Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. Versicherungsfreiheit gem § 4 Abs 2 Nr 1 SGB 7. eingeladener Treiber und Hundeführer. Jagdgast. fremdes Jagdrevier. kein Beschäftigungs- und Auftragsverhältnis. Wie-Beschäftigung. eigenwirtschaftliches Interesse. Jagdausübung gem § 1 Abs 4 BJagdG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Teilnehmer an einer Gesellschaftsjagd, der als (bewaffneter) Treiber und Hundeführer eingeladen ist und bei Ausübung dieser Tätigkeit verunfallt, untersteht nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Die Tätigkeit des Treibens mit unterladener Waffe und Hund ist Jagdausübung.

3. Der Treiber mit Hund steht auf Grund seiner Rolle bei dem Jagdgeschehen nicht in einem Beschäftigungs- oder Auftragsverhältnis zur Forstverwaltung bzw zu dem Jagdleiter. Er ist auch nicht Wie-Beschäftigter, sondern (unversicherter) Jagdgast.

4. Das Interesse während des Treibens ist privat und eigenwirtschaftlich auf die Teilnahme an diesem besonderen Jagdgeschehen und (hier zudem) auf die Arbeit mit dem eigenen Jagdhund gerichtet.

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten und Widerklägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 21. Februar 2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte und Widerklägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage der Zuständigkeit für die Behandlungs- und sonstigen Kosten anlässlich des bei der Jagd verletzten Zeugen C. und begehren wechselseitig Erstattung ihrer Aufwendungen. Die Klägerin und Widerbeklagte ist die im Falle eines Arbeitsunfalles zuständige Berufsgenossenschaft, die Beklagte und Widerklägerin ist die gesetzliche Krankenversicherung des Zeugen C.

Der Zeuge C. besitzt einen Begehungsschein bzw. eine Jagderlaubnis. Sein Begehungsschein ist ausgestellt vom Landrat des Main-Spessartkreises und ist für ganz Deutschland gültig.

Mit Schreiben vom 17. September 2014 lud ihn die Forstverwaltung der Stadt D-Stadt zu einer Gesellschaftsjagd am 22. November 2014 als „Hundeführer/Treiber" ein. Es werde ein mehrstündiges Treiben abgehalten. Nach der Jagd treffe man sich zum Schüsseltreiben im Gasthaus „EX." in E-Stadt. Der Betroffene wurde auf die Unfallverhütungsvorschriften hingewiesen. Er wurde gebeten, seinen „brauchbaren Jagdhund (wenn derzeit einsetzbar)" und seine Warnkleidung 'nicht zu vergessen.

Die Stadt D-Stadt besitzt ca. 3000 ha Wald mit mehreren Jagdrevieren. Diese wird in Eigenregie bewirtschaftet. Um die Wildschadensproblematik in den Griff zu bekommen, finden so genannte Gesellschaftsjagden statt, zu denen Personen eingeladen werden, die die Teilnahme wollen. Man weiß, wer an so etwas teilnehmen will oder erfährt dies über andere. Die Eingeladenen erhalten hierfür kein Geld, sondern werden dann zum Essen eingeladen.

Der Zeuge C. war am Unfalltag selbst Mitpächter in einem anderen Gemeinschaftsjagdrevier. Am Unfalltag wurde er seinen eigenen Angaben als so genannter Durchgehschütze bzw. Durchgangsschütze eingesetzt. Er führte neben seinem Jagdhund auch eine Jagdwaffe mit. Nach eigenen Angaben war er als Hundeführer zur Nachsuche eingeladen.

Zum Unfallereignis kam es, als der Zeuge C. nach seinen Angaben „beim Durchgehen als Durchgangsschütze bei der Treibjagd" von einem Stein oder einer Wurzel abrutschte, sich dabei das linke Knie verdrehte und eine Patellaluxation erlitt. Die zunächst angegangene Bayerische Landesunfallkasse erbrachte daraufhin Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die hiernach mit der Sache befasste zuständige Klägerin lehnte das Ereignis mit Bescheid an den Zeugen C. vom 3. März 2015 als Arbeitsunfall ab. Nach ihren Ermittlungen sei der Verunfallte als Hundeführer zur Gesellschaftsjagd eingeladen worden und habe zum Unfallzeitpunkt einen Hund und eine Waffe mitgeführt. Er habe auch selbst gejagt. Er sei damit Jagdgast und als solcher versicherungsfrei gewesen. Das private Interesse an der Jagd habe im Vordergrund gestanden, auch wenn während dieser Betätigung auch einige dem Jagunternehmer dienende Tätigkeiten verrichtet wurden. Die unfallbringende Tätigkeit habe dem Bereich angehört, in dem ein Jagdgast üblicherweise tätig werde und wozu er die Erlaubnis des jeweiligen Revierinhabers bekomme.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch legte der Zeuge C. eine „Bestätigung“ des Zeugen F., Forstamtmann, Forstverwaltung Stadt D-Stadt, vor, wonach der Zeuge C. an dessen Weisungen bezüglich der zu durchtreibenden Waldflächen gebunden gewesen sei (Fax vom 24. März 2015). Der Zeuge C. habe nicht gejagt, sondern nur getrieben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Zeuge sei im Unfallzeitpunkt nicht versichert gewesen. Da das Ereignis nicht im eigenen Jagdrevier des Zeugen stattgefunden habe, komme Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII als landwirtschaftlicher Unternehmer nicht in Betracht. Eine V...

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