Leitsatz (amtlich)

Bei der Auslegung eines Verwaltungsakts ist sein Inhalt aus den gesamten Umständen der getroffenen Regelung unter besonderer Berücksichtigung der von der Verwaltungsbehörde gegebenen Begründung festzustellen. Die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts wird nicht dadurch berührt, daß sich die Verwaltungsbehörde bei seinem Erlaß auf unrichtige rechtliche Gesichtspunkte berufen hat.

 

Normenkette

SGG § 54 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 66 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 164 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig vom 24. Mai 1956 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Die Innungsversammlungen der Klempner- und Installateur-Innung, der Innung des Schuhmacherhandwerks, der Sattler- und Tapezierer-Innung und der Friseur-Innung - sämtlich Innungen des Kreises Herzogtum Lauenburg (im folgenden mit "Innungen" bezeichnet) - beschlossen übereinstimmend im Jahre 1953,

1.) eine Innungskrankenkasse (IKK.) zu errichten,

2.) die IKK. nach Genehmigung durch das beklagte Oberversicherungsamt (OVA.) mit der schon bestehenden Gemeinsamen Innungskrankenkasse des Kreises Herzogtum Lauenburg ( GIKK .) zu vereinigen.

Die Gesellenausschüsse der "Innungen" stimmten den Beschlüssen zu. In den zu den "Innungen" gehörenden Betrieben waren etwa 595 Versicherungspflichtige beschäftigt.

Nachdem auch der Vorstand der GIKK . beschlossen hatte, die neu zu errichtende IKK. nach ihrer Genehmigung durch das OVA. in die GIKK . aufzunehmen, beantragte der Kreishandwerksmeister im Auftrage der vier "Innungen" beim Versicherungsamt (VA.) Ratzeburg die Genehmigung zur Errichtung der "Innungskrankenkasse der Klempner und Installateure, Friseure, Sattler- und Tapezierer und der Schuhmacher für den Kreis Herzogtum Lauenburg" und - zum gleichen Zeitpunkt - die Vereinigung dieser IKK. mit der GIKK .

Das VA. gab der Landkrankenkasse Ratzeburg, der Gemeinde Ratzeburg, der Handwerkskammer Lübeck und der klagenden Ortskrankenkasse Gelegenheit, zu dem Antrag Stellung zu nehmen. Die Klägerin widersprach der Errichtung der IKK. Sie gab zwar zu, daß die erforderliche Gleichwertigkeit der Leistungen gegeben sei, erblickte aber in der Errichtung der IKK. eine Gefährdung der eigenen Leistungsfähigkeit. Durch Beschluß vom 16. Oktober 1953 erkannte das VA. die Gleichwertigkeit der Leistungen der neu zu errichtenden IKK. mit denen der Klägerin an, da die IKK. nach den Beschlüssen ihrer Trägerinnungen die gleichen Leistungen wie die GIKK . zu erbringen habe und die Gleichwertigkeit dieser Leistungen bereits anläßlich der Errichtung der GIKK . festgestellt worden sei. Gegen diesen Beschluß wandte sich die Klägerin mit der Beschwerde, die nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vom Sozialgericht (SS.) Lübeck als Klage behandelt wurde. Das SG. wies die Klage durch Vorbescheid vom 12. Mai 1954, den die Klägerin rechtskräftig werden ließ, mit der Begründung ab, es handle sich in Wahrheit um die Frage der Gefährdung der Leistungsfähigkeit der Klägerin, die aber durch den Verlust der zur IKK. abwandernden Mitglieder nicht eintrete.

Am 18. Januar 1954 legte das VA. den Antrag der "Innungen" dem OVA. Schleswig-Holstein zur Genehmigung vor.

Das OVA. faßte am 29. Juni 1954 folgenden Beschluß:

1.) Die Errichtung der Innungskrankenkasse der Klempner und Installateure, der Sattler und Tapezierer, der Friseure und der Schuhmacher für den Kreis Herzogtum Lauenburg wird genehmigt. Die Kasse tritt am 1. Juli 1954 ins Leben.

2.) Die vorstehend genehmigte Innungskrankenkasse wird mit der bereits bestehenden Gemeinsamen Innungskrankenkasse des Kreises Herzogtum Lauenburg in Ratzeburg, unter diesem Namen vereinigt. Der Tag der Vereinigung ist der 1. Juli 1954.

In der Begründung wurde ausgeführt, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Errichtung der IKK. seien gegeben. Die satzungsmäßigen Leistungen der neuen IKK. seien denen der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK.) gleichwertig. Das Ausscheiden von 595 Mitgliedern aus der AOK. bringe dieser nur einen Mitgliederverlust von 2,5 % und könne daher ihre Leistungsfähigkeit nicht gefährden, insbesondere, weil sie gleichzeitig auch des Versicherungsrisikos für diese Mitglieder ledig werde. Die sich aus der Belastung durch die Rentnerkrankenversicherung ergebenden Verluste der AOK. könnten in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden. Die Vereinigung erfolge nicht nach § 276 der Reichsversicherungsordnung (RVO), sondern stelle praktisch nur einen Anschluß dar, der vom Gesetz nicht verboten sei.

Entsprechend der Rechtsmittelbelehrung in dem Beschluß des OVA. wandte sich die Klägerin mit der Beschwerde vom 22. Juli 1954 an den Arbeitsminister des Landes Schleswig-Holstein, der sich aber für unzuständig erklärte. Die Klägerin erhob nunmehr gegen den Beschluß des OVA. beim SG. Lübeck Klage.

Das SG. lud die GIKK . des Kreises Herzogtum Lauenburg bei. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG. erklärte der Vertreter der Klägerin, die Klage nicht mehr auf den von ihm behaupteten Mangel der Leistungsfähigkeit stützen zu wollen. Das SG. gab durch Urteil vom 1. Dezember 1955 der Klage statt.

Auf die Berufung des beklagten OVA. hob das Landessozialgericht (LSG.) durch Urteil vom 24. Mai 1956 das Urteil des SG. Lübeck auf, wies die Klage ab und ließ die Revision zu.

Die Rechtsmittelbelehrung war wie folgt gefaßt:

"Wenn von dem Rechtsmittel Gebrauch gemacht werden soll, muß es innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bundessozialgericht in Kassel eingelegt und binnen eines weiteren Monats begründet werden. Die Revisionsschrift muß bereits einen bestimmten Antrag enthalten. Behörden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts brauchen sich vor dem BSG. nicht durch einer. Prozeßbevollmächtigten vertreten zu lassen."

Das Urteil wurde den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 29. Juni 1956 zugestellt. Deren Revisionsschrift ging am 31. Juli 1956 beim Bundessozialgericht (BSG.) ein. Sie enthält den Antrag,

das Urteil des LSG. Schleswig vom 24. Mai 1956 und den Beschluß des OVA. Schleswig-Holstein vom 29. Juni 1954 aufzuheben.

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere der §§ 250 ff., 276, 280 ff. und 320 ff. RVO. Das LSG. habe zwar richtig erkannt, daß der angefochtene Beschluß zwei Fehler aufweise, nämlich die Bestimmung über das " Inslebentreten " der neuen IKK. und die Vereinigung einer nicht bestehenden IKK. mit einer bestehenden. Das LSG. habe es jedoch zu Unrecht unterlassen, den fehlerhaften Beschluß aufzuheben. Entgegen der Ansicht des LSG. sei ein Verwaltungsakt bereits dann fehlerhaft und folglich auf Anfechtungsklage hin aufzuheben, wenn er nicht durch einen Rechtssatz gedeckt sei; ein Verstoß gegen ein ausdrückliches gesetzliches Verbot sei dazu nicht erforderlich. Wenn auch aus der Rechtsentwicklung auf dem Gebiet des Innungskrankenkassenwesens eine diesen Kassen freundliche Tendenz des Gesetzgebers ersichtlich sei, so folge daraus keineswegs, daß der Gesetzgeber auf die Beachtung der in der RVO vorgeschriebenen Wege zur Bildung und Vereinigung von IKK.n habe verzichten wollen. Vielmehr zeige die Tatsache, daß der Gesetzgeber es trotz der die IKK.n begünstigenden Tendenz bei der Errichtungs- und Vereinigungsregelung der RVO belassen habe, welchen Wert er auf die Beachtung dieser Vorschriften lege. Es handele sich hier nämlich um Bestimmungen zum Schutze der allgemeinen Orts- und Landkrankenkassen. Deshalb müsse jeder Verwaltungsakt, der diese Bestimmungen verletze, aufgehoben werden.

Die beigeladene GIKK . legte dem BSG. ein von Professor Dr. M. verfaßtes "Rechtsgutachten über die Frage des unmittelbaren Anschlusses einer Innung an eine bestehende IKK. unter besonderer Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung des § 250 RVO "vor. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, der unmittelbare Anschluß einer Innung an eine bestehende IKK. sei - obwohl im Gesetz nicht vorgesehen - im Wege rechtsfortbildender Auslegung zuzulassen. Er werde durch die von der aufnehmenden IKK. vorzunehmende Satzungsänderung und durch die unter Beachtung der Schutzbestimmungen der §§ 251 ff. RVO erfolgende Genehmigung des OVA. vollzogen.

Das beklagte OVA. hat beantragt, die Revision zurückzuweisen. Es schließt sich der Rechtsansicht des LSG. an und hebt hervor, daß die von den vier "Innungen" errichtete neue IKK. im Zeitpunkt des " Inslebentretens " bereits der Zwangsvereinigung nach der Sechsten Aufbauverordnung unterlegen habe.

II

Die Revision ist zulässig, obwohl sie erst nach Ablauf der in § 164 Abs. 1 Satz 1 SGG für die Einlegung der Revision bestimmten Frist eingelegt worden ist; denn der Revisionsklägerin stand für die Einlegung der Revision die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zur Verfügung. Die Rechtsmittelbelehrung im Urteil des LSG. enthält keinen Hinweis auf den in § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG vorgeschriebenen notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung. Sie war daher "unrichtig erteilt" im Sinne des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG (vgl. Urt. des BSG. v. 15.11.1957 - 9 RV 1006/56 - in SozR. SGG § 66 Bl. Da 5 Nr. 17).

Auch die Klage ist zulässig. Zwar war die Klagefrist von einem Monat, beginnend mit der Zustellung des Verwaltungsakts (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG), schon verstrichen, als die Klage beim SG. einging. Indessen war die in dem angefochtenen Verwaltungsakt erteilte Rechtsbehelfsbelehrung, die auf den Weg der Beschwerde an den Minister für Arbeit, Soziales und Vertriebene in Kiel hinwies, unrichtige. Seit Inkrafttreten des SGG ist der für die Anfechtung eines Verwaltungsakts gegebene Rechtsbehelf die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG). Nach § 224 Abs. 3 SGG sind alle Vorschriften früherer Gesetze und Verordnungen, die einen anderen Rechtsbehelf für die Anfechtung von Verwaltungsakten vorsahen, aufgehoben; das gilt auch für die vom beklagten OVA. in der Rechtsbehelfsbelehrung angeführte Vorschrift des § 284 Abs. 2 RVO. Das LSG. ist deshalb mit Recht davon ausgegangen, daß die Klage im vorliegenden Streitfall binnen Jahresfrist (§ 66 Abs. 2 SGG) nach Zustellung des Verwaltungsakts erhoben werden konnte.

Auch stand der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, daß ein Vorverfahren nicht stattgefunden hat. Wie der erkennende Senat im Urteil vom 29. April 1958 - 3 RK 9/57 - näher ausgeführt hat, handelt es sich bei Verwaltungsakten nach Art des hier angefochtenen um streng rechtsgebundene Verwaltungsakte, bei denen der erlassenden Verwaltungsbehörde ein Ermessen nicht eingeräumt ist. Deshalb entfällt für die Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt des § 79 Nr. 1 SGG, der allenfalls hier hätte in Betracht kommen können, die Notwendigkeit, den angefochtenen Verwaltungsakt vor Klageerhebung in einem Vorverfahren nachprüfen zu lassen (vgl. BSG. 3 S. 209 [215] und 4 S. 246).

Zutreffend hat das LSG. das Rechtsschutzinteresse der Klägerin bejaht. Das beklagte OVA. hat allein schon dadurch, daß es einen belastenden Verwaltungsakt an die klagende Ortskrankenkasse gerichtet hat, unmittelbar in ihre Rechtsphäre eingegriffen. Mit der Anfechtung dieses an sie gerichteten Verwaltungsakts hat die Klägerin den für die Zulässigkeit der Klage in § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG aufgestellten Erfordernissen genügt.

Schließlich ist dem LSG. - jedenfalls im Ergebnis - auch insoweit zu folgen, als es das beklagte OVA. für fähig erachtet, am Verfahren beteiligt zu sein (§ 70 Nr. 3 SGG). Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des LSG. zutrifft, § 50 der Militärregierungsverordnung (MRVO) Nr. 165, wonach Behörden passiv parteifähig sind, gelte in Schleswig-Holstein als Landesrecht im Sinne des § 70 Nr. 3 SGG. Das Land Schleswig-Holstein hat durch § 5 seines Ausführungsgesetzes vom 16. Juli 1957 zum SGG (GVOBl. S. 95) den Behörden die Parteifähigkeit vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit im Sinne des § 70 Nr. 3 SGG zuerkannt. Damit ist der Mangel der Parteifähigkeit geheilt, falls er entgegen der Auffassung des LSG. nach der früheren Rechtslage bestanden haben sollte.

Nach alledem erweist sich die Klage als zulässig. In der Sache kann die Revision jedoch keinen Erfolg haben; denn der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig erlassen.

Zwar hat das LSG. mit Recht als fehlerhaft beanstandet, daß das beklagte OVA. in den Eingangssätzen seines angefochtenen Beschlusses eine Zweistufigkeit des Anschlußverfahrens zum Ausdruck bringt dadurch, daß es zunächst die Errichtung einer GIKK . für die vier "Innungen" genehmigt und sodann zum gleichen Zeitpunkt die Vereinigung dieser GIKK . mit der bereits bestehenden des Kreises Herzogtum angeordnet hat. Ohne eigene Satzung und Organe konnte die GIKK ., deren Errichtung durch den angefochtenen Beschluß genehmigt wurde, nicht ins Leben treten; sie konnte - als rechtlich noch nicht existent - auch nicht mit einer bereits bestehenden GIKK . vereinigt werden. Indessen beantwortet sieh die Frage, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, nicht allein nach den Eingangssätzen, mit denen die Verwaltungsbehörde im Verwaltungsakt nach Art einer Urteilsformel vorab die von ihr beabsichtigte "Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts" (§ 25 Abs. 1 Satz 1 MRVO 165) zum Ausdruck bringt; denn ein Verwaltungsakt ist kein Urteil (vgl. hierzu Forsthoff, Lehrb. des Verwaltungsrechts 6. Aufl., S. 182; Bettermann, Verwaltungsakt und Richterspruch in Gedächtnisschrift für W. Jellinek 1955, S. 361; OVG. Münster in Verwaltungsrechtsprechung Bd. 5 S. 157 [163 I]). Zwar beruht auch der Verwaltungsakt auf Rechtsanwendung. Sein Gepräge erhält er aber durch das Ziel, nämlich die Neugestaltung eines öffentlich-rechtlichen Sachverhalts. Auch wenn man mit Forsthoff (a.a.O. S. 183) davon absieht, den Verwaltungsakt als Willenserklärung der Verwaltung anzusprechen und den aus dem Privatrecht entlehnten Begriff des Rechtsgeschäfts auf ihn zu übertragen, muß doch das in ihm enthaltene Erklärungsmoment als wesentlich angesehen werden. Es ermöglicht, den in § 133 BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken auch auf Verwaltungsakte anzuwenden. In diesem Sinne hatte auch Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 34 des Entwurfs einer Verwaltungsrechtsordnung für Württemberg (Stuttgart 1931) vorgesehen, daß bei der Auslegung eines Verwaltungsakts Picht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern zu erforschen ist, was nach Treu und Glauben als Inhalt des Verwaltungsakts anzusehen ist, und daß unrichtige Bezeichnung von Personen und Gegenständen unerheblich ist, wenn über dieselben nach dem Gesamtinhalt des Verwaltungsakts kein Zweifel besteht. Dabei sind die gesamten Umstände der verwaltungsbehördlichen Regelung, soweit sie dem Adressaten des Verwaltungsakts erkennbar sind, insbesondere die Begründung des Verwaltungsakts zu berücksichtigen.

Legt man diese Rechtsgrundsätze der Prüfung zugrunde, welchen Inhalt der angefochtene Verwaltungsakt hat, so erweist sich, daß der Beschluß des beklagten OVA. den unmittelbaren Abschluß der vier "Innungen" an die bestehende GIKK . des Kreises Herzogtum Lauenburg regelt. In der Begründung des Beschlusses ist angeführt, die angeordnete Voreinigung der neu genehmigten GIKK . mit der bereits bestehenden GIKK . betreffe gar nicht den Fall des § 276 RVO - Vereinigung mehrerer bestehender Kassen -; vielmehr handele es sich im vorliegenden Falle" praktisch lediglich um den Anschluß an eine bestehende Kasse". Damit hat das beklagte OVA. mit genügender Bestimmtheit den eigentlichen Inhalt seiner Regelung zum Ausdruck gebracht, und die Auseinanderziehung dieses Vorgangs in zwei Einzelvorgänge - nämlich Errichtung einer IKK. und gleichzeitigen Vereinigung dieser IKK. mit einer bestehenden GIKK . - erklärt sich als das Bemühen, einen für das Organisationsrecht der Krankenversicherung neuartigen Sachverhalt, der in der RVO nicht ausdrücklich geregelt ist, unter tunlichster Anlehnung an greifbare Regelungen der RVO (§§ 250 ff., 276 ff.) zu deuten. Insbesondere hat die in dem Beschluß ausgesprochene Genehmigung der Errichtung einer GIKK . als eines Elements der Gesamtregelung nur die Bedeutung klarzustellen, daß die für die Errichtung einer IKK. erlassenen Vorschriften auch in dem Fall des unmittelbaren Ausschlusses von Innungen an eine bestehende IKK. beachtet worden sind.

Der von dem beklagten OVA. erlassene Verwaltungsakt des Inhalts, daß der Anschluß der vier "Innungen" an die GIKK . des Kreises Herzogtum Lauenburg genehmigt wird, ist rechtlich zulässig, wie der erkennende Senat im Urteil vom 29. April 1958 - 3 RK 9/57 - näher dargelegt hat. Die innere Verwandtschaft dieses Anschlußvorgangs zu dem in der RVO geregelten Fall der Errichtung einer IKK. macht es notwendig, den Anschluß von Innungen an eine IKK. den gleichen Vorschriften wie die Errichtung einer IKK., wenn auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Anschlußverfahrens, zu unterwerfen. Demgemäß obliegt dem OVA. in einem solchen Falle in entsprechender Anwendung des § 253 RVO die Genehmigung des Anschlusses der Innungen an die IKK. und in entsprechender Anwendung des § 324 RVO die Genehmigung der Änderung der Satzung der aufnahmebereiten IKK. sowie die Bestimmung des Zeitpunkts des Inkrafttretens der Satzungsänderung. Der vorliegende Streitfall betrifft allein die Genehmigung nach § 253 RVO. Ohne Rechtsirrtum hat das LSG. festgestellt, daß die für die Genehmigung des Anschlusses der Innungen an die GIKK . des Kreises Herzogtum Lauenburg erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Die Revision ist demnach als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

NJW 1958, 1462

MDR 1958, 717

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