Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Entschädigung eines Arbeitsunfalls. psychische Gesundheitsstörung. Posttraumatische Belastungsstörung

 

Orientierungssatz

1. Zur Gewährung von Entschädigung wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls muss das Vorliegen eines Gesundheitsschadens ebenso wie die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses und das Unfallereignis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, während für die Feststellung des Kausalzusammenhangs zwischen Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt.

2. Zur Anerkennung einer psychischen Gesundheitsstörung ist eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem international anerkannten Diagnosesystem erforderlich. Hierzu ist der Nachweis der nach ICD-10 F 43.1 erforderlichen Voraussetzungen bei einer geltend gemachten posttraumatischen Belastungsstörung notwendig.

3. Hatte das Unfallereignis für die Psyche des Versicherten keine belastende bzw. verletzende traumatisierende Folgen, so sprechen mehr Gründe gegen als für den erforderlichen Zusammenhang, sodass geltendgemachte unfallbedingte Folgen zu verneinen sind.

 

Normenkette

SGB VII §§ 8, 212, 214 Abs. 3; SGG § 128 Abs. 1; RVO § 581 Abs. 1

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 11. März 1999 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Folgen eines Arbeitsunfalls.

Der 1960 geborene Kläger begann nach seinem Hauptschulabschluss im Jahre 1974 eine Maurerlehre, die er 1978 durch Erwerb des Gesellenbriefes abschloss. Danach ließ er sich zum Bautechniker und Maurermeister ausbilden und legte im März 1984 seine Meisterprüfung ab. Von Mitte März 1983 bis Ende Juni 1984 arbeitete er bei einem Architektenbüro und vom 1. August 1984 bis 31. März 1987 als Techniker beim Stadtbauamt in C-Stadt. Danach war er als selbstständiger Techniker und Maurermeister im eigenen Betrieb tätig.

Am 9. Dezember 1994 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall, als beim Betreten eines 1,50 m hohen Bockgerüstes die vordere Bohle brach. Der Kläger stürzte von der Gerüstlage auf den Boden. Dabei verlor er seinen Schutzhelm und ein abgebrochenes Bohlenstück schlug ihm auf die rechte Kopfseite. Seine Mitarbeiter brachten den Kläger in die unfallchirurgische Ambulanz des St. Vinzenz Krankenhauses in Limburg. Dort wurden ein Kopfschwartenhämatom rechts und Schürfwunden am linken Zeige- und Mittelfinger festgestellt.

Der Chefarzt Dr. D. teilte in einem Befundbericht vom 12. Dezember 1994 mit, der Kläger habe bei der Aufnahme angegeben, er habe zuvor erbrochen, über Schwindel habe er nicht geklagt, habe sich auch an das Unfallgeschehen komplett erinnern können. Die direkte und indirekte Pupillenreaktion sei seitengleich gewesen, ein Anhalt für knöcherne Verletzungen habe sich nicht ergeben. Der Kläger wurde stationär aufgenommen. Weil er über Gefühlsstörungen im Bereich des linken Armes klagte, wurde ein Schädel-CT durchgeführt. Dabei fand sich kein Anhalt für intracerebrale Blutungsherde, auch ein am 10. Dezember 1994 durchgeführtes neurologisches Konsil erbrachte keinerlei pathologische Befunde. Der Kläger wurde am 10. Dezember 1994 nach Hause entlassen mit der Bitte um Wiedervorstellung in der unfallchirurgischen Ambulanz am 16. Dezember 1994. Nach Auskunft des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. hatte der Kläger am 10. Dezember 1994 über Kopfschmerzen, Kopfdruck rechts mit ausstrahlenden Beschwerden in die Kiefergelenke rechts, Nackenschmerzen links, ein Taubheitsgefühl im linken Arm bis in den 5. Finger und über Schwindelbeschwerden bei Änderung der Körperlage geklagt. Außerdem hatte er angegeben, er sehe auf dem linken Auge verschwommen und das linke Auge zucke. Eine weitere Untersuchung durch Dr. E. erfolgte am 20. Dezember 1994, der Kläger beschrieb ein Flimmerskotom am linken Auge, klagte weiterhin über ein Unterlidzucken links und anfallsweise auftretendes Taubheitsgefühl im Bereich der linken Gesichtshälfte und des linken Armes. Diese Zustände träten während der Kopfschmerzanfälle auf. Die von Dr. E. erhobenen neurologischen Befunde sowie der EEG-Befund waren ohne Auffälligkeiten. Eine weitere neurologische Untersuchung erfolgte durch den Neurologen und Psychiater Dr. F., BX Stadt, am 17. Januar 1995. Als Beschwerden wurden Kopfschmerzen, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Angstzustände, Reizbarkeit, Konzentrationsstörung, Sprachstörung, Halswirbelsäulen(HWS)-Schmerzen und eine Taubheit des 2. ulnaren Fingers links genannt. Dr. F. diagnostizierte neben einer Commotio cerebri und einem HWS-Syndrom eine traumatische Angstneurose. Die objektivierbaren neurologischen Befunde, das Hirnstrombild, die so...

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