Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der Geltung der deutschen Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung bei der Tätigkeit eines im Ausland wohnhaft gewesenen Ausländers in einem anderen ausländischen Staat für ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiges Unternehmen (Ausstrahlung - Entsendung).

 

Orientierungssatz

Ausstrahlung - Entsendung in das Ausland - Österreich:

1. Dem Begriff "Entsenden" bzw "Entsendung" ist immanent die Bewegung von einem Ort zum anderen. Deshalb erfordert auch eine Entsendung iS des § 4 Abs 1 SGB 4 schon begrifflich, daß sich der Arbeitnehmer von seinem Beschäftigungsort in der Bundesrepublik Deutschland in einen anderen Staat begibt. Grundsätzlich muß also der Arbeitnehmer bereits in der Bundesrepublik Deutschland (für seinen entsendenden Arbeitgeber) gearbeitet haben. Zwar ist eine Entsendung nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das Beschäftigungsverhältnis allein im Hinblick auf die Entsendung begründet worden ist. Eine Entsendung iS des § 4 Abs 1 SGB 4 liegt jedoch nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer in seinem ausländischen Wohnstaat von einem Unternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Land Berlin zu einer Tätigkeit in seinem Wohnstaat oder einem anderen ausländischen Staat angeworben worden ist (vgl BSG 30.7.1981 10/8b RKg 12/80 = SozR 5870 § 1 Nr 9).

2. Zur Frage, ob Regelungen über- und zwischenstaatlichen Rechts, gemäß § 6 SGB 4 im Verhältnis zu Österreich zu einer von § 4 Abs 1 SGB 4 abweichenden Beurteilung der Ausstrahlung führen.

 

Normenkette

IAOÜbk 18; IAOÜbk 19; SGB IV § 6; SozSichAbk AUT Art. 3; SGB IV § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 14.11.1984; Aktenzeichen L 17 U 41/83)

SG Köln (Entscheidung vom 02.12.1982; Aktenzeichen S 18 U 54/79)

 

Tatbestand

Die Kläger sind die Ehefrau und die Kinder des am 26. Juni 1978 auf der Fahrt zwischen Norwegen und Wien mit dem Kraftfahrzeug bei St. Pölten tödlich verunglückten österreichischen Staatsangehörigen E. W.

Der Ehemann der Klägerin zu 1) war auf einer Baustelle in R./Norwegen tätig gewesen, die von dem gemeinschaftlichen Unternehmen DRD Montagebau GmbH H. und AC Elektro A/S Porsgrunn (Joint Venture Agreement vom 29. September 1976) betrieben wurde. Als im Frühjahr 1978 dringend Meß- und Regeltechniker für die Baustelle benötigt wurden, suchte die Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH H. solche Kräfte ua durch Zeitungsanzeigen auch in Wien. Der Ehemann der Klägerin zu 1), der sich aufgrund der in einer Wiener Tageszeitung erschienenen Anzeige beworben hatte, wurde durch die österreichische Vertretung der Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH von der Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH H. als Instrumententechniker ab 3. April 1978 für die Baustelle Rafnes eingestellt. Auf der Reise von Wien nach Norwegen am 3. April 1978 hatte der Ehemann der Klägerin zu 1) bei der Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH in H. vorgesprochen. Der von diesem Unternehmen vorgelegte Entwurf eines Auslands-Arbeitsvertrages vom 3. April 1978, der einen Einsatz des Ehemannes der Klägerin zu 1) in Norwegen für die Dauer von sechs Monaten vorsah, wurde aus nicht bekannten Gründen nicht unterschrieben. Das Gehalt des Ehemannes der Klägerin zu 1) wurde von der Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH H. berechnet und gezahlt. Die zunächst einbehaltene Lohnsteuer wurde später von dem deutschen Finanzamt erstattet und an das Finanzamt in Langesund/Norwegen abgeführt. Beiträge zur Sozialversicherung wurden an deutsche Versicherungsträger nicht entrichtet.

Die Beklagte hat Entschädigungsansprüche der Kläger aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt (Bescheid vom 23. Februar 1979). Der Ehemann der Klägerin zu 1) sei nicht nach deutschen Rechtsvorschriften gegen Arbeitsunfall versichert gewesen. Eine Entsendung durch das Stammunternehmen in H. nach Norwegen habe nicht stattgefunden. Das Arbeitsverhältnis sei mit der Firma DRD Montagebau zustande gekommen.

Das Sozialgericht (SG) Köln hat die Klage auf Hinterbliebenenentschädigung abgewiesen (Urteil vom 2. Dezember 1983). Die auf Gewährung von Hinterbliebenenrenten beschränkte Berufung der Kläger hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen (Urteil vom 14. November 1984). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Der Ehemann der Klägerin zu 1) sei zur Zeit des Unfalls nicht nach deutschen Rechtsvorschriften gegen Arbeitsunfall versichert gewesen, denn er sei nicht gemäß § 4 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehenden Beschäftigungsverhältnisses nach Norwegen entsandt worden. Zwar schließe der von der Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH H. verwandte Vertragsentwurf eine Entsendung nicht aus. Jedoch lasse sich dem Inhalt des Vertrages eindeutig entnehmen, daß der Ehemann der Klägerin zu 1) nur auf der Baustelle R./Norwegen für den Zeitraum von sechs Monaten eingesetzt werden sollte. Dementsprechend sei er ohne weitere Erprobung im Stammwerk unmittelbar ab 3. April 1978 in R. tätig geworden. Von einer Entsendung könne auch deshalb nicht gesprochen werden, weil die Baustelle in R. nicht von der Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH, sondern von der mit einem norwegischen Unternehmen verbundenen Firma DRD Montagebau GmbH betrieben worden sei. Die Beschäftigung bei der ausländischen Schwestergesellschaft eines inländischen Unternehmens erfülle nur dann die Voraussetzungen der Ausstrahlung, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen dem entsandten Arbeitnehmer und dem inländischen Unternehmen den typischen Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses im Inland beließen. Dafür gebe es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Der Ehemann der Klägerin zu 1) habe vor Aufnahme seiner Tätigkeit nicht in der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet. Er hätte auch seinen ständigen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Bundesrepublik, sondern in Österreich gehabt.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Kläger haben dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Die Voraussetzungen einer Entsendung gemäß § 4 Abs 1 SGB IV seien gegeben gewesen. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift sei sowohl die Staatsangehörigkeit als auch der Wohnsitz der beschäftigten Person ohne Bedeutung. Es habe auch ein in der Bundesrepublik Deutschland bestehendes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen. § 4 Abs 1 SGB IV fordere nicht eine Verlagerung des Beschäftigungsverhältnisses in das Inland, insbesondere nicht in dem Sinne, daß Beiträge zur deutschen Rentenversicherung abgeführt sein müßten. Es könne zudem nicht zu Lasten der Hinterbliebenen gehen, daß der deutsche Arbeitgeber, obwohl er zur Zahlung von Beiträgen zur deutschen Rentenversicherung verpflichtet gewesen sei, diese nicht abgeführt habe. Unerheblich sei, daß der Verstorbene nur auf einer Baustelle in Norwegen gearbeitet habe und daß diese von einem mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Unternehmen betrieben worden sei. Denn das Gehalt sei ausschließlich von der Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH H. gezahlt worden, mit der auch das Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen sei. Diese habe auch eine private Unfallversicherung abgeschlossen und nach Eintritt des Versicherungsfalles diesen für ihren verstorbenen Arbeitnehmer abgewickelt. Von einer Verlagerung des Beschäftigungsverhältnisses ins Ausland könne nicht gesprochen werden.

Die Kläger beantragen, in Abänderung der Urteile des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. November 1984 und des SG Köln vom 2. Dezember 1982 die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23. Februar 1979 zur Gewährung von Hinterbliebenenrenten nach ihrem am 26. Juni 1978 tödlich verunglückten Ehemann bzw Vater zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß der Ehemann der Klägerin zu 1) ausschließlich und befristet für das Auslandsprojekt in Norwegen eingestellt worden sei. Die Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH sei nur als lohnkontenführende Stelle anzusehen. Die Beschäftigung des Ehemannes der Klägerin zu 1) habe bei der Firma DRD Montagebau GmbH stattgefunden, die mit einem norwegischen Unternehmen verbunden gewesen sei. Entsendung bedeute aber, daß der Beschäftigte auf Veranlassung und im wirtschaftlichen Interesse seines deutschen Arbeitgebers im Ausland tätig werde. Dabei sei zu fordern, daß die Rechtsbeziehungen zwischen dem entsandten Arbeitnehmer und dem inländischen Unternehmen das typische Schwergewicht des Beschäftigungsverhältnisses im Inland lassen. Das sei nach den Richtlinien der Spitzenverbände der Kranken-, Unfall- und Rentenversicherungsträger sowie der Bundesanstalt für Arbeit vom 17. Januar 1979 dann nicht der Fall, wenn das Beschäftigungsverhältnis bei einer ausländischen Tochtergesellschaft den Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Gestaltungsmerkmale aufweise und das bisherige inländische Arbeitsverhältnis in den Hintergrund trete (Abschnitt 3.2.3). Nach den getroffenen Feststellungen des LSG habe überhaupt kein Beschäftigungsverhältnis zu der Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH H. bestanden. Die Tatsache der Gehaltszahlung durch diese Firma sei ohne Bedeutung. Für den Versicherungsschutz nach § 4 Abs 1 SGB IV sei zwar die Staatsangehörigkeit ohne Bedeutung, jedoch komme dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. Juli 1981 - 10/8b RKg 12/80 - SozR 5870 § 1 Nr 9 insofern Bedeutung zu, als nur in diesen Fällen der Schwerpunkt der Rechtsbeziehungen im Inland verbleiben könne.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist nicht begründet.

Der Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Kläger zu 2) bis 4) war während seiner Tätigkeit für die Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH H. auf der Baustelle in R./Norwegen und zur Zeit des tödlichen Unfalls auf der mit dieser Tätigkeit zusammenhängenden Fahrt von der Baustelle zu seiner Familie nach Wien nicht nach den Vorschriften des Dritten Buches der Reichsversicherungsordnung (RVO) gegen Arbeitsunfall versichert. Da ein solcher Versicherungsschutz Voraussetzung für die Gewährung von Hinterbliebenenrenten ist (§§ 539 Abs 1 Nr 1, 550 Abs 3, 589 Abs 1 Nr 3, 590 und 595 RVO), muß den Klägern der Erfolg ihrer Revision versagt bleiben.

Eine Versicherung gegen Arbeitsunfall - hier aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses (§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO) - ist nach § 3 Nr 1 SGB IV nur dann gegeben, wenn die Beschäftigung im Geltungsbereich des SGB (Bundesrepublik Deutschland einschließlich Land Berlin) ausgeübt wird. Indem § 3 Nr 1 SGB IV auf die Beschäftigung in der Bundesrepublik abstellt, wird damit gleichzeitig ausgesagt, daß eine Beschäftigung außerhalb der Bundesrepublik nicht dem Schutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt, soweit nicht ein Fall der Ausstrahlung gemäß § 4 SGB IV gegeben ist.

Die Beschäftigung des Ehemannes der Klägerin zu 1) als Instrumententechniker aufgrund des mit der Firma DRD Meß- und Regeltechnik GmbH H. abgeschlossenen mündlichen Vertrages, der dem am 3. April 1978 schriftlich fixierten Vertrag entsprochen haben soll, wurde in Norwegen auf der Baustelle in R. ausgeübt. Die Geltung der deutschen Vorschriften über die Versicherung gegen Arbeitsunfall auch in Norwegen setzt nach § 4 Abs 1 SGB IV voraus, daß der Ehemann der Klägerin zu 1) von der Firma Meß- und Regeltechnik GmbH H. nach Norwegen entsandt worden war (s zum Recht vor Inkrafttreten des § 4 SGB IV Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl S 80n I).

Dem Begriff "Entsenden" bzw "Entsendung" ist immanent die Bewegung von einem Ort zum anderen. Deshalb erfordert auch eine Entsendung iS des § 4 Abs 1 SGB IV schon begrifflich, daß sich der Arbeitnehmer von seinem Beschäftigungsort in der Bundesrepublik Deutschland in einen anderen Staat begibt. Grundsätzlich muß also der Arbeitnehmer bereits in der Bundesrepublik Deutschland (für seinen entsendenden Arbeitgeber) gearbeitet haben (Kerger BKK 1984, 265, 267). Zwar ist eine Entsendung nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das Beschäftigungsverhältnis allein im Hinblick auf die Entsendung begründet worden ist (BT-Drucksache 7/4122 S 30 zu § 4 SGB IV; BSG SozR 5870 § 1 Nr 9; Kerger aaO; v. Maydell GK-SGB IV § 4 RdNr 14; Hauck/Haines, SGB IV, § 4 RdNr 4; Brackmann BG 1977, 173, 177; Brackmann, aaO, 10. Aufl, S 80o, 471x). Eine Entsendung iS des § 4 Abs 1 SGB IV liegt jedoch nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer in seinem ausländischen Wohnstaat von einem Unternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Land Berlin zu einer Tätigkeit in seinem Wohnstaat oder einem anderen ausländischen Staat angeworben worden ist (BSGE 7, 257, 265; BSG SozR 2200 § 625 Nr 3 und SozR 5870 § 1 Nr 9; Kerger aaO; v. Maydell aaO § 4 RdNr 12; Hauck/Haines aaO; Brackmann, aaO, S 80o I, 471y; Jahn, SGB IV § 4 RdNr 3). In solchen Fällen fehlt es mangels einer für eine Entsendung notwendigen "Bewegung" aus der Bundesrepublik Deutschland ins Ausland an einer Entsendung. Das Beschäftigungsverhältnis, obwohl mit einem Unternehmen in der Bundesrepublik begründet, wird ausschließlich im ausländischen Wohnstaat des Arbeitnehmers oder einem anderen ausländischen Staat verwirklicht und hat keine Beziehung zur deutschen Sozialversicherung. Diese Beziehung ist erst dadurch hergestellt, daß der Arbeitnehmer vor der Entsendung ins Ausland entweder in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt war oder wenigstens dort seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat (BSG SozR 5870 § 1 Nr 9).

Der Ehemann der Klägerin zu 1) hatte, als er mit der Firma Meß- und Regeltechnik GmbH Kontakt aufnahm, seinen Wohnsitz in Wien. Bei dem Beschäftigungsverhältnis mit der Firma Meß- und Regeltechnik GmbH H., sei es schon in Österreich zustande gekommen, worauf das Fernschreiben der Firma Meß- und Regeltechnik GmbH H. vom 31. März 1978 an die österreichische Vertretung hindeutet, oder erst am 3. April 1978, als der Ehemann der Klägerin zu 1) seinen Flug von Wien nach Oslo für etwa drei Stunden unterbrach und die Firma Meß- und Regeltechnik GmbH aufsuchte, um mündlich letzte Einzelheiten des Beschäftigungsverhältnisses zu regeln, in beiden Fällen hat es sich nicht um eine Entsendung aus der Bundesrepublik Deutschland nach Norwegen, sondern um eine Einstellung im Ausland gehandelt, die nicht dem Schutz der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung unterstand (BSGE 7, 257, 265; BSG SozR 2200 § 625 Nr 3; BSG SozR 5870 § 1 Nr 9; Kerger aaO; vgl auch Nr 3.1. Abs 2 und 6.6. der Richtlinien zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitnehmern bei Ausstrahlung und bei Einstrahlung der Spitzenverbände der Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie der Bundesanstalt für Arbeit vom 17. Januar 1979 BKK 1979, 145 = WzS 1979, 171 = DAngVers 1979, 247 = ErsK 1979, 166, 176). Das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Ehemann der Klägerin zu 1) und der Firma Meß- und Regeltechnik GmbH H., die Gehaltszahlungen durch dieses Unternehmen und die Abwicklung der von diesem Unternehmen für den Ehemann der Klägerin zu 1) abgeschlossenen Unfallversicherung, sind für die Entscheidung der Frage, ob eine Entsendung iS des § 4 Abs 1 SGB IV vorgelegen hat, nicht erheblich.

Regelungen über- und zwischenstaatlichen Rechts, die gemäß § 6 SGB IV abweichend von § 4 Abs 1 SGB IV zu einer Anwendung deutscher Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung verpflichten würden, sind nicht vorhanden. Das Recht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) muß unberücksichtigt bleiben, da die Republik Österreich nicht Mitglied der EWG ist. Die in Art 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit vom 22. Dezember 1966 (BGBl 1969 II, 1233 und 2056) statuierte Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen, führt im Falle des Ehemannes der Klägerin zu 1) nicht zu einer von § 4 Abs 1 SGB IV abweichenden Beurteilung der Ausstrahlung. Die Entsendung iS des § 4 Abs 1 SGB IV und die daraus folgende Ausstrahlung der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung in ein Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, ist für die Angehörigen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich gleich geregelt. Bei einem Deutschen, der nicht in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Land Berlin seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und der aufgrund eines mit einem Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland eingegangenen Beschäftigungsverhältnisses in zB Norwegen tätig wird, liegt ebensowenig eine Entsendung iS des § 4 Abs 1 SGB IV vor, wie im Falle des Ehemannes der Klägerin zu 1); es würde auch hier an einer für die Entsendung notwendige "Bewegung" aus der Bundesrepublik Deutschland nach Norwegen fehlen. Die Regelung der Entsendung in Art 6 des deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommens betrifft nur die Entsendung zwischen den beiden Vertragsstaaten. Das sowohl von der Bundesrepublik Deutschland als auch von der Republik Österreich ratifizierte Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) Nr 19 über die Gleichbehandlung einheimischer und ausländischer Arbeitnehmer in der Entschädigung bei Betriebsunfällen von 1925 (RGBl 1928 II, 509 und RGBl 1929 II, 13; BSGE 30, 226, 227) regelt in Art 1 ebenfalls die Gleichbehandlung von Ausländern, die auf dem Gebiet eines anderen Mitglieds der IAO einen Betriebsunfall erlitten haben, mit dessen eigenen Staatsangehörigen. Die Regelung der Ausstrahlung ist in Art 2 des Übereinkommens Nr 19 der besonderen Vereinbarung zwischen den beteiligten Mitgliedern vorbehalten. Damit geht das Übereinkommen Nr 19 nicht über das hinaus, was sich schon aus dem deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommen ergibt.

Auch das Übereinkommen Nr 118 der IAO über die Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern in der sozialen Sicherheit von 1962 (BGBl 1970 II, 802) begründet keine andere Entscheidung.

Die Revision der Kläger mußte daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE 60, 96-100 (LT1)

BSGE, 96

RegNr, 16390

HVGBG, RdSchr VB 83/86 (T)

BR/Meuer SGB IV § 4, 27-05-86, 2 RU 12/85 (OT1)

EWiR 1986, 1137 (L1)

NZA 1986, 806-807 (T)

USK, 8656 (LT1)

BKK 1987, 37-38 (OT1-2)

Breith 1987, 118-121 (LT1)

EzS, 130/216 (LT1)

HV-INFO 1986, 1107-1113 (T)

SozR 2100 § 4, Nr 3 (LT1)

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