Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausbehandlung eines Neugeborenen. maschinelle Beatmung. Abrechenbarkeit von CPAP-Atemunterstützung nach Nr 1001h DKR 2011

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Abrechenbarkeit von CPAP-Atemunterstützung nach der DKR (2011) 1001h.

 

Orientierungssatz

1. Erst in der Version von 2013 wurde die DKR 1001l (ehemals DKR 1001h) um den Zusatz ergänzt "Die Dauer der Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) ist bei Neugeborenen und Säuglingen bei der Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen". Der Regelung in DKR 2013 kommt jedoch keine Rückwirkung zu.

2. Der Senat hält an seiner mit Urteil vom 9. November 2017 vertretenen Auffassung, dass die CPAP-Atemunterstützung sowie die Beatmung mittels High-Flow-Nasenkanüle nach der DRK 1001h (2011) eine maschinelle Beatmung darstellt (LSG Darmstadt vom 9.11.2017 - L 1 KR 166/15 = juris RdNr 40), vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 30.7.2019 - B 1 KR 13/18 R = SozR 4-5562 § 9 Nr 13) nicht fest.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 26. April 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.808,42 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung eines Neugeborenen und die Berechnung der zugrunde zu legenden Beatmungsstunden (CPAP - continous positive airway pressure).

Die Klägerin ist Trägerin des Universitätsklinikums A-Stadt (nachfolgend: Klinik). Die Beklagte ist die gesetzliche Krankenversicherung des am xx. Dezember 2011 um 19:25 Uhr geborenen Patienten C. C. (nachfolgend: Versicherter). Bei dem Versicherten handelt es sich um ein Frühgeborenes der 29+5 Schwangerschaftswoche, welches aufgrund einer mütterlichen Präeklampsie (hypertensive Schwangerschaftserkrankung) entbunden werden musste. Die vorgeburtliche vorbereitende Lungenreifeinduktion konnte aufgrund der Dynamik der mütterlichen Erkrankung nicht vor der Entbindung abgeschlossen werden. Der Versicherte wurde bereits im Kreissaal ab 20:24 Uhr wegen eines persistierenden Sauerstoffbedarfs von 40 % mit einer CPAP-Atemhilfe behandelt. Radiologisch wurde ein Atemnotsyndrom Grad I nachgewiesen. Im weiteren Verlauf kam es klinisch zu einer Verschlechterung des Gasaustauschs (Sauerstoffbedarf bis 80 %, schwere Dyspnoe, Atemnotsyndrom Grad III). Der Versicherte wurde auf der Neo-Intensivstation am 18. Dezember 2011, 7:06 Uhr endotracheal intubiert. Die Extubation erfolgte am 19. Dezember 2011, 3:04 Uhr mit sofort anschließender Fortsetzung der CPAP-Atemhilfe bis zum endgültigen Ende jeglicher Atemhilfe und Sauerstoffzufuhr am 21. Dezember 2011, 3:04 Uhr. Der Versicherte befand sich bis zum 23. Dezember 2011 auf der Intensivstation. Am 24. Februar 2012 wurde er aus der stationären Behandlung entlassen. Die CPAP-Atemhilfe ist eine Beatmungsform, die die Spontanatmung des Patienten mit einem dauerhaften, während Einatmung und Ausatmung aufrechterhaltenen Überdruck (PEEP - positive end-expiratory pressure) kombiniert. Für die Anwendung einer CPAP-Atemhilfe ist die Fähigkeit des Patienten zur eigenständigen Atmung die Grundvoraussetzung; der kontinuierliche Überdruck erleichtert das Einatmen.

Mit Rechnung vom 2. Oktober 2012 rechnete die Klägerin unter Berücksichtigung einer Beatmungsdauer von 103 Stunden die DRG P03C (ermittelt aus Hauptdiagnose P07.3 und weitere Nebendiagnosen) ab. Der Rechnungsbetrag in Höhe von insgesamt 39.061,05 € wurde zunächst von der Beklagten ausgeglichen.

Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit einer Überprüfung. Der Facharzt für Chirurgie Dr. D. stellte mit Gutachten vom 1. Oktober 2012 fest, dass lediglich eine Beatmungszeit von 68 Stunden nachzuvollziehen sei.

Dem widersprach die Klägerin mit der Begründung, dass die Dauer der Atemunterstützung mit CPAP bei der Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen sei.

Mit MDK-Gutachten vom 27. Februar 2014 führte Dr. D. aus, dass die CPAP-Beatmung nicht abgerechnet werden könne. Nach den DKR 2011 könne die nasale CPAP-Therapie für die Ermittlung der Beatmungsstunden nur herangezogen werden, wenn die Therapie im Rahmen eines Weanings erfolgt sei. Dies sei für die initial durchgeführte nasale CPAP-Therapie vom 16. bis 18. Dezember 2011 nicht der Fall, so dass lediglich 68 Stunden zu berücksichtigen seien.

Am 11. August 2015 verrechnete die Beklagte für die abgerechneten CPAP-Beatmungsstunden einen Betrag in Höhe von 5.808,42 € mit weiteren Forderungen der Klägerin. Die Beklagte setzte statt der von der Klägerin angenommenen DRG P03C die DRG P64Z an.

Am 17. Dezember 2015 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass die invasive Beatmung - soweit möglich - vermieden worden sei, da im Rahmen der Intubation Sauerstoffsättigungsabfäl...

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