Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung. Berücksichtigung einer HFNC-Therapie bei den Beatmungsstunden

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Berücksichtigung einer HFNC-Therapie bei den Beatmungsstunden im Rahmen eines Vergütungsrechtsstreits anlässlich einer Krankenhausbehandlung.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 24. April 2015 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 7.717,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. November 2012 zu zahlen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.717,93 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von 7.717,93 €.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zugelassenes Krankenhauses in A-Stadt. Die bei der Beklagten versicherte Klägerin C. (Versicherte) wurde dort am 3. Juli 2011 als 2. Kind von Drillingen in der 29. + 3 Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht von 1.200 g geboren und auf der Intensivstation der Beklagten stationär bis zum 7. September 2011 behandelt. Ab dem 8. Juli 2011 um 3.30 Uhr bis zum 25. Juli 2011 um 8 Uhr mit einem therapiefreien Intervall vom 21. Juli 2011 um 8 Uhr bis zum 23. Juli 2011 um 16.30 Uhr erhielt die Versicherte eine Therapie mit einer High-Flow- Nasal-Cannula (HFNC-Therapie). Mittels der High-Flow-Nasenbrille wird eine Mischung von Druckluft und Sauerstoff geliefert, wodurch höhere Sauerstoffkonzentrationen bei der Einatmung erreicht werden können. Es wird verwendet, um zusätzlichen Sauerstoff oder einen erhöhten Luftstrom zu einem Patienten, der Atemhilfe benötigt, zu transportieren. Der Versicherten wurde über den gesamten Zeitraum der HFNC-Therapie Raumluft mit einem erhöhten Flow angeboten.

Mit Rechnung vom 5. Oktober 2011 machte die Klägerin unter der Zugrundelegung der diagnoseorientierten Fallpauschale - Diagnosis Related Group - (DRG) P03A (Neugeborenes, Aufnahmegewicht 1000-1499 g mit signifikanter OR-Prozedur oder Beatmung ≫ 95 Stunden, mit mehreren schweren Problemen oder mehrzeitigen komplexen OR-Prozeduren mit Beatmung ≫ 479 Stunden) für die stationäre Behandlung der Versicherten einen Betrag von 68.158,43 € geltend. Am 3. November 2011 beglich die Beklagte die Forderung in voller Höhe. Unter dem 26. März 2012 vertrat der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), Dr. D., die Auffassung, dass die Anzahl der von der Klägerin in Ansatz gebrachten Beatmungsstunden nicht korrekt sei. Nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) seien lediglich 113 Beatmungsstunden nachvollziehbar. Hierzu zählten die Beatmung der Versicherten mit SIMV (Synchronisierte intermittierend mandatorische Ventilation) und die CPAP-Beatmung (Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck) bis einschließlich 7. Juli 2011. Sauerstoffinsufflationen bzw. -inhalationen über Maskensysteme oder O2-Sonden unterfielen nicht den Beatmungsstunden. Unter Berufung auf das Gutachten des MDK vom 26. März 2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit Schriftsatz vom 12. April 2012 mit, dass für den Behandlungsfall der Versicherten die DRG P03C abzurechnen sei. Auf den Widerspruch der Klägerin mit Schreiben vom 13. April 2012 erfolgte nach einer Fallbesprechung in den Räumlichkeiten der Klägerin eine erneute Begutachtung durch den MDK. Dr. E. bestätigte in ihrem Gutachten vom 13. September 2012 die Auffassung des MDK im Rahmen des Gutachtens vom 26. März 2012. Bei der HFNC-Therapie handele es sich definitionsgemäß nicht um eine Beatmung bzw. Entwöhnung im Sinne der DKR. Durch das eingesetzte Gerät werde die patienteneigene Atemleistung weder verstärkt noch ersetzt. Der Atemwegsdruck sei bei dem Verfahren während der Ein- und Ausatmung lediglich erhöht, wodurch die Einatmung erleichtert und die Ausatmung erschwert werde. Auf der Grundlage des Gutachtens des MDK vom 13. September 2012 verblieb die Beklagte bei ihrer Auffassung, dass für den Behandlungsfall die DRG P03C abzurechnen sei (Schreiben an die Klägerin vom 14. September 2012).

Unter dem 24. November 2012 verrechnete die Beklagte die Differenz zwischen der DRG P03A (68.158,43 €) mit der DRG P03C (38.015,42 €) in Höhe von 30.143,01 € mit Forderungen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen.

Nach der Verrechnung durch die Beklagte stellte die Klägerin fest, dass sie das beatmungsfreie Intervall vom 21. Juli 2011 um 8 Uhr bis zum 23. Juli 2011 um 16.30 Uhr von 56,5 Stunden übersehen hatte, nahm eine Rechnungskorrektur vor und stellte der Beklagten mit Datum vom 3. Januar 2013 unter der Zugrundelegung der DRG P03B (Neugeborenes, Aufnahmegewicht 1000-1499 g mit signifikanter OR-Prozedur oder Beatmung ≫ 95 Stunden, mit mehreren schweren Problemen, mit Beat...

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