4.1 Einbeziehung von Ehe-/Lebenspartnern und Kindern

Während die Grenzpendlereigenschaft nicht an eine bestimmte Staatsangehörigkeit geknüpft ist, kommt für Arbeitnehmer eines EU-Mitgliedstaates oder der Staaten Island, Norwegen oder Liechtenstein (EWR-Staaten) eine weitere Vergünstigung in Betracht. Hier kann die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht unter bestimmten Voraussetzungen auch für den im EU-/EWR-Ausland bzw. in der Schweiz[1] lebenden Ehe-/Lebenspartner beantragt werden. Seit. 1.10.2017 ist der Begriff Ehegatte auch für gleichgeschlechtliche Ehen anzuwenden.[2] Gleichgeschlechtliche Ehegatten sind steuerlich den verschiedengeschlechtlichen Ehen gleichgestellt und können die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht beantragen.[3] Dies hat die Anwendung des Splittingtarifs bzw. bei einem in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz lebenden geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehe-/Lebenspartner den Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben[4] zur Folge. Ohne die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht des (gleich- oder verschiedengeschlechtlichen) Ehe-/Lebenspartners kommt nur der eingeschränkte Abzug der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung gem. § 33a EStG infrage.[5]

 
Wichtig

Fiktive unbeschränkte Steuerpflicht bei eingetragener Lebenspartnerschaft

Die steuerlichen Vergünstigungen der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht sind aus verfassungsrechtlichen Gründen auch für eingetragene Lebenspartnerschaften zu gewähren. Danach ist die Anwendung des Splittingtarifs im Rahmen der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht auch bei einem in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat lebenden Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zulässig. Die gesetzliche Gleichstellung gilt rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft für alle noch nicht bestandskräftigen Einkommensteuerveranlagungen.[6] Das Lebenspartnerschaftsgesetz hat ab 1.10.2017 aufgrund des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts nur noch für bereits bestehende eingetragene Lebenspartnerschaften Gültigkeit, sofern keine Umwandlung der Partnerschaft in eine (gleichgeschlechtliche) Ehe beantragt wird.

[2] Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts v. 20.7.2017, BGBl 2017 I S. 2787.
[6] § 52 Abs. 2a EStG i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des EStG in Umsetzung der Entscheidung des BVerfG, Beschluss v. 7.5.2013, 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07.

4.2 Voraussetzungen

Die Ausdehnung der (fiktiven) unbeschränkten Steuerpflicht auf den Ehe-/Lebenspartner ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:

  • Staatsangehörigkeit: Der Arbeitnehmer muss die Staatsangehörigkeit eines EU- bzw. EWR-Staates besitzen.
  • Familienwohnsitz: Der Familienwohnsitz, an dem der in intakter Ehe lebende Ehegatte bzw. der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft wohnt, muss sich im EU- bzw. EWR-Ausland oder in der Schweiz[1] befinden. Die Finanzverwaltung hat die Erweiterung der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht auf die Schweiz für Ehegatten bzw. Lebenspartner entsprechend dem EuGH-Urteil "Ettwein" ausdrücklich auf den Sachverhalt beschränkt, dass sich deren Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in der Schweiz befindet.[2]
 
Wichtig

Ausdehnung des Wohnsitzkriteriums auf die Schweiz

Die Finanzverwaltung folgt der Rechtsprechung des EuGH, der mit Blick auf das zwischen EG und Schweizerischer Eidgenossenschaft abgeschlossene Freizügigkeitsabkommen eine Einbeziehung von in der Schweiz lebenden Ehe-/Lebenspartnern für EU-rechtlich geboten hält. Allerdings wird ausschließlich das Wohnsitzkriterium des Ehe-/Lebenspartners auf die Schweiz ausgedehnt. Eine weitergehende Begünstigung von Arbeitnehmern mit Staatsangehörigkeit der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist nicht vorgesehen.

Die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht für den Ehe-/Lebenspartner ist danach weiterhin auf Arbeitnehmer beschränkt, welche die Staatsangehörigkeit eines EU- bzw. EWR-Staates besitzen. Für schweizerische Staatsangehörige, deren Ehe-/Lebenspartner ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, ist der Splittingtarif bzw. die Steuerklasse III nach wie vor ausgeschlossen.

  • Anders als beim Arbeitnehmer ist die Staatsangehörigkeit des Ehe-/Lebenspartners ohne Bedeutung. Es ist ausschließlich auf den Wohnsitz im EU-/EWR-Gebiet bzw. in der Schweiz abzustellen.

    Voraussetzung für den Abzug von Unterhaltsleistungen an im EU-/EWR-Ausland bzw. in der Schweiz lebende Ehe-/Lebenspartner ist neben dem dortigen Wohnsitz des geschiedenen bzw. dauernd getrennt lebenden Ehe-/Lebenspartners, dass der Arbeitnehmer die Besteuerung der Unterhaltsleistungen beim Empfänger durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachweisen kann. Der EuGH hat bestätigt, dass diese Regelung auch dann mit EU-Recht zu vereinbaren ist, wenn im EU-/EWR-Wohnsitz des Unterhal...

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