche von 101 Quadratmetern (LA Bl. 128). Heizkosten fallen gesondert an: Nach Angaben der Kläger wird dabei - neben einer Ölheizung für die übrigen Räume der Wohnung - das vier Quadratmeter große Badezimmer über einen elektrischen Heizlüfter mit Strom beheizt.

Nach erstmaligem Leistungsantrag beider Kläger beim Beklagten am 30. Januar 2014 (LA Bl. 122 ff.) bewilligte dieser - mit Blick auf die Leistungseinstellung zu Ende Februar 2014 durch das bis dahin zuständige Jobcenter in C-Stadt - durch Bescheid vom 24. Februar 2014 (LA Bl. 164a ff.) erstmals Leistungen zu ihren Gunsten ab dem 1. März 2014. Die Kläger erhielten in der Folgezeit durchgängig Leistungen zum Lebensunterhalt, wobei zwischen den Beteiligten immer wieder insbesondere die Höhe des Regelbedarfs - unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - sowie die Höhe der übernahmefähigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung streitig waren.

Im weiteren Verlauf bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Hessen dem Kläger mit Bescheid vom 10. September 2015 eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund eines - nach Aufforderung des Beklagten - am 26. Februar 2015 gestellten Rentenantrags und eines Leistungsfalls vom 8. Juli 2014. Rentenbeginn war der 1. Februar 2015; die laufende Rente wird seit dem 1. November 2015 gezahlt (vgl. die entsprechende Benachrichtigung der Deutschen Rentenversicherung Hessen an den Beklagten, LA Bl. 1410). Mit Änderungsbescheid vom 28. September 2015 hob der Beklagte daher die Leistungsbewilligung zu Gunsten des Klägers ab dem 1. November 2015 auf. Im streitigen Zeitraum erhielt der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Hessen Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem Zahlbetrag in Höhe von monatlich 579,24 Euro bis einschließlich Juni 2017 beziehungsweise 589,51 Euro ab Juli 2017. Zudem erhielt er jedenfalls während eines Teils des streitigen Zeitraums Wohngeld (LA Bl. 2453).

Auf entsprechenden Fortzahlungsantrag (LA Bl. 2479) bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Streitzeitraum des hiesigen Verfahrens, also für die Zeit vom 1. September 2016 bis 31. August 2017, mit Bescheid vom 28. Juli 2016 (LA Bl. 2485 ff.) laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von monatlich 560,70 Euro, wobei er einen Regelbedarf von 364,- Euro, Aufwendungen für Grundmiete und Betriebskosten von 179,80 Euro sowie Heizkosten von 16,90 Euro in die Berechnung einstellte. Hiergegen legten die Kläger am 30. Juli 2016 Widerspruch (LA Bl. 2488 ff.) ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom...

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