[1] Maßgeblich für das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit sind gesundheitliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten in den in § 14 Abs. 2 SGB XI genannten sechs Bereichen. Diese Bereiche umfassen jeweils eine Gruppe artverwandter Kriterien oder einen Lebensbereich. Sie stellen einen abschließenden Katalog der zu berücksichtigenden Kriterien dar, anhand derer Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten festgestellt werden sollen. Die einzelnen Kriterien sind in den Begutachtungs-Richtlinien nach § 17 SGB XI in der jeweils gültigen Fassung durch den MD Bund pflegefachlich konkretisiert. Insbesondere sind in den Begutachtungs-Richtlinien die fachlichen Hintergründe und Inhalte der Kriterien hinterlegt, an die die Gutachter und Gutachterinnen des MD und die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter und Gutachterinnen bei der Begutachtung bundesweit gebunden sind. Es handelt sich um die nachfolgenden sechs Bereiche:

[2] Bereich 1: Mobilität

Maßgeblich ist, ob die antragstellende Person in der Lage ist, ohne personelle Unterstützung eine Körperhaltung einzunehmen/zu wechseln und sich fortzubewegen. Es werden lediglich Aspekte wie Körperkraft, Balance, Bewegungskoordination etc. beurteilt und nicht die zielgerichtete Fortbewegung. Es werden nicht die Folgen kognitiver Beeinträchtigungen berücksichtigt. Der Bereich beinhaltet die folgenden Kriterien:

 
  • Positionswechsel im Bett
  • Halten einer stabilen Sitzposition
  • Umsetzen
  • Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs
  • Treppensteigen

[3] Bereich 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

In diesem Bereich werden ausschließlich kognitive und kommunikative Fähigkeiten und Aktivitäten betrachtet. Maßgeblich sind Aspekte des Erkennens, Entscheidens oder des Steuerns von Aktivitäten und nicht deren motorische Umsetzung. Es ist unerheblich, ob eine zuvor selbstständige erwachsene Person eine Fähigkeit verloren oder nie ausgebildet hat. Der Bereich beinhaltet die folgenden Kriterien:

  • Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld
  • Örtliche Orientierung
  • Zeitliche Orientierung
  • Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen
  • Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben
  • Verstehen von Sachverhalten und Informationen
  • Erkennen von Risiken und Gefahren – Mitteilen von elementaren Bedürfnissen
  • Verstehen von Aufforderungen
  • Beteiligen an einem Gespräch

[4] Bereich 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

In diesem Bereich werden Verhaltensweisen und psychische Problemlagen als Folge von Gesundheitsproblemen betrachtet, die immer wieder auftreten und personelle Unterstützung erforderlich machen. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit die antragstellende Person ihr Verhalten ohne personelle Unterstützung steuern kann. Von fehlender "Selbststeuerung" ist auch dann auszugehen, wenn ein Verhalten zwar nach Aufforderung abgestellt wird, aber danach immer wieder aufs Neue auftritt, weil das Verbot nicht verstanden wird oder die Person sich nicht erinnern kann.

  • Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten
  • Nächtliche Unruhe
  • Selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten
  • Beschädigen von Gegenständen
  • Psychisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen
  • Verbale Aggression
  • Andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten
  • Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen
  • Wahnvorstellungen
  • Ängste
  • Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage
  • Sozial inadäquate Verhaltensweisen
  • Sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen

[5] Bereich 4: Selbstversorgung

In diesem Bereich ist maßgeblich, ob die Aktivitäten in den nachfolgend genannten Kriterien praktisch durchgeführt werden können. Es ist unerheblich, ob die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit aufgrund von Schädigungen somatischer oder mentaler Funktionen bestehen. Die Kriterien sind wie folgt:

  • Waschen des vorderen Oberkörpers
  • Körperpflege im Bereich des Kopfes
  • Waschen des Intimbereichs
  • Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare
  • An- und Auskleiden des Oberkörpers
  • An- und Auskleiden des Unterkörpers
  • Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken
  • Essen
  • Trinken
  • Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls
  • Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma
  • Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma
  • Ernährung parenteral oder über Sonde,
  • Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern im Alter von bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen.

[6] Bereich 5: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen

In diesem Bereich geht es um die Durchführung ärztlich verordneter Maßnahmen, die gezielt auf eine bestehende Erkrankung ausgerichtet und für voraussichtlich mindestens sechs Monate erforderlich sind. Maßgeblich ist, ob die antragstellende Person die jeweilige Aktivität praktisch durchführen kann. Es ist unerheblich, ob die Beeinträchtigungen der ...

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