Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Urteil vom 13.02.1996; Aktenzeichen 8 A 4085/93)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. Februar 1996 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht bleibt ohne Erfolg. Denn die für die Zulassung der Revision allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Dies ist nur dann der Fall, wenn zu erwarten ist, daß die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten und/oder die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Dazu ist erforderlich, daß die von der Beschwerde darzulegende Rechtsfrage klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (vgl. BVerwG, Beschluß vom 22. Oktober 1986 – BVerwG 3 B 43.86 – ≪Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 243≫). An dieser Klärungsbedürftigkeit fehlt es aber, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage bereits ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt (vgl. BVerwG, Beschluß vom 31. Juli 1987 – BVerwG 5 B 49.87 – ≪Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr. 14≫) oder sich auf der Grundlage höchstrichterlicher Entscheidungen beantworten läßt (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪92≫). Letzteres ist hinsichtlich der mit der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfrage der Fall.

Der Kläger bezeichnet als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage, „ob die Hilfe zum Lebensunterhalt die Kosten der Unterbringung und Betreuung in einer Einrichtung umfassen kann, wenn es keine kostengünstigere Möglichkeit gibt, den konkreten Bedarf des Hilfesuchenden, eine Unterkunft zu erhalten, zu befriedigen und dieser Hilfen nach § 27 Abs. 1 BSHG tatsächlich nicht erhält”. Der Kläger stellt diese Frage vor dem rechtlichen Hintergrund, daß die Berufungsinstanz einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Übernahme der Kosten seiner Unterbringung in einem Wohnheim als Eingliederungshilfe nach § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1 BSHG mit der Begründung verneint hat, zwar falle der Kläger unter den Berechtigtenkreis und gehöre die beanspruchte Hilfe auch ihrer Art nach zu den Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 40 Abs. 1 BSHG, doch sei der Beklagte für Maßnahmen der Eingliederungshilfe im streitbefangenen Zeitraum sachlich nicht zuständig gewesen; als örtlicher Träger zuständig sei vielmehr im vorliegenden Falle der Landkreis (S. 11–12 des Berufungsurteils). Einen Kostenübernahmeanspruch gegen den Beklagten auf der Grundlage der §§ 11 ff. BSHG hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, bei dem konkreten Bedarf des Klägers habe es sich nicht um einen Bedarf der Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern um eine qualifizierte Bedarfssituation nach §§ 39 ff. BSHG gehandelt (S. 13 ff. des Berufungsurteils). Es sei Sache des Klägers, die beanspruchte Hilfeart, die ihrer Art nach zu den Maßnahmen der Eingliederungshilfe gehöre, bei dem zuständigen Träger geltend zu machen; das gleiche gelte, soweit der Kostenübernahmeanspruch mit § 72 BSHG gestützt werde.

Diese Auffassung des Berufungsgerichts zum Verhältnis zwischen den Hilfearten nach §§ 39 ff. bzw. § 72 BSHG und der Hilfe zum Lebensunterhalt entspricht der Rechtsprechung des Senats und wirft keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen grundsätzlicher Art auf. In seinem Urteil vom 19. Mai 1994 – BVerwG 5 C 20.91 – (BVerwGE 96, 65 ≪67 f.≫) hat der Senat festgestellt:

„Soweit es um die Beurteilung eines besonderen Bedarfs geht, der unter die Regelungen über die Hilfe in besonderen Lebenslagen fällt, gehen die dafür maßgeblichen Bestimmungen der §§ 27 ff. BSHG als Sonderregelungen den Vorschriften über die Hilfe zum Lebensunterhalt vor.”

Dieser Grundsatz, den der Senat zuletzt mit Urteil vom 25. Januar 1996 – BVerwG 5 C 20.95 – (DVBl 1996, S. 869) für den Bereich der Krankenhilfe bestätigt hat, gilt ebenso für den Bereich der Eingliederungshilfe (vgl. hierzu Urteil vom 10. September 1992 – BVerwG 5 C 7.87 – ≪Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr. 8 m.w.N.≫).

Da es sich nach den vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bei der Unterbringung des Klägers der Art nach um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe handelte, für welche der Beklagte sachlich nicht zuständig war, kommt nach der genannten Rechtsprechung daneben eine Inanspruchnahme des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Hilfe zum Lebensunterhalt nicht in Betracht; der Umstand, daß einer speziellen Hilfeform zuzurechnende konkrete Leistungen – wie hier die des betreuten Wohnens – zugleich einen allgemeinen Bedarf – hier den der Unterkunft – mit abdecken, macht sie nicht zum Gegenstand der allgemeinen Hilfe zum Lebensunterhalt mit der Folge, daß der Hilfebedürftige sich wahlweise an den einen oder den anderen Träger halten könnte. Dies gilt auch dann, wenn der Hilfesuchende Leistungen der in § 27 Abs. 1 BSHG genannten Art deshalb tatsächlich nicht erhält oder erhalten hat, weil er es unterlassen hat, die Hilfe bei dem dafür zuständigen Träger geltend zu machen, und nicht geklärt ist, ob – bei grundsätzlichem Eingreifen der speziellen Hilfeart – alle rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf die spezielle Hilfe gegen den dafür zuständigen Träger erfüllt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.

 

Unterschriften

Dr. Säcker, Dr. Rojahn, Dr. Franke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1614662

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