Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 1. Oktober 1963 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß festgestellt wird, daß die Wahlen zur Vertreterversammlung der Beklagten vom 12. bis 17. Dezember 1960 in den Wahlkreisen:

Aachen-Stadt, Aachen-Land, Düren, Erkelenz, Geilenkirchen-Heinzberg, Jülich, Monschau, Schleiden, Köln-Land, Bonn-Land, Bergheim, Euskirchen, Oberbergischer Kreis, Rheinisch-Bergischer Kreis, Grevenbroich, Neuß, Rhein-Wupper-Kreis, Solingen, Krefeld, Geldern, Kleve, Moers, Kempen-Krefeld, Viersen, Oberhausen, Rees-Wesel und in den Wahlbezirken Aachen, linker Niederrhein und Ruhr-Niederrhein

ungültig gewesen sind.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten

 

Gründe

I

In der Zeit vom 12. bis zum 17. Dezember 1960 führte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Nordrhein die Wahl zu ihrer Vertreterversammlung durch. Da in einer Reihe von Wahlkreisen bzw. Wahlbezirken jeweils nur ein Wahlvorschlag einging, wurde in diesen Gebieten nach § 8 Abs. 4 der Wahlordnung (WO) der KÄV Nordrhein in der am 22. Januar 1957 von der Aufsichtsbehörde genehmigten Fassung (Rheinisches Ärzteblatt, Sonderheft vom 6. Oktober 1960, S. 6) eine Stimmabgabe nicht durchgeführt; die vorgeschlagenen Kandidaten und deren Stellvertreter wurden als gewählt angesehen.

Der Kläger ist als Vertreter der außerordentlichen Mitglieder in die Vertreterversammlung gewählt worden. Er ist der Auffassung, § 8 Abs. 4 der WO stehe in Widerspruch zu gesetzlichen Vorschriften, weil darin der Ausfall der Wahl angeordnet werde, obwohl nach § 368 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) eine „unmittelbare und geheime Wahl” erforderlich sei; sog. „Friedenswahlen” seien gesetzlich nicht vorgesehen, die WO sei daher insoweit gesetzwidrig und nichtig.

Der Kläger hat am 29. Dezember 1960 nach § 17 Abs. 1 der WO die Wahl der nach dieser Vorschrift gewählten Vertreter und Stellvertreter bei der KÄV angefochten. Der Landeswahlausschuß lehnte seine Zuständigkeit für eine Entscheidung über diese Frage mit der Begründung ab, daß der Einspruch des Klägers sich nicht gegen die Wahl als solche, sondern gegen die Gültigkeit der WO richte. Das Ergebnis der Wahlen wurde von der Vertreterversammlung in der Sitzung vom 21. Januar 1961 nach § 23 der WO bestätigt. Hiergegen legte der Kläger nach § 4 Abs. 6 WO Widerspruch ein. Die Vertreterversammlung machte in ihren Sitzungen vom 17. Mai und 10. Juni 1961 von ihrem Abhilferecht keinen Gebrauch, sondern legte den Widerspruch den Vorstand zur Entscheidung vor. Dieser wies mit Beschluß vom 12. Juli 1961 den Widerspruch zurück.

Der Kläger erhob daraufhin vor den Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage mit den Antrage,

  1. unter Aufhebung des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 21. Januar 1961 und 10. Juni 1961 festzustellen, daß die Wahlen zur Vertreterversammlung vom 12. bis 17. Dezember 1960 in den Wahlkreisen Aachen-Stadt, Aachen-Land, Düren, Erkelenz, Geilenkirchen-Heinzberg, Jülich, Monschau, Schleiden, Köln-Land, Bonn-Land, Bergheim, Euskirchen, Oberbergischer Kreis, Rheinisch-Bergischer Kreis, Grevenbroich, Neuß, Rhein-Wupper-Kreis, Solingen, Krefeld, Geldern, Kleve, Moers, Kempen-Krefeld, Viersen, Oberhausen, Rees-Wesel und in den Wahlbezirken Aachen, linker Niederrhein und Ruhr-Niederrhein ungültig sind;
  2. anzuordnen, daß die Wahl in diesen Wahlkreisen und Wahlbezirken wiederholt wird;
  3. hilfsweise: den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht in Düsseldorf zu verweisen.

Das SG hat mit Urteil vom 11. Mai 1962 die Ungültigkeit der umstrittenen Wahl festgestellt und die Wiederholung der Wahlen in den betroffenen Kreisen und Bezirken angeordnet. Es hat den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und das Rechtsschutzbedürfnis als gegeben angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die in § 8 Abs. 4 der WO getroffene Regelung widerspreche den zwingenden Grundsätzen, nach denen das Wahlverfahren auszugestalten sei, und dem Sinn und Zweck der Selbstverwaltung.

Gegen dieses Urteil hat die beklagte KÄV Berufung eingelegt mit dem Antrage,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die für die politischen Wahlen geltenden Grundsätze könnten nicht ohne weiteres auch für die Selbstverwaltung innerhalb bestimmter Berufsgruppen herangezogen werden. Die Zulassung der Friedenswahl entspreche einem praktischen Bedürfnis, weil auf diese Weise unnötige Formalitäten und Kosten vermieden würden.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der KÄV zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urt. v. 1. Oktober 1963). Es ist der Meinung des SG gefolgt, daß sich die in § 368 1 Abs. 4 Satz 1 RVO festgelegten Wahlgrundsätze – unmittelbar und geheim – nur in einem echten Wahlvorgang auswirken könnten. Die Satzung und die darauf beruhende WO der KÄV dürften keine Vorschriften enthalten, die gesetzlichen Bestimmungen zuwiderliefen.

Gegen dieses Urteil hat die beklagte KÄV Revision eingelegt mit dem Antrage,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des Urteils des SG Düsseldorf vom 11. Mai 1962 die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, das LSG habe zu Unrecht ein Rechtsschutzinteresse des Klägers an der begehrten Feststellung bejaht, da sich auch bei Durchführung der Wahlhandlung das Ergebnis der Wahl nicht ändern würde; daß wenigstenseine Stimme abgegeben würde, sei mit Sicherheit zu erwarten. Sie halte die Wahl jedoch für gültig, da § 8 Abs. 4 der WO sich als eine von sachgerechten, vernünftigen Erwägungen getragene Bestimmung im Rahmen der der Beklagten als Körperschaft des öffentlicher. Rechts vom Gesetzgeber verliehenen Autonomie halte und damit gültiges Recht sei.

Der Kläger hatte zunächst beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Mit Rücksicht darauf, daß am 18. Dezember 1964 die turnusmäßig vorzunehmende Neuwahl zur Vertreterversammlung stattgefunden hat, hatte er mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1964 die Hauptsache für erledigt erklärt und lediglich eine Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beantragt. Im Gegensatz hierzu hat die Beklagte die Hauptsache als nicht erledigt angesehen. Der Kläger hat daraufhin seinen ursprünglichen Klageantrag geändert und beantragt nunmehr lediglich die Feststellung, daß die Wahl in den genannten Wahlkreisen ungültig gewesen sei.

II

Die Revision ist unbegründet. Zutreffend ist das LSG davon aufgegangen, daß § 8 Abs. 4 WO in Widerspruch zu § 368 1 Abs. 4 RVO steht und daher die angefochtenen Wahlen ungültig waren.

Die Wahlanfechtungsklage ist zulässig. Sie ist eine Klage besonderer Art. Da die Wahl als solche kein Verwaltungsakt ist (vgl. OVG Münster, OVGE 19, 221, 222; Bayer. VGH, Verw. Rspr. 13, 963, 965; OVG Lüneburg, OVGE 2, 225; Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl., 1962, § 42 Anm. 38 a), ist sie keine Anfechtungsklage i. S. des § 54 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Auch handelt es sich nicht um eine Feststellungsklage i. S. des § 55 SGG, denn die Gültigkeit einer Wahl betrifft kein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis (OVG Münster, OVGE 19, 221, 222; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. I, 26. Nachtrag, Mai 1964, 156 d). Damit ist das Klagensystem des SGG jedoch nicht erschöpft. Streitigkeiten über die Gültigkeit eine Wahl in Selbstverwaltungsangelegenheiten der Kassenärzte sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung im Sinne des § 51 Abs. 1 SGG. Aus dieser Vorschrift, die zugleich eine Generalklausel über die Zulässigkeit von Klagen u. a. in Angelegenheiten der Sozialversicherung darstellt, folgt nicht nur die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten, sondern auch die Zulässigkeit der Klage bei allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung, die mit den in den §§ 54, 53 SGG ausdrücklich aufgezählten Klagearten nicht angegangen werden können. Da der Kläger auch das in § 17 Nr. 1 WO vorgeschriebene „Vorverfahren” ergebnislos durchgeführt hatte (vgl. dazu BSG 18, 276, 281), ist die Klage zulässig.

Der Kläger war auch zur Anfechtung der Wahl berechtigt. Es entspricht den Besonderheiten des Wahlprüfungsverfahrens, das in erster Linie der Sicherung des gesetzmäßigen Ablaufs der Wahl und der der Wählerwillen entsprechenden Zusammensetzung der Vertretungskörperschaft dient (Seifert, Bundeswahlgesetz, 1957, 321; Henrichs, DVBl 1959, 548, 560), daß der Kreis der Anfechtungsberechtigten weit gezogen wird. Dementsprechend ist nach § 17 WO jeder Wahlberechtigte zur Anfechtung der Wahl befugt. Für den Kläger ergibt sich das Interesse an der ordnungsgemäßen Zusammensetzung der Vertreterversammlung schon aus seiner Zugehörigkeit zu diesen Organ. Seiner Berechtigung zur Anfechtung des Wahlergebnisses auch hinsichtlich der ordentlichen Mitglieder der Vertreterversammlung steht nicht entgegen, daß er als Vertreter der außerordentlichen Mitglieder in die Vertreterversammlung gewählt wurde. Zwar wählen die ordentlichen und die außerordentlichen Mitglieder in getrennten Wahlgängen aus ihrer Mitte die Mitglieder der Vertreterversammlung (§ 368 1 Abs. 4 RVO). Bei der auf diese Weise zustande gekommenen Vertreterversammlung handelt es sich jedoch um ein einheitliches Organ der KÄV, das seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit faßt und nicht etwa getrennt nach Gruppen verhandelt und abstimmt (§ 7 Abs. 5 WO). Jedes Mitglied dieses Organs, gleichgültig, welcher Gruppe es angehört, hat deshalb ein Interesse an seiner ordnungsgemäßen Zusammensetzung und ist somit zur Wahlanfechtung berechtigt (vgl. BVerwG, Zeitschrift für Beamtenrecht 1962, 21 zu der Gruppenwahl nach § 22 PersVG).

Der ernennende Senat war an einer Sachentscheidung auch nicht dadurch gehindert, daß wahrend des Revisionsverfahrens die turnusmäßigen Neuwahlen zur Vertreterversammlung der KÄV stattgefunden haben und somit die ursprünglich angefochtenen Wahlen gegenstandslos geworden sind. Daß bei Erledigung eines Verwaltungsakts während des Gerichtsverfahrens das Gericht auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts aussprechen kann, ist in § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (ebenso § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) ausdrücklich geregelt. Nach herrschender Ansicht (vgl. Eyermann/Fröhler, aaO, § 43 Anm. 6 mit Nachweisen) findet dieser Rechtsgedanke auch Anwendung bei Klagen auf Feststellung, ob ein Rechtsverhältnis bestanden oder nicht bestanden hat, sofern es über seine Beendigung hinaus Wirkungen äußert, ein Rechtsschutzbedürfnis also auch nach Fortfall des Rechtsverhältnisses noch gegeben ist. Das Rechtsschutzbedürfnis liegt insbesondere dann vor, wenn die Gefahr besteht, daß zwischen den Beteiligen ein gleiches oder ähnliches Rechtsverhältnis neu entsteht (BVerwGE 7, 140; 8, 214).

Diese Grundsätze müssen auch bei Wahlanfechtungsklagen entsprechende Anwendung finden. Obwohl die umstrittene Bestimmung der WO bei den letzten fahlen zur Vertreterversammlung der KÄV vom 18. Dezember 1964 nicht angewendet wurde, ist nach dem Vortrag der beklagten KÄV die Wiedereinführung der sog. Friedenswahlen beabsichtigt. Das rechtfertigt das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der nunmehr von ihm begehrten Feststellung, daß die Wahlen zur Vertreterversammlung ungültig waren Das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren steht einer Anpassung des Klageantrags an die veränderte Sachlage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG nicht entgegen (BSG 8, 178, 180).

In zutreffender Würdigung der veränderten Sachlage hat der Kläger den auf Durchführung von Neuwahlen gerichteten Verpflichtungsantrag fallen lassen. Schon deshalb hat sich auch der Einwand der beklagten KÄV erledigt, es fehle am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, weil sich bei Durchführung der Wahlhandlung das Ergebnis der Wahl nicht ändern würde; denn es sei mit Sicherheit zu erwarten, daß wenigstenseine gültige Stimme abgegeben würde.

Des Rechts auf Nachprüfung der ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl hat sich der Kläger auch nicht dadurch begeben, daß er zunächst die Erledigung der Hauptsache erklärt und die Entscheidung über die Kosten beantragt hatte. Die einseitige Erledigungserklärung durch den Kläger enthält keine Verfügung über den Streitgegenstand, wie es bei Anerkenntnis und Verzicht der Fall ist. Die Regelung in § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG geht nicht von einer Erledigungserklärung, sondern von der tatsächlichen Erledigung aus. Der Antrag des Klägers, die Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts bzw. Rechtsverhältnisses festzustellen, ist so rechtzeitig gestellt worden, daß er bei der Entscheidung noch Berücksichtigung finden konnte (Eyermann/Fröhler, aaO, § 113 Anm. 49).

In der Sache selbst erwies sich die „Wahlanfechtung” des Klägers als begründet. Die WO der KÄV ist als Teil der Satzung (§ 368 m Abs. 1 Nr. 2 RVO) ein Akt autonomen Rechtsetzung. Welche Grundsätze für die Aufstellung der WO beachtet werden müssen, regelt das Gesetz in § 368 1 Abs. 4 RVO. Danach müssen die Mitglieder der Vertreterversammlung in „unmittelbarer und geheimer Wahl” gewählt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob auch die anderen für politische Wahlen geltenden Wahlrechtsgrundsätze (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG) – allgemein, frei, gleich – für die Wahlen zur Vertreterversammlung gelten. Indem § 8 Abs. 4 WO anordnet, daß bei Einreichung nur eines gültigen Wahlvorschlags die in diesem Wahlverschlag genannter. Kandidaten und deren Stellvertreter in der Reihenfolge das Vorschlags als gewählt gelten, verstößt er jedenfalls gegen die in § 368 1 Abs. 4 RVO geforderte Unmittelbarkeit der Wahl.

Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl soll gewährleisten, daß die gewählten Vertreter nicht durch „Mittelsmänner”, sondern von den Wählern selbst, also durch die Stimmabgabe und bei der Stimmabgabe, bestimmt werden (BVerfGE 3, 45, 49). Der gestaltende Einfluß der Parteien oder anderer Gruppen auf das Wahlverfahren muß mit Beginn der Stimmabgabe grundsätzlich ausgeschlossen sein. Diese Unmittelbarkeit der Wahl ist nur gewährleistet, wenn die Wähler ihre Stimme selbst abgeben können, also ein Wahlvorgang stattfindet (BVerfGE 13, 1; OVG Lüneburg, OVGE 16, 422). Bei Ausfall der Wahl im Falle der Aufstellung nur eines Vorschlags wird der eigentliche Wahlvorgang in die Vorbereitungshandlung verlegt. Der Wahlvorschlag als solcher wird verbindlich, und diejenigen, die den Wahlvorschlag eingereicht haben, bestimmen ähnlich wie Wahlmänner das Ergebnis. Die Möglichkeit, die Wahlhandlung selbst durch die Einreichung weiterer Wahlvorschläge zu erzwingen, ist kein Ersatz für die gesetzlich garantierte Ausübung des Stimmrechts (BVerfGE 13, 1). Die sog. Friedenswahl widerspricht daher der in § 366 1 Abs. 4 RVO vom Gesetzgeber getroffenen Regelung.

Dem steht nicht entgegen, daß das für die Wahlen zur Vertreterversammlung einer KÄV unzulässige Verfahren für die Wahlen zu den Organen der Versicherungsträger in der Sozialversicherung gestattet ist. Hier erfolgen die fahlen „frei und geheim” nach den Grundsätzen der Verhältniswahl (§ 4 Abs. 1 Sätze 4 und 5 des Gesetzes über die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung – GSv –). Die Vorgeschlagenen gelten als gewählt, wenn aus einer Gruppe nur ein Vorschlag eingereicht wird (§ 4 Abs. 6 GSv und § 18 Abs. 1 WO für die Sozialversicherung idF vom 23. Februar 1962, BGBl I 105). Das Gesetz selbst gebieten somit den Wegfall der Wahlhandlung, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht ist. Diese Regelung läßt sich auf die Wahlen zur Vertreterversammlung einer KÄV nicht übertragen, weil sie im Widerspruch zu dem Grundsatz der im Gesetz (§ 368 1 Abs. 4 RVO) ausdrücklich vorgeschriebenen Unmittelbarkeit der Wahlen stünde, den das GSv nicht kennt.

Wenn die beklagte KÄV schließlich darauf hinweist, die Durchführung einer Wahlhandlung bei Vorliegen nur eines Wahlvorschlags sei eine leere Förmlichkeit, so ist dem entgegenzuhalten, daß es ihr im Rahmen ihrer Autonomie unbenommen und im Interesse einer sinnvollen Durchführung des Gesetzes (§ 368 Abs. 4 RVO) sogar geboten ist, gerade für diesen Fall Bestimmungen in ihre Wahlordnung aufzunehmen, die die Stimmabgabe sinnvoller machen. So wird z. B. in § 13 Abs. 3 BetrVG, § 15 Abs. 3 PersVG, § 11 PersVG Schleswig-Holstein idF vom 23. November 1957 (GVBl S. 151) für den Fall der Einreichung nur einer Liste die Durchführung einer Mehrheitswahl angeordnet; bei einer genügend großen Zahl von Wahlkandidaten auf der Liste hätte dann der Wahlberechtigte auch bei Vorliegen nur einer Vorschlagsliste noch wirkliche Entscheidungsmöglichkeiten.

Danach war die Revision der beklagten KÄV zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Unterschriften

Dr. Bogs, Dr. Kaiser, Dr. Langkeit

 

Fundstellen

BSGE, 92

MDR 1965, 1028

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